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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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tantenhafte Gesundheit. Gliederschmerzen, übles Aufstoßen und seltsames Nässen an problematischen Stellen begleiteten seine Übungen, und einmal soll er sogar beim Kreuzheben in Ohnmacht gefallen sein, weil seine Halsmuskeln die Blutversorgung zum Gehirn abgedrückt hatten. Mir schien er sowieso nicht sonderlich gut durchblutet zu sein.
    Mein Problem hingegen bestand darin, dass ich zwar gut gelaunt war, aber keine sichtbaren Veränderungen an mir beobachten konnte. Ich sah genauso aus wie vorher. Rundrücken, Hohlkreuz, abstehender Hintern. Nicht, dass ich hier einen von Grund auf verbeulten Reifen aufpumpte und nachher den kräftigsten Rundrücken, das stärkste Hohlkreuz und den muskulösesten abstehenden Hintern der ganzen Stadt hatte. Aber egal: Ich war voller Energie und hatte vor ein paar Tagen sogar mit dem Fahrrad einen fetten Bremsstreifen in den Parkweg gebremst, was ich vor ungefähr vierunddreißig Jahren das letzte Mal getan hatte. Ich lief leichter die Treppen hoch und hatte mir einen Powerball gekauft, um meine Handkraft zu stärken. Leider war ich ohne Beschäftigung und hatte keinerlei Gelegenheit, jemandem auf meine neue, zupackende Art die Hand zu schütteln, obwohl ich schon mal kurz überlegt hatte, Dorit abends per Handschlag zu begrüßen.
     
    Als ich nach dem Training an den Counter kam, stand Nancy dahinter und warf sich ein Gummibärchen in den Mund. «Sie essen ja keine Gummibärchen!», meinte sie und zeigte mir etwas, was ich als eine freche Schnute bezeichnet hätte, wenn ich imstande gewesen wäre, mein eigener Onkel zu sein. «Doch, doch, ich mag Gummibärchen ganz gern», sagte ich schlapp, «aber ich bin zu dick.»
    «Sie sind nicht dick. Sie stehen falsch.»
    Ich hievte mich auf einen der Hocker am Tresen, packte kraftlos meine Sporttasche auf den Nachbarhocker und reichte ihr den Spindschlüssel rüber. «Kennt Reiner Calmund deine Theorie?»
    «Na ja. Ihr Becken ist nach hinten gekippt.»
    «Das ist alles? Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Dann kippe ich mein Becken wieder nach vorn und melde mich hier ab.»
    Nancy tänzelte mit dem Schlüssel zum Schlüsselbrett und tauschte ihn gegen meine Karte aus. «Das geht nicht», sagte sie fröhlich. Sie hielt mir die Karte hin und zog sie auf Zack zurück, als ich gerade danach greifen wollte. «Ihr Becken hat Angst.»
    Ich erkenne eine Wahrheit sofort, wenn sie sich offenbart. Das Einzige, was diese Wahrheit schwerer annehmbar machte als andere, war die Tatsache, dass Nancy heute unter ihrem weißen T-Shirt deutlich sichtbar ein Oberteil in Leopardenfelloptik trug und nach der Leopardenfellunterwäsche-Logik das Unterteil genauso aussehen musste. Ich kannte die Wahrheit in Kitteln und Uniformen, aber noch nie hatte sie mir in Leopardenfellunterwäsche gegenübergestanden.
    Ich merkte, dass Nancys Blick meinem Blick gefolgt war, und ich nutzte diese Sekunde, um mir meine Karte aus ihren Fingerspitzen zurückzuholen. Ich erinnerte mich an den Eiertritt von Rikki Schroedel. Möglicherweise war mein Becken wirklich traumatisiert. Aber ich wollte kein offenes Buch sein, in dem junge Menschen ohne jede Lebenserfahrung im Vorbeigehen so ein bisschen herumlesen. Ich versuchte, meine Stimme tief und satt klingen zu lassen, wie die eines Mannes, dessen Becken sich vor rein gar nichts fürchtet. Aber es klang mehr schief als höhnisch. «Wovor soll mein Becken denn Angst haben?»
    «Keine Ahnung. Ich kenne Sie noch nicht lange genug. Ihr Becken speichert jedenfalls Angst.»
    Das wurde ja immer schöner. Jetzt war mein Becken auchnoch ein Angstspeicher. Hatte die Natur gut eingerichtet, für schlechte Zeiten wahrscheinlich, falls es mal weit und breit nix zum Sichängstigen gab. Liebe Wahrheit in Leopardenfellunterwäsche, das musst du mir dann doch mal näher erklären! «Ja, wie denn das?»
    Nancy federte aus den Knien in die Höhe und wuppte ihr eigenes Becken grazil auf den Tresen, als ertrüge die folgende Auskunft keine Barriere zwischen uns. Sie drehte sich zu mir ein, lehnte sich vor und sah mich mit ihren Schokoladenaugen an. «Ihr Becken hat nicht Angst vor irgendwas Konkretem. So ist das nicht. Aber, wenn Sie ein guter Junge waren   …»
    «Ich war ein guter Junge», sagte ich und schluckte den Kloß in meiner Kehle hinunter. Es war, als würde ich an einem Sarg stehen. Sie war mir schon wieder zu nahe gekommen.
    «…   dann haben Sie vielleicht Signale der Angst empfangen, unbewusst, von außen», sie äugte in der

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