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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hortense Ullrich
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schnell handeln. Und entschlossen. Sie würde Ernsts Heiratsantrag annehmen. Oder ihn dazu bringen, ihr einen neuen Antrag zu machen. Ja, das wäre eleganter. Aber Moment mal. Dann wäre sie ja ihr Leben lang an diesen Ernst gebunden. Ach, du grüne Neune. Nein, wirklich nicht. Na ja, musste sie ja auch nicht. Die Ehe mit ihrem früheren Mann dauerte ja auch nicht sehr lange. Jawohl, das war die Lösung. Was war dagegen einzuwenden, zum zweiten Mal Witwe zu werden? Sie musste Ernst nur an ihre Pilzomeletts gewöhnen, und wenn alles nach Plan lief, würde er gleich nach ihrer Hochzeit sein erster Kunde werden. Und sie wäre die alleinige Eigentümerin des Bestattungsinstituts Ackermann. Keine schlechte Wendung. Sie lächelte immer noch.
    «Ist Ernst noch hier?»
    «Ja. Er immer warten auf mich.»
    Judith stand auf und lächelte Ewa zuckersüß an. «Ich will Sie nicht von Ihrer Arbeit abhalten. Ich werde Ernst mal zu seiner Neuerwerbung gratulieren.»

    Ernst stand auf einem Stuhl vor seinem Aktenschrank, und da er sich in Sicherheit wähnte, hatte er das Tuch vom Modell zurückgeschlagen und untersuchte die liebevollen Details der Einrichtung.
    Das Mittagessen mit Ewa und ihrer Mutter war ohne unangenehme Vorkommnisse verlaufen. Ewas Mutter sprach kein Wort Deutsch. Ewa übersetzte. Doch zum ersten Mal beschlich Ernst das Gefühl, dass Ewas Deutschkenntnisse vielleicht für eine adäquate Übersetzung nicht ausreichend waren. Ernst hatte brav über seinen Familienstand, seine Einkommensverhältnisse und seine Religionszugehörigkeit Auskunft gegeben, doch ob er Mutter Lewandowski damit überzeugt hatte, wusste er nicht. Sie betrachtete ihn mürrisch, fast etwas feindselig und brummte gelegentlich, wenn Ewa wieder etwas übersetzt hatte. Als Ewa heute Nachmittag zur Arbeit erschien, erzählte sie ihm, dass ihre Mutter nun über ihn nachdenken und ihr vor ihrer Abreise ihre Entscheidung mitteilen würde. Ewa versicherte ihm, dass alles gut werden würde. Er hoffte es von Herzen.
    Als er hörte, dass die Tür geöffnet wurde, erwartete er Ewa und drehte sich um. Als er jedoch Judith sah, schlug er schnell das Tuch über das Modell. Es gelang ihm nur unvollständig, auf der Seite, die überstand, hing das Tuch lang herunter.
    «Hallo, Ernst», begrüßte sie ihn lächelnd.
    «Hallo, Judith», sagte er und spürte, wie ihm die Angst wieder in die Knochen kroch. Er drehte sich zu seinem Modell und griff nach der herabhängenden Seite des Tuchs, um sie darüberzulegen.
    «Lass das jetzt mal und komm vom Stuhl runter, wir müssen reden», befahl Judith.
    Da Ernst nicht sofort reagierte, ging Judith zum Aktenschrank, griff beherzt nach dem Ende des Tuchs und zog kräftig daran, um es Ernst aus der Hand zu reißen. Dieser Ruck führte dazu, dass das gesamte Modell auf der glatten Schrankoberfläche ein Stückchen weiter zur Seite rutschte. Es war gefährlich nahe daran, die Balance zu verlieren und vom Schrank zu fallen.
    Die Ankündigung, dass Judith mit ihm reden müsse, sowie ihr Tonfall verursachten blanke Panik bei Ernst. Er ließ das Tuch los, entschied aber, auf dem Stuhl zu bleiben. Die Höhe versprach ihm Sicherheit.
    «Worum geht es?», fragte er.
    «Um uns.»
    Er schluckte, sie lächelte. Ihr Lächeln glich dem einer Schlange, die kurz davor war, ihre Giftzähne in ihr Opfer zu schlagen. Gut, dass er auf dem Stuhl stand.
    «Ich hatte mir ja Bedenkzeit erbeten, und nun habe ich meine Entscheidung getroffen», säuselte sie und sah ihn kokett von unten an.
    Ernst geriet ins Schwitzen. Er hatte nicht den leisesten Schimmer, wovon Judith sprach.
    «Frag mich jetzt noch einmal», sagte sie lockend.
    «Was?»
    «Stell die Frage, die du mir schon einmal gestellt hast, die ich damals unbeantwortet gelassen hatte.»
    «Welche Frage?»
    Judith trat empört einen Schritt zurück.
    «Warum tust du mir das an, Ernst?»
    «Aber ich tu doch gar nichts!»
    «Genau das meine ich! Wieso tust du so, als sei nie etwas zwischen uns gewesen? Du wolltest mich heiraten!»
    «Ja, aber …»
    «Frag mich, ob ich dich heiraten will.»
    «Das kann ich nicht.»
    «Wieso? Du hast es doch schon einmal getan.»
    «Ja, aber jetzt … Inzwischen …»
    Judith trat wütend gegen den Stuhl, auf dem Ernst stand, er hielt sich panisch am Schrank fest. Was der Stabilität des Modells nicht guttat. Wieder rutschte es ein wenig mehr über die Kante des Schrankes.
    Ernst jammerte: «Es geht wirklich nicht, Judith. Es tut mir leid. Aber ich habe doch jetzt

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