House of Night 7. Verbrannt
Arme und küsste sie, versuchte, ihr in der Berührung begreiflich zu machen, dass seine Liebe endlos, allumfassend war. Als er sich schließlich zwang, sie loszulassen, glaubte er, in ihrem gehetzten, verstörten Blick ein Begreifen zu sehen. »Ich werde dich immer lieben, Zo.«
Dann drehte er sich um und ging davon. Vor ihm öffnete sich die Luft wie ein Vorhang, und er trat aus einem Reich ins nächste über und verschwand ohne jede Spur.
Am Boden zerstört stolperte Zoey zurück zu der hohen Zeder. In Grabesstille nahm sie ihre rastlose Wanderung wieder auf, während ihr ununterbrochen Tränen übers Gesicht strömten.
Kalona
K alona wusste nicht, wie lange er schon in Nyx’ Reich weilte.
Zuerst war es ein riesiger Schock gewesen, als Neferets Finsternis ihn aus seinem Körper herausgerissen hatte, so dass er weder physisch noch geistig irgendetwas anderes wahrnehmen konnte außer dem Entsetzen und Staunen, in Ihr Reich zurückgekehrt zu sein.
Er hatte nie vergessen, wie wunderschön es war – das bloße Entzücken der Anderwelt und die Magie, die sie für ihn bereithielt. Vor allem für ihn.
Er war ein anderer gewesen, als er noch hierhergehörte.
Damals war er ein Streiter für das Licht gewesen, hatte Nyx vor all dem beschützt, was die Finsternis aufgeboten hatte, um das Gleichgewicht der Welt zum Bösen hin zu verschieben. Zu Schmerz, Selbstsucht und Verzweiflung, all den Dingen, die ihr Genuss bereiteten.
Unzählige Jahrhunderte lang hatte Kalona seine Göttin vor allem beschützt – außer vor sich selbst.
Wie lachhaft, dass es gerade die Liebe gewesen war, derer sich die Finsternis bedient hatte, um ihn zu Fall zu bringen.
Und noch lächerlicher, dass nach seinem Fall auch das Licht sich der Liebe bedient hatte, um ihn in die Falle zu locken.
Kurz fragte er sich, ob die Liebe ihm noch mehr antun könnte, als sie es bereits getan hatte. War er überhaupt noch fähig zu lieben?
Neferet liebte er nicht. Er hatte sie benutzt, um sich aus den Fesseln der Erde zu befreien, und sie wiederum hatte ihn benutzt, um ihre eigenen Ziele zu verwirklichen.
Liebte er Zoey?
Er wollte nicht das Werkzeug ihrer Vernichtung sein, aber Schuldgefühle waren keine Liebe. Auch Bedauern war keine Liebe. Beide Emotionen waren auch nicht stark genug, als dass er die Freiheit seines Körpers hätte opfern wollen, um sie zu retten.
Auf dem Weg durch das Reich der Göttin schob der gefallene Unsterbliche alle Fragen der Liebe und ihrer schmerzvollen Begleiterscheinungen beiseite und konzentrierte sich nur auf die bevorstehende Aufgabe.
Sein erster Schritt war, Zoey zu finden.
Der zweite war, dafür zu sorgen, dass sie nicht in die irdischen Gefilde zurückkehren konnte, damit er den Schwur, den er Neferet gegeben hatte, erfüllte und seinen Körper wieder in Besitz nehmen durfte.
Zoey zu finden war nicht schwer gewesen. Er hatte nur seinen Willen auf sie richten müssen, und schon war sein Geist auf der Woge der Finsternis geradewegs zu ihr getragen worden – zu den zersplitterten Bruchstücken ihrer Seele.
Der menschliche Junge, den er getötet hatte, war bei ihr, oder besser: bei dem Teil von ihr, der in dieser Welt am meisten von ihr in sich vereinte.
Es war seltsam zu sehen, wie er sie tröstete, ihr Mut zusprach und sie dann irgendwie instinktiv zu dem heiligen Hain der Göttin führte. Einem Ort, der so sehr von der reinen Essenz der Göttin durchtränkt war, dass, solange die Balance zwischen Licht und Finsternis in der Welt Bestand hatte, nichts Böses ihn je würde betreten können.
Kalona erinnerte sich noch gut an den Hain. Hier war ihm seine Liebe zu Nyx zum ersten Mal bewusst geworden. In der schrecklichen Zeit, bevor er sich dafür entschied, von Ihr abzufallen, war dies der einzige Ort gewesen, wo er wenigstens ein gewisses Maß an Frieden finden konnte.
Er hatte versucht, wieder in ihn einzudringen, Heath und Zoey zu folgen und sich der Bürde zu entledigen, die Neferets Hinterlist ihm auferlegt hatte, doch Kalona war nicht in der Lage, den Schutzwall um den geheiligten Hain zu durchbrechen. Bei dem Versuch verausgabte er sich völlig und fühlte sich nur zu sehr an seine Zeit unter der Erde erinnert.
Diesmal allerdings waren der Friede und die Magie der göttingesegneten Erde kein Kerker für ihn, sondern wiesen ihn zurück. Er war zu sehr Teil der Finsternis geworden, als dass Nyx’ Hain ihm noch Einlass gewähren würde.
Fast erwartete Kalona, dass jeden Moment Nyx persönlich vor ihm
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