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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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halten?
    Manchmal versteht es sich von selbst, wie die Prioritäten gesetzt werden müssen, oft aber ist das ganz schön kniffelig. Wie findest du heraus, was wichtig ist in deinem Leben – und was nicht? Zuallererst einmal kann ich versichern: Es gibt kein Patentrezept. Ich wiederhole: Das gibt es nicht. Kann es nicht geben.
    Verabschiede dich von dem Gedanken, es gäbe eine gültige Wichtigkeits-Weltformel. Nach dem Motto: »Ein Mann muss ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und ein Kind gezeugt haben.« Solche Sprüche gibt es gleich im Dutzend. Du brauchst dir nur einen Kalender für 3,95 Euro zu kaufen, dann hast du sogar für jeden Tag einen. Die sind zwar meistens gar nicht verkehrt. Aber wenn du genau hinschaust, merkst du, dass solche Kalendersprüche für dich gar keine Bedeutung besitzen.
    Glück, Zufriedenheit, Gesundheit, eine tolle Beziehung, sich selbst verwirklichen – all diese »Das ist für uns alle so super-mega-wichtig«-Dinge haben eines gemeinsam: Sie stimmen definitionsgemäß für alle. Deshalb sind sie gleichzeitig völlig banal. »Carpe diem« kannst du dir in Kreuzstich irgendwo draufsticken. Wahrscheinlich gibt es auch schon ein Klopapier mit dieser Prägung. »Genieße den Tag« allein reicht aber nicht. Warum das so ist, siehst du an folgendem Beispiel.
    Weltfrieden ist für dich super-wichtig? Klar. Tolle Einstellung. Ist aber für deinen Alltag überhaupt nicht zu gebrauchen. Es soll ja Leute geben, die meinen, den Weltfrieden mit dem Abwerfen von ein paar Bomben zu erreichen. Andere mit zwanzig Jahre Brunnenschippen in der Sahelzone oder, indem sie dem »Seid nett zu den Nachbarn«-Club ihrer Stadt beitreten. Und dann gibt es noch die versprengten Trüppchen, die ihn mit Duftkerzen herbeiwehen lassen wollen. Jeder von ihnen hat sich auf seine Art entschieden.
    Und du? Du bist mit deinem »Weltfrieden« noch keinen Zentimeter aus der Deckung gekommen. Was genau wirst du tun? Welche Entscheidung wirst du treffen? Bomben, Duftkerzen oder doch etwas ganz anderes? Vielleicht meinst du aber auch, dass es wichtiger für dich ist, dich erst mal um deine Firma zu kümmern. Oder um deine Gesundheit. Oder um deine Familie. Dann war das Ziel »Weltfrieden« ein bisschen zu weit von dir entfernt. Macht nichts. Ich denke, das geht 99,99 Prozent der Menschen auf diesem Planeten so. Du musst kein Dag Hammarskjöld sein. Und auch nicht Gandhi. Du musst nur herausfinden, was dir wirklich, wirklich wichtig ist. Zur Beantwortung dieser Frage gehört schon ein bisschen mehr, als einen der in der Erdumlaufbahn befindlichen Gemeinplätze zu kapern.
    Also: Das Ruder herumreißen und dem Credo folgen: Ich muss Visionen haben. Schritt für Schritt einem Fernziel näher kommen. Alles, was auf dieses Ziel einzahlt, ist wichtig. Alles andere nicht.
    Klingt vielversprechend.
    Aber so funktioniert es nicht.
Katerstimmung am Morgen
    Die Neujahrsansprache des Bundespräsidenten geht zu Herzen und lässt dich innehalten. »Ach, man müsste …« und »Stimmt, ich wollte ja eigentlich …« Sie gibt vielleicht auch einmal einen »Ruck« und gute Vorsätze gibt es gratis dazu. »Ja, ich werde mich mehr in die Gemeinschaft einbringen, mich um das Gemeinwohl kümmern.« Neujahrsansprachen sind wichtig. Sie bringen das, was eine Gesellschaft bewegt, auf den Punkt und stärken das Wir-Gefühl.
    Aber was ist am 2. Januar? Hat so eine Ansprache wirklich irgendeine Auswirkung? Können Visionen etwas bewegen? Es kommt darauf an, ob sie alltagstauglich sind oder nicht.
    Die meisten sind es nicht.
    Der 2. Januar ist der Aschermittwoch der Visionen.
    Es gibt kaum ein Unternehmen, das nicht eine Vision auf seiner Website offeriert. »Visionen sollen den Weg in eine verheißungsvolle Zukunft weisen, Kräfte bündeln und Mitarbeiter motivieren«, sagt Hugo Kerr, Ordinarius des Münchner Lehrstuhls für Psychologie. Ein guter Plan, aber leider geht er nur in den seltensten Fällen auf. 2011 hat Kerr die Visionen einiger DAX-Unternehmen, also der größten und umsatzstärksten an der Frankfurter Börse gelisteten Firmen, untersucht. Fast alle haben den Realitäts-Check nicht bestanden.
    Was soll man sich auch unter der Vision der Deutschen Telekom vorstellen? »Als führendes Dienstleistungsunternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologie-Industrie verbinden wir die Gesellschaft für eine bessere Zukunft.« Abgesehen davon, dass man eine Gesellschaft nicht verbinden kann – das ist doch viel zu abstrakt! Und

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