Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Arzt zur Seite, der taumelte gegen das Waschbecken, und dann waren sie auch schon auf dem Weg zur Tür.
»No, no, wait a moment, I do nothing, I will only see your leg.« Julia legte sich wieder, und Tinchen verfolgte mit Argusaugen, wie der Arzt die von Dr. Meierling angelegte Binde abwickelte. »Hm«, machte er, »you must have X-ray.«
»Das wissen wir inzwischen«, sagte Tinchen aufgebracht, »wir wollen ja auch nur eine Überweisung fürs Krankenhaus in Mombasa. We need a paper for the hospital, you understand?«
Natürlich hatte er verstanden, Herr Brunsli hatte ihn nicht umsonst genauestens informiert, doch so ohne weiteres kann man schließlich kein ärztliches Zertifikat ausstellen. Die Binde wurde wieder um das Bein gewickelt, dann begab sich der Herr Doktor an seinen Schreibtisch. Er räumte einige Reagenzgläser sowie eine gehäkelte Wollmütze zur Seite, erst dann öffnete er ein in schwarze Plastikfolie eingeschlagenes Journal. Ihm entnahm er ein loses weißes Blatt und knickte es in der Mitte, bevor er es mit einem Skalpell sorgfältig teilte. Die eine Hälfte schob er Tinchen zu. »Write your name, your address from Germany, the address from your hotel and the number of your Passport.«
Sicher für die Krankenkartei, dachte Tinchen, während sie schön leserlich in Druckbuchstaben die gewünschten Angaben aufs Papier malte. Sie gab den Bogen zurück, der Arzt setzte seinen Namen darunter, drückte einen Stempel drauf und noch einen, faltete den Zettel zusammen und reichte ihn Tinchen – »Now I get fourhundred shillings.«
»Vierzig Mark für diesen Wisch hier, den ich noch selber geschrieben habe? Das ist Wucher.« Zum Glück verstand der Arzt kein Deutsch, er nickte nur freundlich und wartete, bis Tinchen das Geld zusammengesucht hatte. Noch einmal öffnete er sein Journal, um den eingenommenen Betrag zu verbuchen. »Uns Touristen können sie ja schröpfen«, meinte sie grimmig, nachdem sie einen Blick auf die Buchhaltung geworfen hatte. 5 Ksh. standen da und 11 Ksh., einmal sogar 26 Ksh., aber eine dreistellige Summe hatte noch niemand bezahlen müssen.
Vielleicht waren dem Arzt doch Zweifel an der Höhe seines Honorars gekommen, denn er ging zu den in einem Regal aufgereihten Bonbongläsern und fing an, aus jedem Tabletten in ein Tütchen zu füllen: zwei rote, vier gelbe und vier weiße, wobei er dem aufmerksam lauschenden Moses die Indikation erklärte. Als sie endlich wieder im Taxi saßen und Julia über den Verwendungszweck der Pillen grübelte, meinte er nur lakonisch: »Wegschmeißen«. Wahrscheinlich liegen sie noch immer auf der Fähre, in der Ritze gleich hinter dem zweiten Eisenpfosten vorne rechts. Dorthin waren sie nämlich gerollt, als Julia sie ins Wasser werfen wollte.
Rein äußerlich unterschied sich das Hospital in Mombasa kaum von einem deutschen Kreiskrankenhaus. Es war weiß, nicht sehr groß und roch nach Desinfektionsmitteln. Moses hatte seinen Wagen im Halteverbot abgestellt, weil er da im Schatten stand, und war mit hineingekommen.
»Muß das denn sein?« hatte Julia geflüstert, doch Tinchen hatte nur auf die surrenden Ventilatoren gezeigt. »Wer weiß, wie lange das dauert, und hier ist es wenigstens kühl.«
Eine Schwester nahm sie in Empfang und bedeutete ihnen, zunächst einmal zur Kasse zu gehen und zu bezahlen.
»Wieviel denn, und wofür überhaupt? Es hat ja noch keiner was getan.«
Das interessierte die Schwester nicht. Erst müsse bezahlt werden, dann sähe man weiter.
Schweigend nahm Moses Tinchen den Geldschein aus der Hand und verschwand damit hinter einer Tür. Als er mit einem kleinen gelben Zettel und fünfundneunzig Shillingen Wechselgeld zurückkam, grinste er. »Besser ich bezahlen, Weiße müssen immer geben viel mehr.«
Dank der Einzahlungsquittung war Julia nun endlich Patient, um den man sich zu kümmern hatte. Das tat dieselbe Schwester, die sie eben noch so kurz abgefertigt hatte. Sie nahm die »Überweisung« entgegen, schaute kurz drauf und warf noch einen Blick auf Julias Bein: »It’s broken?«
»No«, sagte Tinchen, »maybe, something is wrong inside, maybe, it’s only … weißt du, was verstaucht auf englisch heißt? Nein? Na ja, wieso auch. Moses, was heißt verstaucht?«
Das wußte Moses auch nicht, aber wenigstens sprach er Suaheli. Die Schwester ebenfalls. Sie nickte mehrmals, dann führte sie Julia und Tinchen in den Röntgenraum.
»Ist das schön kühl hier!« Bereitwillig legte sich Julia auf den Tisch.
»You
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