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Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids

Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids

Titel: Huckleberry Finn - Walbreckers Klassiker fuer Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Walbrecker
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gegangen und doch nicht bei der Witwe erschienen!
    Ich fackelte nicht lange. Ich flitzte zu Richter Thatcher: „Ich will mein Geld loswerden“, erklärte ich ihm. „Ich will, dass alles Sie bekommen.“ Der Richter sah mich verwundert an, stellte mir ein paar Fragen und schien mich zu verstehen, ohne dass ich mit der ganzen Wahrheit herausrückte. Er schrieb etwas auf ein Papier, erzählte etwas von einer „Entschädigung“, verlangte von mir eine Unterschrift und überreichte mir eine Dollarmünze: „So, nun hab ich dir alles abgekauft und dich dafür bezahlt.“
    Auch wenn es wenig glaubwürdig klingt: Mir war ein Stein vom Herzen gefallen, und ich zog erleichtert von dannen.
    Meine Erleichterung währte nicht lange – genaugenommen nur bis zum Abend des gleichen Tages. Ich war noch ein bisschen mit Jim zusammengesessen, und er hatte mir meine Zukunft vorausgesagt. Dann zündete ich mir eine Kerze an, stieg in meine Kammer hoch und war wie vom Blitz erschlagen: Mein Vater hockte da! Bleich, bärtig, zerlumpt und mit gefährlich funkelnden Augen!
    Ich begriff sofort, was geschehen war: Das Fenster stand offen. Der Kerl war über den Schuppen in meine Kammer geklettert. Und nun saß er da, beglotzte mich von Kopf bis Fuß und raunzte: „Feine Klamotten trägst du. Bildest dir wohl ein, was Besseres zu sein, oder?“
    â€žVielleicht. Vielleicht auch nicht“, erwiderte ich.
    â€žWerd' ja nicht unverschämt! Meinst wohl, du könntest einfach anders werden als deine Eltern. Stimmt es etwa, dass du in die Schule gehst?“
    Ich nickte.
    â€žHier, lies mal was vor!“
    Ich gehorchte. Ich begann, über General Washington und den Krieg vorzulesen, aber ich kam nicht weit. „Tatsächlich, er kann es! Er wird wohl demnächst auch noch fromm und gläubig, oder?“
    Schon flog das Buch in hohem Bogen durchs Zimmer, und meine Zukunft war geklärt: „Mit der Schule ist sofort Schluss, verstanden?“
    Und dann ließ sich der Alte über meine Aufmachung aus, über jedes einzelne Möbelstück in meinem Zimmer, über meine Erziehung und die Witwe, und ganz zum Schluss kam das, was ich längst befürchtet hatte: „Es heißt, du bist reich. Ist da etwas dran?“
    â€žDie Leute lügen.“
    â€žSieh einmal an! Und wieso schwätzt jeder von deinem Reichtum?“
    â€žIch hab kein Geld.“
    â€žSchwindel! Der Richter Thatcher hat es. Du holst es dir morgen ab und gibst es mir, verstanden?“
    â€žIch hab kein Geld. Frag ihn doch selber.“
    â€žNa schön. Das werd ich tun. Und wie viel hast du jetzt bei dir?“
    â€žEinen Dollar nur. Den brauch ich ...“
    â€žEgal, wozu du ihn brauchst. Her damit!“
    Ich gab ihm die Münze, und er biss erst mal drauf, um ihre Echtheit zu prüfen. Dann verkündete er mir, das Geld umgehend in Whisky umzusetzen, und kletterte aus dem Fenster. Ein paar Mal noch, bevor er endgültig verschwand, steckte er den Kopf herein, schimpfte über meine feinen Allüren, verbot mir, je wieder eine Schule zu betreten, und drohte mir deftige Prügel an, falls ich nicht auf ihn hören würde. Nun war sie da, die Katastrophe, und die Dinge nahmen ihren Lauf: Am nächsten Tag war mein Alter voll betrunken, erschien bei Richter Thatcher und forderte mit Gezeter das Geld. Als alles Schimpfen und Toben nichts half, drohte er mit Klage: Er wolle nicht nur das ganze Geld, sondern auch mich als seinen Sohn zurück.
    Das Gericht wurde bemüht. Klagen gingen hin und her, und während alledem ließ mir der Alte keine Ruhe. Ich musste die nächsten Dollars rausrücken, damit sich der Kerl betrinken konnte. Das wiederum hatte zur Folge, dass mein Alter eine ganze Nacht lang fluchend, johlend und grölend und eine Blechpfanne bearbeitend durchs Dorf zog. Die Folge: Man sperrte ihn ein, brachte ihn vors Gericht und lochte ihn gleich für eine ganze Woche ein.
    Und dann kam die Überraschung, die wundersame Wandlung meines Herrn Vaters. Der Richter, der ihn verurteilt hatte, zeigte plötzlich Mitleid mit dem alten Säufer. Er versprach ihm, ihn auf den rechten Pfad des Lebens zu bringen. Und siehe da: Mein Alter wurde brav. Er zog beim Richter ein, ließ sich fein einkleiden und saß ordentlich bei den Mahlzeiten am Tisch. Als ihm der Richter gar noch von Mäßigkeit und ähnlichen Tugenden erzählte, da

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