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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hortense Ullrich
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Bekanntenkreis, aus dem sich durch ihre Empfehlung der neue Kundenstamm von Luna Madison rekrutierte. Kein erlesener Kreis, was natürlich keine Überraschung war, aber doch interessant genug, um Gwendolyns Aufmerksamkeit für einige Zeit zu fesseln. Zumal Candys Freunde willig waren, sich zunächst einem psychologischen Gespräch zu unterziehen und sich anschließend per Hühner Voodoo beraten zu lassen. Und dafür zu bezahlen.
    Als Candy bei ihrem ersten Besuch Gwendolyns Behandlungszimmer betreten hatte, hatte sie auf das Buch gedeutet und gefragt: «Ist das ein Hühner-Voodoo-Buch?»
    Gwendolyn hatte diesen Vorschlag sehr gerne aufgegriffen. «Ja.»
    «Da steht ‹Chronik der Familie Ackermann› drauf.»
    Oh, die Blondine konnte lesen.
    «Das ist zur Tarnung. Über viele Jahrhunderte hinweg war Hühner Voodoo verboten. Familienchroniken jedoch nicht. Dieses Buch ist das Vermächtnis eines sehr einflussreichen und überaus begabten Hühner-Voodoo-Priesters, der hier all sein Wissen und seine Praktiken niedergeschrieben hat.»
    Candy war beeindruckt.
    Fortan wurde die Chronik in den Behandlungsablauf integriert. Gwendolyn ließ die Patienten von ihren Problemen berichten, und wenn es ihr langweilig wurde und sie das Gespräch nicht weiter fortsetzen wollte, stoppte sie, nahm die Chronik, schlug eine Seite auf, tat, als läse sie, sah schließlich über ihre Brille hinweg ihren Patienten an und sagte: «Sie haben Glück. Ihr Problem kann per Hühner Voodoo behandelt werden. Meine Kollegin wird das übernehmen.»
    Dann war Bernadette dran.
    Sie waren inzwischen ein eingespieltes Team, der Ablauf funktionierte reibungslos.
    Gwendolyn hatte einen Schwung bemalter Hühnerknochen auf dem Buch aufgestapelt, um die Schrift auf dem Einband zu verdecken. Die Hühnerknochen gaben dem Ganzen auch ein gewisses Flair, und es hatte den Vorteil, dass Gwendolyn ihren Patienten, bevor sie sie zu Bernadette schickte, auch noch einen der bemalten Hühnerknochen verkaufen konnte. Inzwischen hatte sie diese Nebeneinnahme noch weiter spezifiziert und individualisiert, je nach Problem verkaufte sie zum Beispiel Anti-Falten-Knochen, Diät-Durchhalte-Knochen, Knochen, die vor Insektenstichen und Hundebissen schützen sollten, sie scheute auch nicht davor zurück, Hühnerknochen gegen Laktose-Intoleranz zu verkaufen. Erstaunlicherweise bekam sie viele positive Rückmeldungen, was ihr bewies: Der Glaube versetzt Berge.

    Aufmerksam und konzentriert sah Gwendolyn nun in die Familienchronik und blickte schließlich über ihre Brille hinweg ihren Patienten an. Es war Ronny, ein Freund von Candy, Imbissbudenbesitzer, der sich fragte, ob er wohl sein Sortiment um Nackensteaks erweitern sollte. Gwendolyn hatte ihm alle möglichen Fragen gestellt, sachliche, wie Lage und Umsatz, Kundschaft und Sortiment, schließlich persönliche, nach Eltern und Kindheit, Freunden und Hobbys, aber da Ronny nur sehr einsilbig antwortete und sich kein interessantes Gespräch entwickeln wollte, entschied sie, ihn Bernadette zu überlassen. Er war einfach kein interessanter Mann, und er hatte kein interessantes Problem.
    «Nackensteaks. Hm. Das ist eine schwere Entscheidung. Unser Buch empfiehlt, das Orakel zu Rate zu ziehen.» Sie stand auf. «Wenn Sie mir bitte folgen würden.» Sie ging in die Diele, sprich Wartezimmer, öffnete die Tür zu Bernadettes Voodoo-Zimmer und winkte Ronny hinein.
    Bernadette war nicht da.
    «Nehmen Sie doch bitte hier Platz, ich hole unsere Spezialistin.»
    Sie ging, dem Duft nach frischgebackenem Kuchen folgend, in die Küche. Bernadette schnitt gerade ein Stück vom noch warmen Marmorkuchen ab.
    «Du solltest doch nicht backen während unserer Bürozeiten. Das riecht ja hier wie bei Muttern. Es soll nach Voodoo riechen. Mach Räucherstäbchen an. Und nun los: Du hast Kundschaft.»
    «Was, schon? Er war doch höchstens zehn Minuten bei dir.»
    «Er ist ein Langweiler. Ich hab kein Interesse mehr.»
    Bernadette war hin- und hergerissen zwischen dem Stück Kuchen, das sie gerade essen wollte, und ihrer Aufgabe als Hühner-Voodoo-Spezialistin.
    «Zieh die Schürze aus und geh zu ihm», drängelte Gwendolyn.
    Bernadette stand immer noch unschlüssig da.
    «Nun mach schon, lass ihn nicht so lange warten.»
    Gwendolyn ging wieder in ihr Zimmer, ließ die Tür zum Wartezimmer offen und begann im Internet nach einer Wohnung für Britta zu suchen.
    Sie hatte heute Morgen mit ihrer Nichte gefrühstückt und die Chance genutzt, sie darauf

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