Hühner Voodoo (German Edition)
Judith war so selbstlos!
«Also, wenn ich mal etwas für dich tun kann …»
«Ich werde es dich wissen lassen. Nun kümmer dich um Ewa. Ich sehe noch mal kurz nach Herrn Ackermann.» Judith zögerte etwas, dann fragte sie: «Sag mal, er ist in der letzten Zeit sehr guter Laune. Weißt du, wieso?»
«Ich bin nicht ganz sicher, aber als ich vor ein paar Tagen in seinem Büro war, telefonierte er. Privat. Er sagte: ‹Aber gerne doch. Sushi also. Bis später, Britta. Ich freue mich.› Ich glaube, er hat eine neue Freundin.»
«Ist nicht wahr!», rief Judith erschüttert.
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NEUN
Frederick Ackermann war tatsächlich rundum gut gelaunt. Und das lag an Britta. Er hatte eine Britta-Sucht entwickelt. Er musste sie sehen. Täglich. Er fühlte sich leicht und beschwingt in ihrer Nähe. Er erwischte sich sogar dabei, wie er leise vor sich hin pfiff, wenn er an sie dachte. Er pfiff eigentlich nie. Er konnte gar nicht pfeifen. Also, natürlich konnte er pfeifen, aber es klang eher unmelodisch, wie er aus den schmerzlich verzerrten Gesichtern der Leute um ihn herum ablesen konnte.
Nach seiner ersten Begegnung mit Britta hatte er bei der Friedhofsgärtnerei einen großen Strauß weiße Lilien gekauft, die Blumen auf Sandras Grab gelegt und sich von ihr verabschiedet. Er war bereit, ein neues Kapitel in seinem Leben aufzuschlagen.
Am nächsten Tag war er wieder zu Flower Power gegangen und hatte gehofft, Frau Mertens nicht anzutreffen. Seine Chancen standen gut, denn üblicherweise war sie am späten Vormittag und über die Mittagszeit unterwegs, um ihre exklusiven Kunden zu betreuen. Die Betreuung bestand darin, dass sie deren Häuser wöchentlich mit frischen Blumen und Arrangements ausstattete, dabei saisonale und innenarchitektonische Aspekte berücksichtigte, die floralen Kunstwerke an exponierten Stellen platzierte und ein wenig Smalltalk mit der Dame des Hauses betrieb. Diese blumentechnische Rundumbetreuung war ein sehr kostspieliger Service, aber in den besseren Kreisen war es Mode geworden, sich eine Floristin zu halten.
Der schicke Flower-Power -Lieferwagen stand nicht vor dem Geschäft, also konnte er davon ausgehen, dass «die Luft rein war».
Britta lächelte ihn an, als hätte sie ihn erwartet. Das ersparte ihm die Erklärung, wieso er gekommen war. Er hatte sich bereits Gedanken darüber gemacht, war aber zu keiner Lösung gekommen. Was tat ein Mann in einem Blumenladen? Außer einer Frau Blumen zu kaufen. Aber er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass er für eine Frau Blumen kaufte. Britta sollte nicht denken, dass es eine Frau in seinem Leben gab. Warum er das nicht wollte, wusste er selbst nicht so genau. Er hatte eine vage Ahnung, aber er wollte es sich nicht eingestehen. Er könnte für sich selbst Blumen kaufen. Aber das fand er unmännlich.
Doch es war gar nicht nötig, irgendetwas zu erklären, denn als Britta ihn sah, begrüßte sie ihn mit: «Ich hab mir gerade was zu essen geholt. Möchten Sie mitessen?» Ganz selbstverständlich. Ohne «Hallo» oder «Was kann ich für Sie tun» oder «Nett, Sie wiederzusehen», so als wären sie verabredet. Waren sie? Nein. Daran hätte er sich erinnert.
«Ja oder nein?», fragte sie, nachdem er nicht antwortete.
«Ja», sagte er, obwohl er keinen Hunger hatte. Aber er war nicht in der Lage, Brittas Angebot zu verneinen. So fröhlich und gut gelaunt, wie sie ihn anlächelte, hätte er auf keine Frage nein sagen können. Selbst wenn sie ihn gefragt hätte, ob er Interesse an einer Zahnwurzelbehandlung habe.
Sie saß auf einem Barhocker hinter der Theke, nahm einen Donut aus einer Tüte, brach ihn in zwei Teile und hielt ihm einen Teil hin. Er nahm ihn aus Reflex.
«Ist das Ihr Mittagessen?»
«Ja.»
«Haben Sie keine Mittagspause, in der Sie richtig essen gehen?»
«Ich esse meist im Laden. Die Chefin ist erst nachmittags wieder da, und Rosi, meine Kollegin, trifft sich mit einer Freundin zum Mittagessen. Ich halte hier die Stellung.»
Er nickte.
«Außerdem wollte ich Sie nicht verpassen.»
«Ach. Wieso … Woher wussten Sie, dass ich komme?»
«Ich hatte doch gesagt: ‹Ich hoffe, Sie kommen wieder›, und Sie haben ‹Ja› gesagt.»
Frederick war fasziniert, wie unkompliziert Britta die Dinge sah.
Sie hatte inzwischen ihre Hälfte aufgefuttert und deutete auf den halben Donut in seiner Hand: «Essen Sie den noch?»
Er schüttelte den Kopf.
«Dann nehme ich ihn.»
Und obwohl sie ihn nicht danach fragte, lieferte er
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