Hühner Voodoo (German Edition)
Gewürzen wegzuwerfen.
Alle drei waren sehr still. Sie trennten sich schweigend und verließen die Stätte ihrer fragwürdigen Aktion.
Als sie zur Eingangstür gingen, fiel Gwendolyn auf, dass die Tür leicht offen war. Sie hatten sie wohl beim Reinkommen nicht korrekt geschlossen. Gut. Das machte aus dem wunderlichen Wind einen ganz normalen Durchzug.
Als sie auf der Straße standen, seufzte Bernadette glücklich: «Das war unser erstes offizielles Hühner Voodoo.»
Als Frederick am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich bleiern und etwas taub. Nicht gehörtechnisch taub. Gliedmaßentechnisch. Er hoffte, es war, als Folge ihrer nächtlichen Aktion, eine schlichte Übermüdung. Und nicht etwa eine Nebenwirkung der Fluch-Übertragung. Sollte er sich jetzt nicht leichter fühlen? Er sah auf die Uhr. In der Empfangshalle befand sich noch das Modell. Er hatte gestern Abend zwei seiner Sargträger herbestellt, damit sie das Modell für ihn von der Wohnung runter in die Eingangshalle trugen, und die beiden gebeten, heute früh wiederzukommen, um das Modell zu entsorgen, bevor seine Angestellten kamen. Frau Herzog von Wohlrath hatte ihm dringend ans Herz gelegt, sein Beerdigungs-Puppenhaus für immer aus dem Verkehr zu ziehen, denn man musste davon ausgehen, dass, wenn es einen Fluch gab und die Fluch-Übertragung funktioniert hatte, dieses Modell nun kontaminiert sei.
Schweren Herzens hatte er sich entschieden, es einäschern zu lassen.
Daher hatte er die beiden Sargträger beauftragt, es heute früh zum Krematorium zu bringen.
Wie würde es nun mit Britta weitergehen? Gwendolyn hatte ihm verboten, mit Britta Kontakt aufzunehmen, bis sie eine Methode gefunden hatte, zu überprüfen, ob die Übertragung des Fluchs auch erfolgreich war. Der naheliegende Test schied aus. Obwohl Frederick kurz der Gedanke durch den Kopf huschte, Judith Wie-hieß-sie-noch? einen Antrag zu machen.
Ernst Lehmann kam heute eine Stunde früher zur Arbeit, weil er vorhatte, eine lange Mittagspause zu machen, denn Ewas Mutter war zu Besuch, und Ewa wollte ihn ihr vorstellen. Er war sehr aufgeregt. Es war so etwas wie ein Antrittsbesuch. Vom Urteil ihrer Mutter hing Ernsts Lebensglück ab. Ewa hatte ihm erklärt, dass der Mann, den sie heiraten wollte, Gnade vor den Augen ihrer Mutter finden müsste. Nun gut, so hatte sie es nicht gesagt, Ernst hatte es so für sich übersetzt. Genau genommen sagte Ewa: «Wenn Mama sagen Mann nix gut. Dann Mann nix gut.»
Also musste er den besten Eindruck seines Lebens machen. Und wenn Ewas Mutter ja sagen würde, würde Ewa auch ja sagen.
Als er in die Empfangshalle kam, waren zwei der Sargträger, die sie gelegentlich engagierten, gerade damit beschäftigt, ein Modell des Bestattungsinstitutes auf einer Sackkarre den Gang entlangzutransportieren.
Es zeigte sich, dass Ernst doch über Temperament verfügte und zu mehr als Ein-Satz-Äußerungen fähig war. Er schoss auf das Modell zu und rief: «Grundgütiger! Das ist ja ganz hervorragend! Was für eine exzellente Arbeit! Nicht zu fassen. Es ist maßstabsgetreu angefertigt. Alle Details stimmen hundertprozentig. Wo soll das aufgestellt werden?»
«Gar nicht. Das wird entsorgt.»
«Entsorgt? Was soll das heißen?»
«Das geht ins Krematorium.»
Ernst war außer sich. «Was? Weiß der Chef davon?»
«Der hat’s angeordnet.»
«Aber wieso?»
«Er will es loswerden. Er räumt wohl die Wohnung oben leer.»
«Das ist eine Sünde!»
Ernst stellte sich den beiden energisch in den Weg. Er würde dieses Modell vor dem Flammentod retten.
«Nein, warten Sie.»
Er fingerte aufgeregt in seiner Jackentasche herum, bis er seine Geldbörse gefunden hatte, nahm zwei 20-Euro-Scheine heraus und hielt sie den beiden Männern hin.
«Bringen Sie das Modell in mein Büro.»
Die beiden sahen sich an, zuckten die Schultern, einer sagte: «Der Chef wollte es ja loswerden, also ist es egal.» Sein Kollege nickte, und sie schoben die Sackkarre in Ernsts Büro.
Ernst spürte pures Adrenalin in seinen Adern.
«Wohin?», fragte einer der Männer.
Ja, wohin? Ernst blickte sich um.
Auf dem Boden wollte er es nicht stehen lassen. Das Regal, auf dem seine anderen Modelle standen, war zu schmal und zu instabil. Blieb noch der große stählerne Aktenschrank. Er hatte zwar nicht ganz die Grundfläche des Modells, es würde darüber hinausragen, aber der Schrank würde das Gewicht des Modells tragen. Es wäre ja nur vorübergehend. Dieses Prachtstück würde er mit nach
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