Huebsch in alle Ewigkeit Roman
aus ihr gewichen, so dass sie noch nicht mal meine Beschimpfung aus der Totenstarre reißt.
»Ach, vergiss es«, sage ich.
Der fiese Brunner beobachtet mich und scheint zu überlegen, ob er bei mir auch mal zum Zuge kommen kann. Igitt! Ein Trittbrettgrapscher. Der soll sich wagen, mir zu nahe zu kommen, dann mache ich Frikassee aus ihm. Wenn mich einer begrapscht, dann nur der Oberboss, gegen den ich nichts ausrichten kann, aber nicht so ein Lutscher! In meiner Wut hacke ich, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, auf den Computer ein und suche mir die Datei »Canterbury, Eleonore« raus. Und stoße auf eine interessante Entdeckung.
Ich kann es kaum erwarten, das Vivian zu erzählen. Aber in dieser Nacht wartet sie nicht wie sonst am Ausgang. Ich überlege, ob ich den versteinerten Pförtner bitten soll, mal auf ihrem Hausapparat anzurufen. Aber er verzieht keine Miene, als ich ihn anspreche, und deswegen kann ich auch nicht herausfinden, was aus ihr geworden ist. Da ich im Moment nichts anderes tun kann, gehe ich nach Hause und beruhige mich damit, dass sie sicher einfach nur Überstunden machen muss.
Auf dem Nachhauseweg wundere ich mich über ein merkwürdiges rhythmisches Knacken in der Luft, das ich mal lauter, mal leiser höre. Was ist das für ein komisches Geräusch? Ist mir vorher noch nie aufgefallen. Fast wie Morsezeichen. Na ja. Muss ich mal Vivi fragen. Wenn sie denn von ihrer Schicht zurückkommt. Ich bin froh, dass Winter ist und die Nächte so lang sind. Es ist erst halb sechs, und damit noch anderthalb Stunden bis Sonnenaufgang, der einen tiefen, traumlosen Schlaf mit sich bringt. Ich vertreibe mir die Zeit mit den diversen Homeshopping-Kanälen. Auf Blood-Shop-TV gibt es in der Sendung Hedwig & Hermann wieder interessante Sachen. Hedwig ist eine bleiche Gothic-Tante mit toupiertem schwarzen Haar und Hermann ein weißer haarloser Eierkopf, der an ein Nachtgespenst erinnert. Die beiden stellen immer neueste Errungenschaften für den Vampir von heute vor, wie zum Beispiel Beißpuppen, die täuschend echt nach Mensch aussehen. Man kann in einen Gummibehälter Tierblut einfüllen und dann in den Silikonhals beißen und so seine Mahlzeit aufpeppen. Da gibt es die Puppe Gretel (ein Blondschopf mit schamhaft geröteten Wangen), den Wüterich (ein schreiender Mann mit einem dicken Hals, auf dem die Adern weit hervortreten) und den Jogger (ein hübscher, keuchender Kerl mit sehr gesunder Gesichtsfarbe). So einen Schnickschnack würde ich mir aber natürlich nie kaufen. Jedenfalls nicht zum normalen Preis. Wenn die Puppen runtergesetzt wären, dann vielleicht schon. Ich meine, sie sind auf jeden Fall eine nützliche Sache. So könnte ich wenigstens mal Beißen üben. Schließlich will ich ja auch irgendwann mal
meine Vampirjungfräulichkeit verlieren. Aber eigentlich bin ich ganz erleichtert, dass mich kein Supersonderpreis oder Winterrabatt zum Kauf einer Beißpuppe zwingt. Und auch das nächste Produkt sieht auf den ersten Blick nicht so aus, als ob ich es kaufen müsste.
»Das hier ist das neueste Modell des Bat-Detektors«, prahlt Hedwig gelangweilt und hält ein Gerät hoch, das aussieht wie ein MP3-Player.
Ich will schon umschalten, weil mich so technisches Gerät eigentlich nie interessiert, doch da sagt Hermann: »Ja, Hedwig, mit diesem Bat-Detektor kannst du Fledermäuse hören!«
»Nein!«, ruft Hedwig scheinbar überrascht. »Wie geht das denn?«
»Ja, Hedwig, die Ultraschallrufe der Fledermäuse können Vampire wie du und ich normalerweise nicht wahrnehmen, aber mit dem Bat-Detektor werden die Schallwellen umgewandelt - und dann können sogar wir die Fledermäuse hören! Ist das nicht unglaublich, Hedwig?«
»Ja, Hermann, das ist unglaublich! Zeig mal, wie das geht.«
Dann sieht man Hermann in einer Höhle voller Fledermäuse, er schaltet das Gerät an - und jetzt weiß ich, was ich draußen vorhin für ein Knacken gehört habe. Das waren Fledermäuse! Ich wundere mich gerade, warum ich die überhaupt hören konnte - ganz ohne Bat-Detektor -, da geht die Tür auf, und Vivian kommt rein.
»Da bist du wieder, was für ein Glück«, rufe ich, als sie sich erschöpft aufs Sofa fallen lässt.
Sie schüttelt den Kopf. »Das kann man wohl laut sagen. Das war vielleicht was! Uteschnute hat …«
»Ede muss aus Gut Strigoi ausziehen, weil Elli ihn enterbt hat«, platzt es aus mir heraus.
»Was?«, fragt Vivian. »Aber wem vererbt sie es dann?«
»Rate!« Ich schaue sie triumphierend
Weitere Kostenlose Bücher