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Hühner Voodoo (German Edition)

Hühner Voodoo (German Edition)

Titel: Hühner Voodoo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hortense Ullrich
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Ewa.»
    Judith tat völlig überrascht. «Was? Du hast eine andere?»
    «Aber du hattest doch selbst gesagt …»
    Judith ließ ihn nicht ausreden. «Erst machst du mir Hoffnungen, fragst mich, ob ich dich heiraten will, und dann wirfst du mich weg wie einen alten Schuh? Womit habe ich das verdient?»
    Sie entschied sich, bitterlich zu weinen. Sie blinzelte zwischendurch zu Ernst in die Höhe. Er stand immer noch ganz verdattert da.
    Sie sah ihn kläglich an und schluchzte: «Dann kannst du mir auch gleich einen Dolch ins Herz stoßen.»
    Judith schien dieser Gedanke zu gefallen. Sie sah sich um, nahm eine Schere von Ernsts Schreibtisch und hielt sie sich mit der Spitze gegen ihre Brust.
    «Wenn du mich jetzt nicht fragst, ob ich dich heiraten will, dann setze ich meinem elenden Dasein ein Ende!», rief sie theatralisch.
    Ernst überlegte fieberhaft. Auf eine solche Situation war er nicht vorbereitet. Vielleicht sollte er tun, was Judith von ihm forderte. Und wenn sie sich wieder beruhigt hatte, würde er sich Hilfe holen, und jemand musste Judith dann schonend beibringen, dass er lieber Ewa heiraten möchte.
    «Frag!», kreischte Judith in seine Überlegungen hinein und setzte die Spitze der Schere noch energischer in ihre Herzgegend.
    Ernst rief in Panik und überstürzt: «Judith, willst du mich heiraten?»
    Judith ließ ihre Hand mit der Schere sinken und sah Ernst triumphierend an. «Braver Junge. Und jetzt komm da runter.»
    Als Ernst nicht sofort reagierte, trat sie erneut gegen den Stuhl. Ernst hielt sich hektisch wieder am Schrank fest. Diese Erschütterung führte dazu, dass das Modell nun endgültig sein Gleichgewicht aufgab und in die Tiefe stürzte.
    Auf Judith.
    Es begrub sie unter sich.

[zur Inhaltsübersicht]
    ZWÖLF
    Die Trauerfeier für Judith statteten Frederick und Ernst gemeinsam aus. Aufwendig und liebevoll, da sie beide ein rabenschwarzes Gewissen hatten. Frederick, weil es sein Bestattungs-Puppenhaus war, das Judiths Tod herbeigeführt hatte, Ernst, weil er es auf den Schrank stellen ließ und nicht bedacht hatte, dass es beim Herunterfallen jemanden erschlagen könnte.
    Als sie die Gästeliste besprachen, stellte sich heraus, dass Judith nicht nur wenige, sondern gar keine Freunde hatte. Daher hatte Frederick auch noch zwei ältere Damen eingeladen, und er bat seine gesamte Belegschaft zum Leichenschmaus, der in diesem Fall Kaffee und Kuchen beinhaltete. Es hatte dadurch zwar den Charakter einer Betriebsfeier, aber wenigstens wirkte der Raum – er hatte sich für den kleinen Trauersaal im Haus entschieden – nicht so leer.
    Ewa konnte nicht teilnehmen, es war der Abreisetag ihrer Mutter, sie musste sie zum Bahnhof bringen. Sie würde später nachkommen. Mit dem endgültigen Urteilsspruch ihrer Mutter, ob Ernst die Ehre widerfahren würde, ihre Tochter zu ehelichen.

    «Ich bin Ihnen so dankbar, Herr Ackermann», sagte Ernst, als sie nach der Beerdigung im kleinen Trauersaal Platz genommen hatten. Er sagte es bereits zum siebten Mal. Genau genommen war es das Einzige, was er sagte, außer, dass er zwischendrin immer mal wieder aufstöhnte: «Ogottogott.»
    Ernsts Dankbarkeit bezog sich in erster Linie auf die Tatsache, dass Herr Ackermann keinen Aufstand gemacht hatte, als er erfuhr, dass Ernst die Einäscherung seines Bestattungs-Puppenhauses verhindert und es stattdessen in sein Büro hatte tragen lassen. Er hatte ihm nicht einmal einen Vorwurf gemacht. Im Gegenteil. Herr Ackermann schien fast noch mehr erschüttert als er selbst. Als er ihn völlig hysterisch geholt und in sein Büro gezerrt hatte, nachdem Judith von dem Modell erschlagen worden war, musste sich Herr Ackermann beim Anblick des Hauses setzen. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Und später, als der Notarzt den Tod bestätigte und die Polizei kein Fremdverschulden feststellen konnte, schien Herr Ackermann ebenso erleichtert darüber wie er. Allerdings bestand er darauf, dass dieses Modell nun in eine Kiste gepackt werden würde und auf der Stelle ins Krematorium wandern müsse. In Ermangelung einer Kiste entschieden sie sich für einen einfachen Kiefernsarg. Sehr schweren Herzens hatte Ernst genickt.

    «Ich gehe eigentlich nicht auf Beerdigungen. Ich treffe Leute lieber, wenn sie noch leben. Aber ich werde eine Ausnahme machen. Wir werden die genauen Umstände, die zum Tod geführt haben, erkunden müssen», hatte Gwendolyn zu Frederick gesagt, als er sie angerufen und gebeten hatte, zur Trauerfeier zu

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