Hühner Voodoo (German Edition)
bitte vorsichtig mit meinen Knochen. Ich brauche sie wieder», sagte Bernadette, als sie ihm die Tüte in die Hand drückte.
Er nickte gehorsam.
Dann gingen die beiden.
Auf dem Weg zum Palmyra fragte Bernadette: «Stand in der Anleitung wirklich was von meinen Hühnerknochen?»
«Nein, aber ich dachte, es wäre ein netter Touch.»
Als Gwendolyn und Bernadette kurz vor Mitternacht in die Eingangshalle des Bestattungsinstitutes zurückkehrten, lief Gwendolyn ein Schauer über den Rücken. Frederick hatte ihre Anweisungen befolgt. Es war gruseliger, als sie es sich vorgestellt hatte. Es war dunkel in der großen Eingangshalle. Nur die Kerzen brannten. Sie standen kreisförmig um das Modell herum und beleuchteten es auf unheimliche Art und Weise. Dumpfe Trommelmusik ließ die zierlichen Barockmöbel vibrieren. Gwendolyn spürte, wie die Vibration langsam auch ihren Körper erfasste, der Rhythmus der Trommeln schien ihren Herzschlag in denselben Rhythmus zu zwingen. Es brauchte ein paar tiefe Atemzüge und die Erinnerung, dass sie selbst diese Szenerie angeordnet hatte, bis sie ihr seelisches Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Bernadette sah sich begeistert um und rief: «Das ist so aufregend. So was sollten wir öfter machen.»
Frederick stand etwas blass daneben.
Gwendolyn straffte sich, schüttelte das Unbehagen ab und wurde ganz sachlich.
«Sind alle bereit?», fragte sie und sah auf die Uhr. «Mitternacht. Wir starten.» Sie zog ihr Smartphone hervor und rief die Website auf. Die Zeremonie konnte beginnen.
Theatralisch hob sie beide Arme, schielte dabei auf das Display in ihrer Hand und las vor: «We are gathered here today …»
Bernadette unterbrach sie. «Wieso sprichst du englisch? Ich kann nichts verstehen.»
«Die Website ist auf Englisch. Der Betreiber ist ein Jack LaRue aus New Orleans. Scheint die amerikanische Hochburg des Voodoo zu sein. Und jetzt unterbrich mich bitte nicht mehr.»
Sie begann von vorne. «We are gathered here today, to commence a ritual to free this man …» Sie stoppte kurz und fügte hinzu: «And this building … from a century old curse.» Der Text war schlecht zu lesen, sie ließ ihre Arme leicht sinken, um einen besseren Blick auf das Display zu haben. «We stand before you and beg most humble that you remove this spell. We offer you as a substitute this model. Hear our plea, o mighty …» Sie stoppte erneut, durchsuchte ihr Smartphone nach einem Namen, murmelte: «Verflixt, wie hieß die Kanaille? Ach ja, hier.» Sie hatte die entsprechende Seite gefunden, dann wurde ihre Stimme wieder offiziell, und sie fuhr fort: «Baron Samedi, ruler of the underworld and cemeteries.» An Bernadette und Frederick gewandt flüsterte sie: «Das ist einer von diesen Loas, den Voodoo-Göttern. Baron Samedi ist der Herr der Unterwelt und unter anderem für Friedhöfe zuständig, da dachte ich, das passt.»
Bernadette nickte mit vor Aufregung glänzenden Augen. Sie hatte ihre helle Freude an der Situation. Frederick war eher stoisch; sein unausgesprochener Zweifel an dieser Inszenierung war nicht zu verkennen.
Dann verstummte Gwendolyn, und sie standen einfach nur da und warteten ab. Als es Gwendolyn zu lange dauerte, checkte sie wieder ihr Smartphone. Doch das gab keine Auskunft darüber, wie lange man abwarten musste und woran man erkennen konnte, ob das Ritual beendet war oder nicht. Sie sah die beiden anderen an und zuckte die Schultern.
Dann flackerten die Kerzen, es schien, als sei ein leichter Wind aufgekommen. Was natürlich in einem geschlossenen Raum selten der Fall ist. Der Wind wurde stärker, so stark, dass er das Gewürzpulver aufwirbelte. Frederick, der dicht am Kreis stand, musste niesen.
«Uh», machte Bernadette und genoss die Gänsehaut, die ihr über den Rücken lief.
Gwendolyn hatte nun keine Lust mehr. Das ganze Brimborium war okay, aber diese Einlage mit dem Wind war ihr eine Nummer zu viel. Sie befahl Frederick, alle Kerzen auszublasen. Nachdem er das getan hatte, verkündete sie ins Dunkel hinein: «Das war’s.»
Frederick machte das Licht an, sammelte Bernadettes Hühnerknochen auf und gab sie ihr zurück. Bernadette drückte sie ehrfürchtig an sich. Für sie waren sie nun noch wertvoller geworden, schließlich waren sie Teil eines echten Voodoo-Rituals gewesen.
Gwendolyn widerstand dem Impuls, die noch nicht ganz heruntergebrannten Teelichter zwecks Weiterverwendung aufzusammeln. Sie überließ es Frederick, sie zusammen mit den aufgekehrten
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