House of Night 7. Verbrannt
kämpfen, um sie zu retten!«
Der Himmel über Stark kräuselte sich, und das makellose Blau begann in Grau überzugehen. Wie Rauch von einem giftigen Feuer bildeten sich Fäden aus Finsternis, wurden länger und dicker und nahmen Gestalt an. Zuerst erschienen seine Flügel. Massiv, schwarz und weit ausgebreitet verdunkelten sie das goldene Licht der Sonne der Göttin. Dann materialisierte sich auch Kalonas Körper – größer, massiver und gefährlicher, als Stark in Erinnerung hatte.
Noch in der Luft über ihm lächelte Kalona. »Ah, du bist es, Junge. Du hast dich geopfert, um ihr hierher zu folgen. Mein Werk ist getan. Dein Tod hält sie hier zuverlässiger fest, als ich es je gekonnt hätte.«
»Falsch, du Pisser. Ich bin nicht tot. Ich bin am Leben, und ich werd’s auch bleiben. Und Zoey auch.«
Kalonas Augen verengten sich. »Zoey wird die Anderwelt nicht mehr verlassen.«
»Tja, ich hoffe, ich kann dafür sorgen, dass du da auch falsch liegst.«
»Stark!«, schrie Zoey von jenseits der Waldgrenze. »Komm zurück zu mir!«
Kalonas Blick richtete sich auf sie. Als er sprach, klang er traurig, ja zutiefst betrübt. »Es wäre leichter für sie gewesen, hättest du den Menschenjungen meinen Willen tun lassen.«
»Das ist das Problem mit dir, Kalona. Du hast da diesen Gott-Komplex. Oder vielleicht sollte ich’s besser
Göttin
-Komplex nennen. Hör mal, nur weil du unsterblich bist, heißt das nicht, dass du das Sagen hast. In deinem Fall heißt es vielmehr, dass du verdammt lange falsch liegen wirst.«
Ganz langsam richtete Kalona den Blick auf Stark. Seine bernsteinfarbenen Augen waren vor Zorn glanzlos und kalt geworden. »Du begehst da gerade einen großen Fehler, Junge.«
Starks Ton war nicht weniger eisig als Kalonas. »Ich bin kein Junge mehr.«
»Für mich bist und bleibst du ein Junge. Ein unbedeutender, schwacher
Sterblicher
.«
»Womit du dreimal hintereinander falsch liegst. Sterblich heißt nicht schwach. Komm da runter, dann beweise ich’s dir.«
»Na gut, Junge. Aber auf deinem Gewissen wird die Qual lasten, die du Zoey dadurch zufügst, nicht auf meinem.«
»Sehr gut, es wär nämlich längst mal an der Zeit, dass du Flachpfeife tatsächlich mal die Verantwortung für was übernehmen würdest, was du verbrochen hast!«
Wie Stark vorausgeahnt hatte, kochte bei seinen Worten der brodelnde Zorn in Kalona über. Er brüllte Stark an: »Wage es nicht, mich auf meine Vergangenheit anzusprechen!«
Der Unsterbliche streckte die Hand aus und ergriff aus der Finsternis, die ihn umwaberte, einen Speer, schwarz wie eine mondlose Nacht, die Spitze aus einem tückisch glitzernden Metall. Dann stieß Kalona vom Himmel herab.
Statt zu landen, ließ er seine gewaltigen Schwingen in einem perfekten Kreis um Stark herum den Boden aufreißen. Unter Starks Füßen bebte die Erde und zerbröselte zu Staub, und es war, als öffnete sich die Hölle unter ihm und er fiele … fiele.
Er traf mit solchem Schwung am Boden auf, dass ihm die Luft aus den Lungen wich und seine Sicht sich verdunkelte. Während er sich bemühte aufzustehen, erklang rings um ihn spöttisches Gelächter. »Nur ein kleiner, schwacher Junge, der tatsächlich glaubt, er könnte mit mir spielen. Das wird ja nicht einmal unterhaltsam«, sagte Kalona.
Arrogant. Der ist arroganter, als ich es je gewesen bin.
Und bei dem Gedanken daran, was er schon erlebt und wen er besiegt hatte, löste sich der Druck von Starks Brust. Er konnte wieder einatmen, und sein Blick klärte sich gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein grelles Licht die Finsternis zwischen ihm und Kalona durchschnitt, und da, vor seinen Füßen, stak sein Wächter-Claymore im Boden.
Stark packte das Heft und spürte sofort die Wärme, den Puls seines eigenen Herzschlags, als das Claymore,
sein
Claymore, im Gleichklang mit seinem Blut zu singen begann.
Er sah Kalona an und bemerkte die Überraschung in den Bernsteinaugen des Unsterblichen.
»Ich hab dir doch gesagt, ich bin kein Junge mehr.« Und ohne Zögern trat Stark vor, das Claymore in beiden Händen, und zielte genau auf die geometrischen Angriffslinien, die über Kalonas Körper verschmolzen.
Zoey
D er Schock, der mich durchfuhr, als Kalona sich über Stark materialisierte, war grenzenlos. Sein Anblick brachte alles zurück, was in jenem letzten Moment meines letzten Tages passiert war, bevor meine Welt in Tod und Verzweiflung und Schuld explodiert war. Kaum hatte er gänzlich Gestalt angenommen, da blickte
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