House of Night 7. Verbrannt
auftauchen, ihn als Eindringling (der er definitiv war) beschuldigen und noch einmal ihres Reiches verweisen würde.
Doch die Göttin kam nicht. Es schien, als habe Neferet recht gehabt. Hätte seine Verbannung seinem Körper
und
seiner Seele gegolten, so hätte gewiss Erebos selbst ihn in Nyx’ Namen aufgesucht und mit all seiner Macht als Gefährte der Göttin seinen Geist aus der Anderwelt vertrieben.
Doch so wurde ihm diese
Freiheit
gewährt, diese göttinverdammte Entscheidungsfreiheit, zurückzukehren und einen Blick auf das zu werfen, was er am heißesten ersehnte, aber niemals haben konnte.
In dem Unsterblichen wallte Zorn auf – jener vertraute Zorn, in dem er sich heimisch fühlte.
Er machte sich daran, Zoey und den Jungen zu belauern. Nicht lange, und er erkannte, dass er seine Aufgabe auch einfach dadurch erfüllen konnte, dass er die beiden zwang, in dem Hain zu bleiben.
Denn Zoey schwand dahin. Sie war auf dem besten Wege, zu einer rastlosen Caoinic Shi’ zu werden, und dann würde sie niemals in ihren Körper zurückkehren.
Der Gedanke, dass Zoey sich in ein Wesen verwandeln würde, das auf ewig zwischen Leben und Tod gefangen wäre, ohne Frieden zu finden, löste in Kalona ein erstaunlich unglückliches Gefühl aus.
Gefühle!
Schon wieder! Wurde er sie denn niemals los? Doch. Irgendeinen Weg musste es geben. Vielleicht hatte Neferet recht. Vielleicht musste er einfach Zoey loswerden. Dann würden Schuld, Begehren und Verlust, die sie in ihm wachrief, von ihm abfallen.
Kaum kam ihm der Gedanke, da wusste Kalona, dass er nicht frei von ihr werden würde, wenn er sie hier zurückließ und sie ein Gespenst wurde, ein bloßer Schatten ihrer selbst. Allein das Wissen darum würde ihn bis in alle Ewigkeit verfolgen.
Während Kalona von außerhalb des Hains zusah, wie Heath an Zoeys Seite wachte, sie zu trösten versuchte, wo kein Trost möglich war, änderte er seinen Plan.
Ja, er liebt sie, und sie liebt ihn.
Überrascht stellte Kalona fest, dass der Gedanke weder Wut noch Eifersucht in ihm wachrief. Er war reine Tatsache: Hätte sich die Welt für Zoey nicht von unten nach oben gekehrt, sie hätte mit diesem Menschenjungen ein unschuldiges, gewöhnliches und glückliches Leben verbringen können.
Und mit plötzlicher Klarheit erkannte Kalona, wie er sich von Zoey befreien und Neferets Schwur erfüllen konnte.
Sie würde hier mit dem Jungen glücklich sein können, und ihr Glück würde genügen, um die Schuldgefühle zu besänftigen, die er hatte, weil er für ihren Tod verantwortlich sein würde. Hier in Nyx’ Hain würde sie leben, vereint mit der großen Liebe ihrer Kindheit, und Kalona könnte frei von seiner Verstrickung mit ihr in die irdischen Gefilde zurückkehren.
Sie zum Bleiben zu bewegen, wäre sogar ein Akt des Guten
, redete er sich ein.
Sie müsste nie wieder die Sorgen und Qualen des irdischen Daseins spüren.
Es erschien ihm als durch und durch zufriedenstellende Lösung.
Und er schob den Gedanken beiseite, wie es sein würde, der einzigen Person beraubt zu sein, die ihn nun schon in zwei verschiedenen Leben an seine verlorene Göttin erinnert und wahrhaftige Gefühle in ihm geweckt hatte.
Stattdessen konzentrierte er sich auf den Jungen. Heath war der Schlüssel. Sein Tod hatte dazu geführt, dass Zoeys Seele zerborsten war, und die Schuldgefühle wegen seines Todes waren es, die sie davon abhielten, sich wieder zusammenzusetzen.
Einfältiger Mensch! Weiß er nicht, dass nur er ihr Gewissen beruhigen und die Heilung ihrer Seele in Gang setzen kann?
Nein, natürlich wusste er es nicht. Er war nur ein Menschenjunge, und kein sehr tiefgründiger dazu. Er musste zu der Erkenntnis geführt werden.
Aber der Junge befand sich in dem Hain, und ihn konnte Kalona nicht betreten. Also lauerte er weiter, beobachtete, und als die Frustration des Jungen sich in Zorn und Blut entlud, griff er diese Fetzen primitiver Emotionen auf, um ihm zuzuraunen, ihm seine Führung aufzuzwingen und ihn auf seinen Weg zu bringen.
Einigermaßen zufrieden zog sich Kalona an den Waldrand zurück und wartete. Der Junge würde Zoey helfen, ihre Seele zu heilen, aber sie würde ihn nicht verlassen – nicht, wenn er das Mittel wäre, durch das sie wieder vollständig wurde. Also war es nur noch eine Frage der Zeit – sogar herzlich wenig Zeit, bis ihr sterblicher Körper in Ermangelung ihres Geistes sterben würde.
Dann könnte er in seinen eigenen Körper zurückkehren, und sein Schwur an Neferet
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