Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Das eine zeigte eine stürmende Elefantenherde, das andere einen Sonnenuntergang am Meer, sogar das Wasser war leuchtend orange. Als geographische Besonderheit hatte der Künstler im Hintergrund den Kilimandscharo auftauchen lassen. Deshalb habe sie das Bild ja auch ausgesucht, erklärte Miß Piggy, den Berg habe sie auf der Safari selber gesehen. Und billig seien die Gemälde gewesen, jedes nur vierhundertfünfzig Shilling. Und das für echt Öl.
»Du liebe Zeit«, hatte Backgammon gesagt, »da hat man Sie aber gewaltig übers Ohr gehauen. Der Schund ist nicht mal ein Drittel davon wert.«
Bis zum Abend hatte sich Muppets günstiger Einkauf herumgesprochen. »Anscheinend können sie ja doch reden«, sagte Florian, »ich hatte nämlich schon die Befürchtung, sie seien stumm. Morgen knöpfe ich sie mir mal vor.«
Er fand sie an ihrem Lieblingsplatz. Miß Piggy saß auf dem kaputten Boot, Blick aufs Meer gerichtet, Bika stand mit bis zum Knie hochgerollten Hosen am Wasser und grub mit den Zehen kleine Löcher in den Sand.
»Guten Morgen«, sagte Florian.
»Guten Morgen«, echoten die Muppets.
Wie fängt man mit Leuten, die offensichtlich gar keinen Wert darauf legten, ein Gespräch an? Normalerweise mit dem Wetter, nur war immer bloß Sonne eine wenig ergiebige Grundlage. Also kam er besser gleich zum Kern der Sache. »Ich habe erfahren, daß Sie die Flugsafari zum Amboseli-Park schon gemacht haben. Wir haben für nächste Woche gebucht, deshalb hätte ich ganz gern ein paar Tips von Ihnen gehabt. Was muß man mitnehmen, wie läuft die Safari überhaupt ab, wo übernachtet man und vor allen Dingen: Welche Tiere kann man denn sehen?«
Schon Sekunden später bereute er, jemals das Wort an Miß Piggy gerichtet zu haben. Er hatte eine Schleuse geöffnet!
»Ja, das is alles sähr scheen. Dr Fliescher waggelt ä bißchen, abr wir sind nich abgestürzd. De Landebahn is’ ziemlich schlecht. Un die Safari-Autos ham ooch gewaggeld. Abr erschtemol gings zum Hodel. Das is nadürlich sähr scheen. Un denn hammer den Schlüssel gegrischd, un des Essen war sähr gud. Un obends die Fudderstellen sind alle beleuchded, un morschens is der Berg da, der weiße, un der is nu wunderscheen. Un des Frühstügg is sähr, sähr gud. Un dann fährd man mit de Audos in’n Park, un da sind denn die Diere. Elefanden hammer gesähn und Andilopen. Und denn sind wir eene Schtunde immer hinder den Tiecher her, abr den hammer nick gesähn, bloß Gazellen und Affen. Un denn hammer gepiggniggt. Danach sind mer wieder los, der Tiecher war noch immer nich da, abr dr Löwe. Im Hodel hammer noch Gaffee bekommen, und denn sind mer zurüggeflogen. Dann hat’s ooch nich mähr so gewaggelt. Doch, es war scheen, nä, Harald?« – »Ja, Mamilein.«
Nur mit Mühe war Florian ernst geblieben. Was da in unverfälschtem Sächsisch heraussprudelte, hörte sich so unwiderstehlich komisch an, daß er vom Inhalt des Monologs kaum etwas mitbekam. Nur der Tiecher war bei ihm haftengeblieben, denn soviel er wußte, gab es in Kenia gar keine Tiger.
»Dann wird sie wohl einen Geparden gemeint haben«, vermutete Tobias, »die gibt es hier haufenweise. Und was hast du sonst noch rausgekriegt?«
»Daß alles sehr scheen war.« Es gelang Florian auch nicht annähernd, den Dialekt zu kopieren, aber der Versuch genügte schon, um mal wieder Frau Antonies Unwillen auf sich zu lenken. »Findest du es nicht etwas taktlos, die Sprechweise anderer Menschen ins Lächerliche zu ziehen? Wärest du zufällig in Dresden oder Leipzig geboren, würdest du genauso reden.«
»Wie du dich vielleicht erinnerst, liebe Schwiegermutter, stamme ich aus Tübingen, und trotzdem schwätz i koi Schwäbisch. Vorhin habe ich ja auch gar nicht gelacht, was mir verdammt schwergefallen ist, aber hier hören es die Muppets doch nicht. Übrigens, Tobias, dein Bika heißt Harald und Miß Piggy Mamilein.«
»Genauso sehen sie auch aus«, sagte Julia.
Teatime. Auf dem langen Tisch vor dem Speisesaal standen die beiden großen Thermokessel, einer mit kochendem Wasser gefüllt, der andere mit Kaffee. Äußerlich war kein Unterschied zu sehen, den Kaffeekessel erkannte man nur daran, daß der Hahn ständig tropfte und eine unappetitliche braune Brühe auf dem weißen Plastiktischtuch hinterließ. Neben den Kannen waren Tassen aufgereiht, mehrere Packungen Teebeutel, Zitronenscheiben, ein Suppenteller mit Zucker, eine Literkanne Milch. Wer zu den ersten in der sich Punkt vier Uhr bildenden
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