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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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nicht aus dem Quark kommen. Denn es gibt ja einen Grund, warum es so ist, wie es ist – und es liegt ja nicht an ihnen.
    Ausreden zementieren die Gegenwart.
    Und das ist es, was Entschuldigungen und Glaubenssätze anrichten: Sie stoppen das Denken, dass es auch ganz anders sein könnte. Natürlich ist es schlimm, wenn in Somalia Warlords Dörfer und Städte terrorisieren. Natürlich ist es schlimm, wenn hierzulande orientierungslose Jugendliche mehr Zeit auf der Straße als bei ihren Eltern daheim verbringen. Aber solange wir immer eine Ausrede, eine Entschuldigung für Missstände finden, wird sich nie etwas ändern. Denn Ausreden zementieren die Gegenwart. Die Zukunft hat dann keine Chance.
    Der beste Freundschaftsdienst, den du dir selbst und anderen leisten kannst, ist: keine Ausreden gelten lassen. Den Finger auf die Wunde legen und fragen: »Was machen wir denn jetzt? Wie kommen wir denn aus dieser furchtbaren / bescheuerten / krank machenden Situation wieder heraus?« Dann erst können die Dinge überhaupt in Bewegung kommen.
    Als ich noch zur Schule ging, bin ich immer zu spät gekommen. Das war fast schon Ehrensache. Und immer hatte ich eine Ausrede parat: »… Schulbus stand im Stau«, »… musste meiner kranken Mutter noch Medikamente aus der Apotheke besorgen« usw. Das war richtige Kreativarbeit! Ich hab natürlich nie gesagt: »Ich bin zu spät, weil ich am Rossmarkt noch einen Kaffee getrunken habe.« Oder: »Ich hab keinen Bock gehabt und lieber noch auf dem Pausenhof eine geraucht.« Die Lehrer hörten schon lange gar nicht mehr hin. War ja sowieso egal.
    Den Brandl hatten sie schon so gut wie abgeschrieben und seine lauen Ausreden interessierten niemanden. Irgendwann bekamen wir einen neuen Englischlehrer. Direkt in seiner ersten Stunde bei uns war ich natürlich wieder mal zu spät dran. Mit fast zwanzig Minuten Verspätung wollte ich mich mit einem gemurmelten »Bin ausgerutscht und war noch im Krankenzimmer« auf meinen Stuhl drücken. Doch bei diesem Lehrer zog die Ausrede nicht. Weder diese noch irgendeine andere. Erstaunt stellte ich fest, dass er ohne zu zögern einen Verweis ins Klassenbuch schrieb und sagte: »Sorg dafür, dass du morgen rechtzeitig zum Stundenbeginn hier bist, sonst hast du gleich den nächsten Verweis.«
    Und jetzt rate mal, wer zu meinem Lieblingslehrer wurde.
Hoffen auf den Jackpot
    Sobald die Thermik weg ist, geht’s für dich nur noch Richtung Boden.
    In der Fliegerei gibt es mehrere Möglichkeiten. Erstens: Du kannst dich in einen Segelflieger hieven und auf Thermik setzen. Dann bist du im Gleitflug unterwegs und hin und wieder zieht dich warme Luft ein paar hundert Meter weiter höher, sodass du noch einige Minuten länger in der Luft sein kannst. Fast geräuschlos gleitest du dahin. Du nutzt das, was dir die Wetterbedingungen bieten. Und nur das. Denn als Segelflieger bist du auf die Thermik angewiesen. Nicht du allein entscheidest, wohin und wie hoch es dich in die Lüfte trägt, sondern neben deinem fliegerischen Können auch die Topografie, der Sonnenstand, die Wärme der Luft und anderes mehr. Sobald die Thermik weg ist, geht’s für dich nur noch Richtung Boden. Wenn du einfach nur Spaß haben willst, ist das eine feine Sache. Auch wenn ein Segelflieger theoretisch ewig in der Luft bleiben könnte – für die Langstrecke ist Segelfliegen eher ungeeignet.
    Du kannst auch ein Motorflugzeug wählen. In ihm fliegst du genau dorthin, wohin du willst. Es kann die Alpen überqueren oder auch an der Nordsee Inselhopping machen. Deine Entscheidung. Der Motor, den du dafür brauchst, frisst allerdings eine Menge Energie. Seine Reichweite ist begrenzt, irgendwann geht dir dein Sprit aus.
    In diesem Bild ist der Segelflieger derjenige, der in seinem Leben voll auf Glaubenssätze setzt. Wie ein Segelflieger sich von Aufwind zu Aufwind hangelt, lebt er sein Leben von »Du musst was Gescheites lernen« über »Du musst heiraten und zwei Kinder kriegen« bis zu »Du musst ein Haus bauen«. Das ist nicht sehr anstrengend, denn er muss nicht lange darüber nachdenken, ob es wirklich das ist, was er will. Er tut es einfach. Weil es alle machen.
    Der Motorflieger wäre dann jemand, der sehr genau weiß, wo er hinwill. Der zu jedem Zeitpunkt bestimmt, ob er ein paar Grad mehr Nordwest fliegt oder nicht, ob er zweihundert Fuß höher geht oder nicht. Der Hauptunterschied zum »Segelflieger«: Er hat einen Motor – oder besser: Antrieb. Nur mit Antrieb gewinnst du in deinem

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