House of Night 7. Verbrannt
sie plötzlich eine Schwachstelle in einem Damm entdeckt. Sie leckte an Dallas, legte sich um seinen Kopf und seine Schultern, wickelte sich mit einer widerlichen, vertrauten Bewegung, die Rephaim an ein Nest rasiermesserscharfer Schlangen erinnerte, um seine Taille. Aber die Finsternis fügte Dallas keine Wunde zu. Tatsächlich schien dieser die ölige Schwärze, die ihn nun ganz bedeckte, nicht einmal zu bemerken.
»Ich kann noch wunderbar denken. Er hat mir gar nichts getan«, wehrte sich Stevie Rae. Da weiteten sich ihre Augen, als hätte sie endlich die Finsternis bemerkt. Sie trat einen Schritt von dem Jungen zurück, wie um zu vermeiden, dass auch sie davon befleckt wurde. »Dallas, hör mir zu. Denk nach. Du kennst mich. Das ist nich so, wie’s aussieht.«
Rephaim konnte beobachten, wie die Veränderung über den Jungen kam. Es war dieser Rückzug, der sie auslöste – gepaart mit dem Einfluss der ihn umhüllenden Finsternis. In loderndem Zorn schrie der Jungvampyr: »Das Ding hat ’ne gottverdammte Nutte und Lügnerin aus dir gemacht! Dir muss mal wieder jemand Vernunft beibringen, Mädel!« Er hob die Hand, wie um Stevie Rae zu schlagen.
Rephaim handelte sofort. Mit einem Sprung war er dicht vor dem Jungen, stieß ihn zur Seite und nahm seinen Platz vor Stevie Rae ein.
»Tu ihm nichts!« Stevie Rae packte Rephaim am Arm, um ihn von einem weiteren Schlag gegen den Jungen abzuhalten. »Er hat nur ’nen Ausraster; normalerweise würde er mir nie im Leben was tun!«
Rephaim ließ sich nach hinten ziehen, drehte sich aber um und sagte: »Ich glaube, du unterschätzt den Jungen.« »Oh ja, das tut sie«, sagte Dallas grimmig.
Rephaim hatte keine Ahnung, woher der Schmerz kam. Auf einmal wurde er davon übermannt, grell und glühend. Er wand sich in Krämpfen, krümmte sich vor Agonie zusammen. Durch einen dichter werdenden Schleier hindurch konnte er vage Dallas erkennen, dessen Augen in einem unwahrscheinlich hellen Scharlachrot flammten und der einen der Drähte aus der Wand umfasst hielt.
»Rephaim!«, schrie Stevie Rae.
Sie sprang auf ihn zu, überlegte es sich dann aber anders, eilte zu Dallas und zerrte ihn am Arm. »Hör auf! Lass von ihm ab!«
Seine blutroten Augen durchbohrten sie. »Den brate ich jetzt, das befreit dich hoffentlich von der abartigen Kontrolle, die er über dich hat. Dann sind wir endlich richtig zusammen, und solange wir zusammen sind, werd ich niemandem ein Wörtchen davon erzählen, was hier passiert ist.«
Wie aus weiter Ferne erkannte Rephaim, dass die Finsternis den Jungen nicht mehr überzog. Sie war in ihn eingedrungen – hatte von ihm Besitz ergriffen. Welche Macht der Junge auch immer anwandte, sie verlieh ihm zusätzliche Kraft.
Rephaim war sicher, dass Dallas ihn töten würde.
»Erde, komm zu mir. Ich brauch dich.«
In sein schwindendes Bewusstsein drangen Stevie Raes Worte wie Kerzenlicht, das einem Sturmwind zu trotzen versucht. Mit großer Mühe sah er sie an. Sie blickte zurück, und plötzlich erreichten ihn klar und kraftvoll und sicher ihre nächsten Worte.
»Beschütz Rephaim vor Dallas. Denn er gehört zu mir.«
Und sie machte eine Bewegung, als werfe sie etwas auf Rephaim – und das tat sie wahrhaftig. Er wurde von einem grünen Schimmer getroffen, der ihn zurücktaumeln ließ und den Kontakt zu dem brach, was Dallas in ihn geleitet hatte. Schwer atmend ließ er sich auf den Boden sinken und spürte, wie die fast schon vertraute sanfte Heilkraft der Erde ihn berührte.
Dallas drehte sich zu Stevie Rae um. »Hast du wirklich gesagt, das Ding gehört zu dir?«
Seine Stimme war wie der Tod. Rephaim legte sich flach auf den Boden, öffnete seinen zerschlagenen Körper der Erde, versuchte die Verschmelzung mit ihr zu beschleunigen, heil zu werden, damit er Stevie Rae helfen konnte.
»Ja. Ist schwer zu erklären, und mir ist klar, dass du supersauer bist. Aber Rephaim gehört zu mir.« Ihr Blick flitzte an Dallas vorbei zu ihm. »Und ich glaub, ich gehör zu ihm, so komisch es sich anhört.«
»Das hört sich nicht komisch an, sondern total krank, verdammt nochmal.«
Ehe Rephaim auf die Beine kommen konnte, wies Dallas mit einem Finger auf sie. Ein betäubendes Krachen ertönte, und mit einem Mal stand Stevie Rae mitten in einem grün glühenden Kreis. Mit gerunzelter Stirn schüttelte sie langsam den Kopf. »Du wolltest mir echt ’nen Stromschlag verpassen? Du wolltest mir weh tun, Dallas?«
»Wegen so ’nem Ding servierst du mich
Weitere Kostenlose Bücher