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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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mich. »Wir können das, wir schaffen das. Und nachher lachen wir drüber, du wirst schon sehen.«
    »Hoffentlich«, seufze ich.
    Wir stehen vor dem fünfstöckigen Verwaltungsgebäude der Vampirrepublik Deutschland. Es ist ein schäbiger Betonklotz aus den 1950er-Jahren mit blinden Fenstern, dem die Abgase der Nord-Süd-Fahrt eine schmierig-graue Patina verliehen haben. Neben der schweren Stahltür hängt ein bronzenes Schild mit einem bunten Wappen drauf.

    »VRD«, liest Vivian. »Ich glaube, hier sind wir richtig.«
    Sie öffnet die schwere Eingangstür. In einem Glaskasten sitzt ein hagerer Pförtner, der mit seiner Halbglatze und den langen weißblonden Haaren fast aussieht wie der Butler Riff-Raff aus der Rocky Horror Picture Show . Nur als fossile Version. Denn er hockt wie versteinert da, grüßt weder noch beachtet er uns, ja, er schaut noch nicht mal auf unsere Vorladung. Ohne jede sichtbare Bewegung aktiviert er eine rote Leuchtdiode, die uns das Zimmer anzeigt, in dem wir uns melden müssen. Raum 309. Über den beigegrauen Linoleumboden laufen wir durch lange Gänge, von denen links und rechts Türen abgehen, deren stumpfe grüne Farbe langsam abblättert. Kein Geräusch ist zu hören, kein Klappern vom Aufschlagen eines Aktenordners, kein Telefonklingeln oder Rauschen eines Kopierers. Vereinzelte an die Wände gepappte Poster von Mystery-Filmen und Vampirveranstaltungen versuchen der allgemeinen Trostlosigkeit Paroli zu bieten, doch sie verstärken eher noch das Gefühl, dass hier der Verdruss ein despotisches Regime führt. Unglaublich, dass in diesem Gebäude die Räder der Republik am Laufen gehalten werden. Wir steigen eine Treppe hoch und erreichen endlich Zimmer 309. »Gemeinschaftsdienst« steht auf einem Schild neben der Tür. Wir stoßen unsere rechten Fäuste aneinander, um uns Mut zu machen, und klopfen. Die Tür öffnet sich, ohne dass die Klinke heruntergedrückt wurde, und gibt den Blick frei auf ein ganz normales Büro der westlichen Hemisphäre. Zwei Frauen an Schreibtischen, Computer,
Telefone, Aktenablage. Nichts deutet darauf hin, dass es sich hier um ein Vampirbüro handelt.
    »Ausweise«, fordert die Dame am rechten Tisch.
    Ich schätze sie auf ungefähr dreißig Jahre und ihrem langen Haar mit dem Mittelscheitel zufolge auf einen Todestag Anfang der 1970er. Sie sieht ein bisschen aus wie eine schwer anämische Cher. Sie hat die schwärzesten Augenringe, die ich je gesehen habe. Wir geben ihr unsere Pässe, und sie geht damit zu einem Aktenschrank nach hinten.
    »Ich wette, der Make-up-Trend zu Smokey Eyes wurde von einem Vampir erfunden«, flüstert Vivian mir zu, und das Lachen kitzelt mich augenblicklich im Hals.
    »Das sind nicht Smokey Eyes, das ist Heroine Look«, raune ich zurück. Vivian fängt an zu giggeln.
    Cher kommt zurück. »Ihnen wird das Lachen schon vergehen«, sagt sie gleichmütig. »Wie ich sehe, sind Sie beim Höllenfürsten eingeteilt.«
    Ups. Das klingt gar nicht gut.
    »Dann kommen Sie mal mit.« Cher eilt vor uns her. Durch Flure, diverse Türen und über Treppen laufen wir ihr kreuz und quer durch das Gebäude hinterher, bis ich komplett die Orientierung verloren habe. »Das Gebäude ist 1951 von der Kölner Stadtverwaltung erbaut und einige Jahre später vom VRD aufgekauft worden«, erklärt Cher. »Es ist im Grunde noch im Originalzustand, außer dass die Fenster zugenagelt worden sind. Und die Toilettenräume als Abstellkammern genutzt werden.«
    »Aha«, sage ich. Mehr fällt mir dazu auch wirklich nicht ein. Unsere Führung endet schließlich vor einem
Büro, dessen schalldicht gepolsterte Tür mit braunem Leder überzogen ist. »Sicherheitsministerium« steht ganz oben auf dem Schild und darunter: »Vampirpolizei Leitung«. Jetzt bekomme ich es richtig mit der Angst. Wenn es das ist, was ich denke, dann sind wir im Arsch. Jeder, und ich meine absolut jeder im Land weiß, wer der Sicherheitsminister und Chef der Vampirpolizei ist. Kasimir Ture. Oder wie Vivian und ich ihn nennen: Uteschnute. Aber das tun wir auch nur, wenn wir schön in unseren vier Wänden sitzen und über ihn und sein hartes Durchgreifen in der Zeitung lesen. Dann lassen sich Sachen wie »Was macht denn Uteschnute wieder für einen Quatsch?« leicht sagen. Aber wenn wir wieder von einer neuen Hinrichtungswelle für notorische Steuerhinterzieher, Quotenmissachter und andere Gesetzesbrecher lesen, dann bleibt uns jeder Scherz im Halse stecken. Und jetzt sollen wir ihm also

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