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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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man es recht betrachtet, seid ihr also in Lebensgefahr gewesen?«
    »So könnte man es auch ausdrücken«, bestätigte Tobias gleichmütig. Dann fing er an zu lachen. »Sag mal, Jule, hast du eigentlich vor Angst gekotzt, oder weil dir bloß mal wieder schlecht geworden ist?« Er wandte sich an Tinchen. »Weißt du überhaupt, daß sie jedesmal seekrank wird, sobald es ein bißchen schaukelt? Bei jeder Tauchfahrt hat sie erst über der Reling gehangen, meist schon auf dem Hinweg. Aber zimperlich ist sie nicht. Vorhin hat sie mitten beim Wasserschöpfen den Eimer hingeschmissen, ›Wo ist Lee?‹ gebrüllt, kurz über die Reling gekotzt, und dann hat sie gleich weitergeeimert. Fand ich klasse!«
    Sosehr sich Julia über die anerkennenden Worte ihres Bruders freute, so sehr ärgerte sie sich auch. »Du bist ein altes Waschweib, Tobias. Viele Leute werden seekrank, aber sie hängen es nicht an die große Glocke.«
    Bis zum Dunkelwerden war das ganze Hotel über Julias Ausrutscher informiert, und als sie zum Abendessen in den Speisesaal getragen wurde, hatte Moses schon einen mit Decken gepolsterten Stuhl bereitgestellt. »Für dein Bein.«
    Die Mamba kam mit besorgter Miene, Schmerztabletten sowie der Zusicherung, man werde Joe für dieses Mißgeschick zur Verantwortung ziehen.
    »Was kann der denn dafür?« Tobias war empört. »Ohne ihn säßen wir bestimmt nicht hier. Wenn Sie dem was anhängen wollen, kriegen Sie es aber mit mir zu tun«, prophezeite er, ohne sich genau festzulegen, wie er seine Drohung verwirklichen werde. »Sorgen Sie lieber dafür, daß meine Schwester morgen unter einen Röntgenapparat kommt!«
    Das sei leider nicht möglich, antwortete die Mamba, denn erstens sei Sonnabend und zweitens Feiertag, da habe alles geschlossen. Und sonntags ginge es auch nicht, da seien keine Ärzte im Krankenhaus. Frühestens am Montag, aber sie werde sich darum kümmern, daß Julia gleich morgens drankäme. Fürs erste wünsche sie gute Besserung.
    »Die hat ja wohl einen an der Waffel«, sagte Tobias, nachdem die Mamba abgezogen war, »wo gibt es denn das, kein Notdienst in einem Krankenhaus?«
    Wie sich später herausstellte, hatte die Mamba den erstbesten Boy, der ihr über den Weg gelaufen war, mit dem Anruf beauftragt, und der wiederum hatte nur den Pförtner des Krankenhauses an der Strippe gehabt. Gemeinsam war man zu dem Schluß gekommen, die ganze Angelegenheit auf Montag zu verschieben, wenn der normale Betrieb wieder angelaufen sein würde. Das war am bequemsten. Erst als Herr Brunsli die Sache in die Hand nahm, zeichnete sich ein Erfolg ab. Gleich nach seiner Rückkehr war er zu Julia an den Tisch gekommen, hatte sein Bedauern ausgesprochen und dann mit ungläubiger Miene zugehört, was der aufgebrachte Tobias heraussprudelte. »Meine Schwester kann doch nicht drei Tage auf einen Röntgentermin warten«, schloß er.
    »Natürlich nicht«, sagte Herr Brunsli, »ich werde mich sofort selbst darum kümmern.«
    Wenig später kam er lauthals lachend zurück. »Da habe ich nun geglaubt, nach drei Jahren würde ich die Mentalität der Schwarzen kennen, aber es gibt immer wieder Überraschungen. Da hat mir der Eingeborene im Krankenhaus doch tatsächlich gesagt, daß sie leider nicht kommen könnten, weil der Röntgenapparat zum Transport zu schwer sei.« Dann wurde er sachlich. »Selbstverständlich können Sie morgen früh nach Mombasa, ich habe auch schon ein Taxi für acht Uhr bestellt, nur müssen Sie vorher rüber nach Kilifi und sich vom dortigen Arzt eine Überweisung holen. Der Amtsschimmel wiehert leider nicht nur in Europa. Der Taxifahrer weiß Bescheid, er spricht auch recht gut Englisch und ein bißchen Deutsch, Sie brauchen sich also um nichts zu kümmern.«
    Julia war beruhigt. Tinchen auch. Hätte sie gewußt, was ihr bevorstand, wäre sie es nicht gewesen.

    Kilifi ist eine Stadt. Eine Art Landeshauptstadt sogar mit ungefähr viertausend Einwohnern, einem großen Marktplatz, auf dem durchschnittlich ein Drittel der Bevölkerung den Tag verbringt, mit einem Polizeiposten, einer Autoreparaturwerkstatt, zwei kleinen Supermärkten und einem Hospital.
    »Warum können die mich denn nicht hier röntgen?« hatte Julia gefragt, als sie davon erfahren hatte. Beim Anblick des kleinen Flachbaus erübrigte sich eine Antwort. »So groß sind ja bei uns die Pförtnerlogen.«
    Aber noch waren sie gar nicht dort. Die maximal drei Kilometer Luftlinie waren nur auf dem Wasserweg zu überwinden, und dazu gab es

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