Hühner Voodoo (German Edition)
fragte er hoffnungsvoll durch die Sprechanlage.
«Machen Sie auf, wir müssen reden.»
Er betätigte den Türöffner und wartete im Flur. Gwendolyn und Bernadette kamen die Treppe hoch, und Gwendolyn rief ihm schon von weitem zu: «Ich brauche einen Gegenstand, der für Sie wichtig ist. Etwas, das Sie sehr lieben, was Ihnen viel bedeutet, mit dem Sie eine innige Verbindung haben.»
Frederick sah Gwendolyn verständnislos an. Noch verständnisloser blickte er drein, als er gewahr wurde, dass Gwendolyn, gefolgt von einer anderen Frau, durch seine offene Wohnungstür trat und in seinem Wohnzimmer herumstehende Gegenstände inspizierte. Sie hob einen Füllfederhalter von Montblanc hoch.
«Wie ist es damit? Hängen Sie sehr daran?»
«Ja. Allerdings.» Mit Blick auf ihre Einkaufstasche sagte er sicherheitshalber: «Den können Sie nicht mitnehmen.»
«Himmel, ich will doch nichts mitnehmen! Was denken Sie sich denn!»
Gwendolyns Begleitung half aus. «Sie sucht nach etwas Persönlichem. Also, etwas für Sie sehr Persönlichem.» Da Frederick kein erhelltes Gesicht machte, fügte sie hinzu: «Es ist sehr wichtig!»
Frederick hatte das Bedürfnis, alles in geordnete Bahnen zu lenken. «Guten Tag, mein Name ist Frederick Ackermann.»
«Mein Name ist Luna Madison», lächelte Bernadette.
«Unsinn», rief Gwendolyn, die etwas angespannt war. «Ihr Name ist Bernadette Kunz!»
Bernadette zog ein beleidigtes Gesicht, Frederick legte die Stirn in Falten. Gwendolyn ignorierte beides und fragte Frederick: «Also, was gibt es hier, was für Sie einen hohen emotionalen Wert hat?»
«Worum geht es überhaupt?», erkundigte sich Frederick, der Gwendolyns Auftritt zunehmend verwirrend fand.
«Um Leben und Tod.»
Keine erhellende Antwort, schon gar nicht für einen Leichenbestatter.
«Wir brauchen einen Gegenstand, mit dem Sie eine persönliche Verbindung eingegangen sind», erläuterte Bernadette. «Etwas, das sie zum Beispiel tagtäglich benutzen.»
«Meinen Fernsehsessel?», bot er an.
Gwendolyn verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
«Der Eichenschrank in der Diele? Es ist ein Erbstück, ich hänge sehr daran.»
Gwendolyn war immer noch nicht zufrieden. «Geht’s vielleicht auch etwas kleiner? Handlicher?»
Fredericks Gesicht verriet, dass er keine Ahnung hatte, was sie von ihm wollte.
«Vielleicht etwas, womit Sie als Kind immer gespielt haben.»
Frederick kratzte sich ratlos am Kopf.
Bernadette half: «Ein Feuerwehrauto?»
«Hatte ich nicht.»
«Elektrische Eisenbahn?»
«Nein.»
«Einen Fußball?»
«Hab nie Fußball gespielt.»
Gwendolyn wurde ungeduldig. «Meine Güte, womit haben Sie sich als Kind denn beschäftigt?», fuhr sie ihn an.
«Mit meinem Bestattungsinstitut. Mein Vater hatte mir ein detailgetreues Modell dieses Hauses nachbauen lassen. In Puppenstubengröße. Kleine Särge, kleine Kränze, kleine Leichenwagen.»
«Das glaub ich ja nicht!», rief Gwendolyn begeistert.
Bernadette verteidigte Frederick: «Wieso denn nicht? Andere Kinder haben mit Puppenstuben oder Kaufmannsläden gespielt, er hatte eben ein kleines Bestattungsinstitut.»
Frederick nickte.
Gwendolyn nickte ebenfalls. «Ja, sag ich doch! Es ist perfekt!» Sie wandte sich an Frederick: «Und das war ihr Lieblingsspielzeug?»
«Es war mein Ein und Alles.»
«Sehr gut! Wo ist das Ding?»
«In der Wohnung meiner Tante.»
«Und wo wohnt Ihre Tante?»
«Sie ist im Seniorenheim.»
«Dann müssen wir jetzt Ihre Tante besuchen. Kommen Sie.»
Sie verließ wieder die Wohnung. Bernadette lief hinter ihr her. Frederick folgte den beiden und fragte: «Wieso besuchen wir meine Tante?»
«Weil wir das Modell brauchen.»
Er blieb vor der Wohnung stehen, in die um ein Haar Britta eingezogen wäre, und deutete auf die Tür. «Das steht hier drin.»
Gwendolyn sah ihn tadelnd an. «Und wieso wollten Sie dann jetzt mit uns ins Seniorenheim?»
«Aber …» Er brach ab und schloss stattdessen die Tür auf, betrat die Wohnung und deutete in der Diele auf ein Barockgebäude, das etwa die Größe einer Waschmaschine hatte und auf einem Tisch stand. «Das ist es.»
Als Gwendolyn und Bernadette das Modell sahen, schnappten sie fast synchron nach Luft. Frederick hatte nicht übertrieben, es war tatsächlich der exakte Nachbau des Hauses.
«Besser geht’s nicht!», rief Gwendolyn. Dann sah sie Frederick an und sagte spöttisch: «Damit haben Sie sich also als Kind die Zeit vertrieben?»
«Ja.» Frederick trat an das Modell heran,
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