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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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Leben wetterunabhängig Höhe und kommst genau dort hin, wohin du willst. Einen kleinen Haken hat die Sache allerdings: So wie dem Motorflieger immer wieder der Sprit ausgeht und er runter muss, um nachzutanken, so ist es auch für dich, wenn du dein Leben im Motorflieger-Modus lebst, sehr energieraubend und anstrengend, wolltest du jede Kleinigkeit im Leben aktiv entscheiden. Auch dir würde dann schnell der Saft ausgehen. Warum nicht beides gleichzeitig haben?
    Es ist also gut, wenn du dich in manchen Dingen des Lebens auf Glaubenssätze verlassen kannst.
    Und so sind wir bei der dritten Möglichkeit: Du kannst dich in einen Motorsegler setzen. In ihm kannst du mit ausgeschaltetem Motor energiesparend Aufwinde nutzen. Das spart Kraft für die wirklich wichtigen Entscheidungen. Und wenn es nicht richtig weitergeht, fliegst du mit Propellerantrieb zum nächsten Hang, wo die Thermik wieder greift. In einem Motorsegler bist du ein Lebenskünstler, der sich im Energiespar-Modus Glaubenssätze zunutze machen kann, aber jederzeit in der Lage ist zu entscheiden, wieder den Motor anzuwerfen, um ganz andere Landschaften von oben anzuschauen.
    Ob Motorflugzeug oder Motorsegler – Geschmacksache. Was aber gar nicht geht, ist, sein gesamtes Leben wie ein Segelflieger anzugehen: ohne Antrieb.
    Solche Leute lassen sich hängen, hoffen wie Aschenputtel auf den Prinzen, der sie holen kommt. »Irgendwann wird einer schon noch sehen, was alles in mir steckt!« Für sie ist jede Vom-Tellerwäscherzum-Millionär-Geschichte reines Labsal. Denn sie sehen nicht die gewaltige Anstrengung, die hinter so einer Vita steht, sondern sie nehmen sie als ein Versprechen, dass irgendein glückliches Geschick – eine günstige Thermik – sie irgendwann schon in die richtige Höhe ziehen wird.
    Mit einem YouTube-Video zum Millionär, ohne einen Finger dafür rühren zu müssen – klar, das gibt es. Aber rechne nicht damit! Da kannst du gleich Lotto spielen. Das mach ich manchmal auch. Ich hab einmal 23 Euro gewonnen, fand ich klasse. Wenn aber die Ziehung der Lottozahlen zum Highlight der Woche wird, dann stimmt etwas nicht. Dann ist dein Antrieb, selbst etwas zu bewegen, flöten gegangen. Was geblieben ist, ist die müßige Hoffnung, dass irgendetwas kommt, das dich bewegt. Der Mann, der an deiner Tür klingelt, um dir deinen Traumjob anzubieten, ein Lottogewinn, ein Partner, der dich mit durchs Leben zieht, der Staat, der dich unterstützt.
    Wenn du damit zufrieden bist, dass etwas dich bewegt, und du nicht mehr den Willen hast, dich selbst zu bewegen, dann ist dein Leben im Gleitflug. Wenn du dann noch nicht einmal mehr Ausschau hältst nach einem Aufwind, sondern darauf wartest, dass die Thermik
dich
findet, dann ist aus dem Gleitflug ein reiner Sinkflug geworden. Dann kannst du dir ausrechnen, wann du auf dem Boden aufschlägst.

TEIL 2
     
Harte Landung

KAPITEL 5
Nieten: Warum das Unwichtige am wichtigsten ist
    »Keiner kann alles.« THEODOR FONTANE
     
    Die Lockheed Tristar der Eastern Airlines war noch nicht einmal ein halbes Jahr alt. Aber im Landeanflug auf Miami kurz vor Mitternacht trat ein technisches Problem auf. Das viereckige grüne Kontrolllämpchen, das das Einrasten des ausgefahrenen Bugrades anzeigen sollte, blieb dunkel. Auch ein zweiter Versuch ließ es nicht aufleuchten. Der Check der Kontrollleuchten ergab, dass sie alle funktionierten – nur eines nicht: das der Bugfahrwerkskontrolle. Also war es kaputt. Trotzdem: War das Bugrad nun draußen oder nicht? Sicher waren sich die Piloten Robert Loft und John Stockstill und der Flugingenieur Donald Repo nicht. Sie konnten das Risiko nicht eingehen, eine Bauchlandung zu machen.
    Also brachen sie den Landeanflug ab, gingen von unter 1000 Fuß wieder zurück auf 2000 Fuß in eine Warteschleife. Loft schaltete auf Autopilot, damit sie sich um das Problem kümmern konnten. Erst versuchte Repo, von hinten über Stockstill gebeugt, die beiden kleinen Glühbirnchen der daumennagelgroßen Warnleuchte auszuwechseln. Dann übernahm Stockstill, der als Copilot am nächsten dran war, die Aufgabe. Loft gab Ratschläge dazu: »… Ich glaub nicht, dass das so funktioniert. Du musst das noch um ein Viertel nach links drehen.« Und Stockstill darauf: »Hat einer von euch ein Taschentuch oder so was? Ich krieg das Ding nicht zu fassen.« Jetzt hatten sich die Lämpchen auch noch verkantet.
    Loft fluchte ungeduldig: »Zur Hölle damit!« Und nach hinten zu Repo gewandt: »Geh runter und schau

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