House of Night 7. Verbrannt
kannst mich nicht schlagen. Ich kenn all deine Tricks. Ich bin alles, was du nicht bist. Dieses bescheuerte Gutsein hat dich schwach gemacht. Deshalb hättest du Zoey nie richtig beschützen können. Die Liebe zu ihr raubt dir die Kraft.«
»Nein! Zoey zu lieben war die beste Entscheidung, die ich je getroffen hab.«
»Tja, es wird wohl die
letzte
Entscheidung sein, die du je getroffen hast, so viel ist –«
In diesem Moment wurde Stark jäh zurück in seinen Körper gezerrt. Er öffnete die Augen. Über ihm stand Seoras, den Langdolch in der einen Hand, die andere presste er ihm gegen die Stirn.
»Nein! Ich muss zurück!«, schrie Stark. Sein Körper schien in Flammen zu stehen. Der Schmerz war unvorstellbar – seine schiere Gewalt ließ das Adrenalin durch seine Adern rasen. Sein erster Impuls war aufzuspringen! Zu fliehen! Zu kämpfen!
»Nein, Bursche. Denk daran – beweg dich nicht.«
Stark atmete in hastigen tiefen Stößen und zwang seinen Körper, reglos zu bleiben – liegenzubleiben.
»Bring mich zurück«, flehte er den Krieger an. »Ich muss zurück.«
»Stark, hör mir zu.« Plötzlich erschien Aphrodites Gesicht über ihm. »Heath ist der Schlüssel. Bevor du zu Zoey gehst, musst du mit ihm reden. Sag ihm, er muss weiterziehen. Er muss Zoey in der Anderwelt verlassen, oder sie wird niemals zurückkommen.«
»Was? Aphrodite?«
Sie packte ihn am Arm und beugte sich ganz dicht über ihn. Er sah ihre blutgeäderten Augen, und wie ein Ruck durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass sie eine Vision gehabt haben musste.
»Vertrau mir. Geh zu Heath. Bring ihn dazu zu verschwinden. Wenn er das nicht tut, wird niemand Neferet und Kalona stoppen können, und mit uns allen ist es aus.«
»So er zurück soll, muss er jetzt geh’n«, sagte Seoras.
»Bring ihn zurück«, befahl Sgiach.
Die hellen Ränder von Starks Gesichtsfeld begannen sich zu verdunkeln, und er kämpfte dagegen an, wieder in die Tiefe gesogen zu werden. »Warte! Sagt mir –, wie – wie besiege ich mich selbst?«, gelang es ihm zu keuchen.
»Ach, ’s ist ganz einfach. Der Krieger in dir muss des Todes sterben, um den Schamanen zu gebären.«
Stark hätte nicht sagen können, ob Seoras’ Worte die Antwort auf seine Frage waren oder aus seiner Erinnerung kamen, und er hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken. In weniger als einem Herzschlag packte Seoras mit eisernem Griff seinen Kopf und zog die Klinge über seine Augenlider. In einem gleißenden, blendenden Blitz stand Stark wieder sich selbst gegenüber, als wäre er nie weg gewesen. Obwohl er sich vor Schmerz von Seoras’ letztem Schnitt noch leicht benommen fühlte, bemerkte Stark, dass sein Körper schneller reagierte, als sein Geist nachvollziehen konnte, und problemlos den Angriff seines Spiegelbilds abwehrte. Es war, als hätte die Linie des letzten Schnitts eine Geometrie von Angriffsbahnen bis hinein ins Herz des Anderen enthüllt, die Stark nie zuvor bemerkt hatte, und eben weil er sie erst jetzt erkannte, kannte sie vielleicht der Andere nicht. Wenn dem so war, hatte er eine Chance, allerdings keine große.
»Ich kann das hier den ganzen Tag lang machen. Du nicht. Himmel, bin ich leicht fertigzumachen.« Der arrogante Stark lachte höhnisch.
In sein Lachen hieb Stark entlang einer der Angriffslinien zu, die ihm Schmerz und Not enthüllt hatten, und erwischte gerade noch den Unterarm seines Spiegelbilds.
»Fick dich! Du hast tatsächlich ’nen Treffer gelandet. Dachte gar nicht, dass du dazu fähig wärst!«
»Ja, das ist eines deiner Probleme: du bist verdammt nochmal zu arrogant.« Stark sah das leichte Zögern, das durch sein Spiegelbild ging, und ihn durchwehte ein Hauch von Verstehen. Er folgte dem Gedanken so selbstverständlich, wie er das Breitschwert defensiv vor sich hielt und all die Angriffslinien kreuz und quer über seinem Körper erblickte. »Nein, die Sache ist – nicht
du
bist arrogant. Ich bin’s, der arrogant ist.«
Einen Moment lang ließ die Deckung seines Spiegelbilds nach. Da begriff Stark vollkommen und sprach weiter. »Ich bin auch egoistisch. Deshalb hab ich meinen Mentor getötet – ich war zu egoistisch, als dass ich hätte zulassen können, dass jemand mich schlägt.«
»Nein!«, schrie der rotäugige Stark. »Nicht du – ich!«
Stark sah die Blöße, hieb wieder zu und schlitzte seinem Gegenüber die Seite auf. »Das stimmt nicht, das weißt du genau. In dir konzentrieren sich vielleicht all meine schlechten Seiten, aber
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