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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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gegenübertreten. Und für ihn arbeiten. Wie hatte Cher ihn genannt? Höllenfürst.
    Mein Mund ist trocken, und ich fühle mich plötzlich hämatokritisch. Das sagen Vivian und ich, wenn wir Blutdurst haben. Jetzt ein schöner kalter Blut-Smoothie aus dieser neuen Wellness-Linie, das wäre es. Da gibt es neuerdings welche aus Kaninchenblut, die mit Baldrian gefüttert wurden. Soll angeblich total beruhigend wirken. Vielleicht ist ja nur seine Sekretärin da, hoffe ich gerade, doch da geht auch schon die Tür auf, und er steht direkt vor uns.
    Der erste Begriff, der mir in den Sinn kommt, ist: eckig. Er ist gut eins neunzig groß und hat Schultern, die wie die Quasten einer Generalsuniform abstehen - und das
ohne jegliche Achtzigerjahre-Polsterung. Sein Schädel ist kantig und hat viel Stirn, obwohl er nicht kahl ist. Im Gegenteil: Das braune kurze Haar erreicht fast die Dichte eines handgeknüpften persischen Teppichs. Die Nase hat einen beachtlichen Höcker, und die Augen liegen tief in den Höhlen. Sie haben die Farbe einer Regenpfütze, in der sich der Abendhimmel spiegelt. Sie schimmern metallisch, doch wenn man genau hinschaut, sieht man das dunkle Blau dahinter. Sein Mund sieht aus wie ein umgedrehtes U. Kein Wunder, dass man ihn den Höllenfürst nennt.
    Er mustert uns ausdruckslos. Dann brüllt er auf einmal die arme Cher an, die bei jedem Wort weiter in sich zusammensinkt. »Das soll meine neue persönliche Assistentin sein?«, schreit er. »Die taugt nichts, das sieht man doch von weitem.«
    Er will uns die Tür vor der Nase zudonnern, da fährt Vivian ihn an: »Was wissen Sie denn schon?«
    Er hält einen Moment inne. Zieht eine Augenbraue hoch und bleckt die Zähne. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Er geht nah an Vivian heran. Sein hervorstechendes Kinn stößt fast an ihre Stirn, doch sie weicht nicht zurück. Er sähe vielleicht nicht schlecht aus, wenn er nicht so unerbittlich und unnahbar wirken würde, einfach schreckenerregend.
    »So, was haben Sie denn zu bieten an besonderen Fähigkeiten?«, fragt er gespielt liebenswürdig, doch seine Stimme ist kalt wie der eisige Nordwind, der über das Polarmeer fegt.
    »Ich bin zufällig Juristin«, faucht Vivian.

    »Ach was«, sagt Kasimir Ture.
    »Oder soll ich lieber Kaffee kochen?«, fragt Vivian frech. Sein Mund verzieht sich zu einem spöttischen Grinsen. Er dreht sich um. Doch er lässt die Bürotür auf, kommt kurz darauf wieder und wirft Vivian einen Stapel Akten zu. »Na dann, zeigen Sie mal, was Sie drauf haben.«
    Vivian dreht sich zu mir um und lächelt tapfer. »Also dann, bis später.«
    Ich folge Cher weiter in einen anderen Gebäudetrakt. »Oberste Verwaltungsstelle« heißt die Abteilung.
    »Hier ist Ihr Arbeitsplatz.« Cher zeigt auf ein Büro, wartet aber gar nicht, bis ich eingetreten bin, sondern dreht sich schnell um und flieht förmlich. Schlimmer als beim Höllenfürst wird es wohl nicht sein, denke ich und klopfe.
    Das Büro ist sehr groß. Vorne ist eine Art Tresen, darauf steht das Namensschild von Walburga Heimlich. Ich trete näher und sage leise: »Guten Abend.«
    »Momentchen«, sagt Walburga Heimlich und tippt in Windeseile irgendwas auf ihrem Computer.
    Ach du jemine, denke ich, es hat sie noch übler erwischt als mich. Denn Walburga Heimlich hat eine Margret-Thatcher-Gedächtnisfrisur, ein zementierter Berg Haare in Mopedhelmform. Und sie hatte offensichtlich nicht gerade eine erfolgreiche Diät hinter sich gebracht, als sie Vampir wurde. Denn sie ist fett wie eine Tonne.
    »Sind Sie jetzt fertig?«, fragt sie mich plötzlich.
    »Äh, womit?«
    »Tun Sie nicht so unschuldig. Ich hab das gehört mit der Frisur. Und mit meiner Figur.«

    »Können Sie …?«
    »Ja. Gedanken lesen.« Sie grinst mich überheblich an. »Was meinen Sie, warum ich die rechte Hand des Chefs bin?«
    La la la, Leni, denk nicht nach. Denk an nichts. Denk an Schokolade. Verdammt, warum habe ich keine Superkräfte?
    »Jeder bekommt das, was er verdient«, sagt sie, tippt auf eine Gegensprechanlage und kündigt mich bei ihrem Chef an. Ein leises Stimmchen antwortet, dass ich reinkommen solle. »Ludwig Kowarsch begrüßt alle seine neuen Mitarbeiter gerne persönlich. Er wird Sie dann in Ihre Abteilung bringen«, sagt sie und schickt mich ins Chefbüro.
    Ludwig Kowarsch steht auf, als ich reinkomme. Er ist klein und dick und unheimlich bleich, und er trägt einen sehr hellen Anzug. Seine Haare sind nicht richtig weiß, eher staubblond. Er wirkt

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