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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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musst das sogar immer und immer wieder tun. Immer wieder herausfinden, ob das, was du tust, immer noch up to date mit deinen aktuellen Prioritäten ist.
Wildwuchs
    Um Klarheit zu schaffen, führst du ein Zeittagebuch. Vielleicht eine Woche lang oder auch zehn Tage. Du trägst ein, was du am Tag tust, mit wem du zusammen bist, wie viel Zeit du unterwegs bist usw. Am Ende dieser Zeitspanne hast du eine Übersicht darüber, womit du deine Tage verbringst. Wenn du dir die einzelnen Posten auf deinem Zeitkalender anschaust, wirst du einige Aha-Erlebnisse haben. »Was, so viel Zeit sitze ich im Auto?« Oder: »Na, da kommt mein Lebenspartner ja nicht sehr gut weg.«
    Aber das ist nur ein erster Schritt! Denn jetzt kommt die Mutter aller Checklisten zum Einsatz. Anhand von vier Fragen erfährst du, ob die Zeit, die du in die einzelnen Tätigkeiten investierst, der Priorität, die du ihnen gibst, auch angemessen ist. Die Antworten auf diese Fragen zeigen dir, ob du deine Zeit mit Unwichtigem verplemperst. Wie bei einer Rasterfahndung sortierst du all die Tätigkeiten aus, die für dich eigentlich gar nicht wichtig sind. Diese Fragen helfen dir dabei, den Ballast über Bord zu werfen und das Wichtige auf Deck festzuzurren.
    Du schaust auf einen Eintrag, zum Beispiel, dass du am Freitagabend um 18.30 Uhr eine Stunde lang den Rasen gemäht hast.
Die erste Frage lautet: Warum jetzt?
    Was wäre passiert, wenn du den Rasen nicht diesen Freitag, sondern erst nächste Woche gestutzt hättest? Darauf gibt es natürlich keine allgemeingültige Antwort. Der eine sagt: »Lieber würde ich sterben, als dass der Rasen nicht jederzeit topgepflegt aussieht. Vielleicht hätte ich ihn gleich auch noch wässern und düngen sollen. Und die Rasenkanten sind auch nicht mehr genau auf 90 Grad.« Und ein anderer meint: »Hmm, eigentlich hätte ich auch eine Woche später mit dem Mäher drübergehen können. In den paar Tagen wäre er schon nicht zum Urwald geworden.«
    Du siehst: Es gibt kein Richtig und auch kein Falsch in der Beantwortung der Frage »Warum jetzt?«. Es gibt nur für jeden einzelnen Menschen die eine richtige Antwort.
    Was tust du, wenn dein bester Freund nach einem Unfall auf der Intensivstation liegt und keiner aus seiner Familie erreichbar ist? Dann sagst du nicht: »Och, ich geh irgendwann mal in den nächsten Tagen bei ihm vorbei.« Dann lässt du sofort alles stehen und liegen und schaust nach dem Rechten. Ob er alles hat, ob seine Versorgung optimal ist. Das ist es, was in dem Moment wichtiger als alles andere ist. Alles andere, den Arzttermin, auf den du drei Monate gewartet hast, das superwichtige Meeting, den Hochzeitstag, kannst du dann vergessen.
    Wenn du eine bestimmte Tätigkeit genauso gut auch morgen, nächste Woche oder auch in einem Jahr machen könntest, ist sie dann wirklich wichtig? Jetzt im Moment?
    Oder es gibt keine Alternative. Dann ist es wichtig.
    Aber Achtung! Manche Dinge haben die Fähigkeit, sich unglaublich aufzublasen. Wie ein riesengroßer Popanz tanzen sie vor deiner Nase herum, verstellen dir die Aussicht und kreischen nach deiner ungeteilten Aufmerksamkeit. Aber wenn du in sie mit einer Nadel hineinstichst, dann macht es nur leise »Puff«, und von der ganzen Super-Wichtigkeit ist nur noch ein bisschen heiße Luft übrig.
    Ich weiß noch, wie ich einmal vom Finanzamt die Aufforderung bekam, endlich meine Steuererklärung abzugeben. Es hörte sich so an, als würde ich zumindest geteert und gefedert und anschließend auch noch gevierteilt werden, sollte ich der Aufforderung nicht umgehend nachkommen. Es war also dringend, die Quittungen aus der Schublade zu holen und mich einen Nachmittag hinzusetzen, alles zu sortieren und endlich sämtliche Unterlagen beim Steuerberater abzugeben – keine Frage. Aber es war nicht wichtig. Denn eine Steuererklärung hilft mir überhaupt nicht dabei, gute und bestbezahlte Trainings zu machen und im Anschluss neue Aufträge zu bekommen. Sie hilft mir nicht dabei, das zu erreichen, was für mich ganz weit oben auf der Prioritätenliste steht.
    Glaub mir, die Welt geht nicht unter, wenn du deine Steuererklärung nicht machst. Wenn du angestellt bist, sowieso nicht, dann geht dir im schlimmsten Fall vielleicht eine Rückzahlung flöten. Und wenn du selbstständig bist, dann wird kein Zorn Gottes das Menschengeschlecht vernichten, nur weil du ein bisschen spät dran bist. Ein Brief vom Finanzamt ist doch kein Bannstrahl! Ich habe damals also meine Zeit wie geplant

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