House of Night 7. Verbrannt
Stevie Rae einen langen, intensiven Blick. »Nichts. Hab ich wohl nur Paranoia. Und hilft es nicht, wenn ihr beide knutscht statt euch auf Wesentliches konzentriert.«
»Ich konzentrier mich aufs Wesentliche.« Stevie Rae wandte den Blick von Kramishas Spiegelbild ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Straße.
»Ja, denk daran, dass mein Mädel Hohepriesterin ist. Die können definitiv ’n paar Sachen auf einmal stemmen.«
Kramisha schnaubte. »Pff.«
Während der kurzen Fahrt zum Bahnhof schwiegen sie. Stevie Rae war sich Kramishas Präsenz auf dem Rücksitz extrem bewusst.
Sie weiß von Rephaim
, schoss es ihr durch den Kopf, aber sofort brachte sie den Gedanken zum Schweigen. Kramisha wusste nichts von Rephaim. Nur, dass es einen anderen gab. Von Rephaim wusste niemand was.
Außer den roten Jungvampyren.
Panik wallte in ihr auf. Was zum Geier sollte sie tun, wenn Nicole oder ein anderer von denen ihren Leuten das mit Rephaim erzählte? Stevie Rae konnte sich die Szene genau vorstellen. Nicole würde es so richtig boshaft und dreckig rüberbringen. Ihre Leute würden zutiefst geschockt sein. Sie würden nicht glauben können, dass sie –
Mit einem Ruck kam Stevie Rae die Antwort auf ihr Problem, und fast hätte sie laut aufgekeucht.
Ihre Leute würden niemals glauben, dass sie eine Prägung mit einem Rabenspötter hatte. Nie im Leben.
Sie würde es einfach abstreiten. Und einen Beweis dafür gab es nicht. Sicher, ihr Blut roch komisch, aber dafür hatte sie schon eine Erklärung geliefert. Wenn die Finsternis persönlich von einem getrunken hatte, war es nur natürlich, wenn man komisch roch. Kramisha hatte das geschluckt, und Lenobia auch. Die anderen würden es auch schlucken. Ihr Wort, das Wort einer Hohepriesterin, würde gegen das einer Bande Jugendlicher stehen, die total verdorben waren
und
schon versucht hatten, sie umzubringen.
Und wenn sich jetzt heute Nacht doch jemand von ihnen für das Gute entschied und auf ihre Seite überwechselte?
Dann muss er oder sie halt den Mund halten, oder sie dürfen nich bleiben
, war der bittere Gedanke, der in Stevie Rae herumgeisterte, als sie das Auto auf dem Bahnhofsparkplatz abstellte und ihre Jungvampyre um sich scharte.
»Okay, wir gehen rein. Unterschätzt sie nich«, warnte sie.
Ohne sich abzusprechen, trat Dallas an ihre rechte, Johnny B an ihre linke Seite. Der Rest folgte dicht dahinter. Sie stießen das täuschend verschlossen wirkende Gitter auf, das ihnen einen leichten Zugang zum Keller des verlassenen Bahnhofs von Tulsa gewährte.
Dort sah es noch fast genauso aus wie zu der Zeit, als sie hier gewohnt hatten. Vielleicht lag ein bisschen mehr Müll herum, aber im Prinzip war es nun mal ein dunkler, kalter Keller. Sie gingen ganz nach hinten, wo sich der Eingang zu den noch dunkleren Tunneln darunter befand.
»Kannst du was sehen?«, fragte Dallas.
»Klar, aber ich will trotzdem die Wandlaternen anzünden, sobald ich ’n Streichholz oder so finde, damit ihr alle was seht.«
Kramisha kramte in ihrer überdimensionalen Handtasche. »Hab ich Feuerzeug.«
Stevie Rae nahm ihr das Feuerzeug ab. »Kramisha, jetzt sag nich, dass du rauchst.«
»Nein. Bin doch nicht dumm. Aber bin ich gern auf alles vorbereitet. Und manchmal Feuerzeug ist nützlich – wie jetzt.«
Stevie Rae wollte die metallene Leiter hinuntersteigen, aber Dallas hielt sie am Arm fest. »Nein, ich geh zuerst.
Mich
wollen sie nicht umbringen.«
»Woher willst du das wissen?«, konterte Stevie Rae, aber sie erlaubte ihm, zuerst nach unten zu steigen, dann folgte sie mit Johnny B auf den Fersen. »Wartet.« Sie ließ die beiden am Fuß der Leiter stehen und bewegte sich mit absoluter Sicherheit durch die undurchdringliche Schwärze auf die erste der altmodischen Kerosinlaternen zu, die sie vor langer Zeit mit Hilfe alter Bahnschwellennägel an den bauchigen Wänden der Tunnel befestigt hatte. Sie entzündete sie und drehte sich lächelnd zu den Jungs um. »Besser, hm?«
Dallas grinste. »Gut gemacht, Mädel.« Dann zögerte er und legte den Kopf schief. »Hört ihr das?«
Stevie Rae sah Johnny B an. Der schüttelte den Kopf und reichte Kramisha die Hand, die als Nächste herunterkam.
»Was, Dallas?«, fragte Stevie Rae.
Dallas legte die Hand auf die raue Betonwand des Tunnels.
»Das!«
Er klang fasziniert.
»Dallas, redest du in Rätseln«, erklärte Kramisha.
Er drehte sich zu ihnen um. »Ich bin nicht sicher, aber ich hab das Gefühl, ich kann die Stromleitungen
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