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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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bist.« Zärtlich fuhr Tinchen ihrem Sohn durch die nassen Haare, doch der schüttelte nur unwillig ihre Hand ab. »Wieso Julia? Ich wollte das Brett zurückholen, schließlich gehört es Anja.«

    Das Herbstfest warf seine Schatten voraus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die große Terrasse vor dem Speisesaal lag im Schatten vieler Sonnenschirme, unter denen emsiges Treiben herrschte. Tische wurden aufgebaut, Blümchen dekoriert, Lichtergirlanden gezogen. Die anschließende Beleuchtungsprobe ergab zwei defekte Glühbirnen. Kellner Moses erstieg die Leiter, schraubte die Birnen heraus und reichte sie an Oberkellner Moses weiter. Der schüttelte sie kurz, nickte zustimmend, worauf Kellner Moses zwei neue holte. Sodann kletterte Oberkellner Moses auf die Leiter, ließ sich die beiden Birnen zureichen und befestigte sie. Derartig diffizile Aufgaben traute er seinen Untergebenen wohl nicht zu.
    Tinchen schmunzelte nur, als sie dieses Manöver beobachtete, doch sie hatte sich inzwischen daran gewöhnt, daß jeder Hotelangestellte seinen ganz bestimmten Aufgabenbereich hatte, und wehe, er überschritt ihn. Keinem gewöhnlichen Kellner war es gestattet, eine Wein- oder gar Sektflasche zu öffnen; er durfte sie an den Tisch bringen, aber das Privileg des Öffnens und Einschenkens war dem Oberkellner vorbehalten.
    »Irgendwie muß der ja seine Existenzberechtigung nachweisen«, hatte Karsten gesagt, »immer bloß rumstehen bringt ja auch kein Trinkgeld. Wißt ihr übrigens, daß der jeden Abend nach Dienstschluß abkassiert? Er paßt genau auf, welcher Kellner was kriegt, und den läßt er dann zur Ader. Neulich habe ich zufällig gesehen, wie er den kleinen Charles verdroschen hat, weil der wohl nicht genug herausrücken wollte. Am liebsten wäre ich dazwischengegangen, bloß hätte ich dann auch noch was abgekriegt.«
    Tinchen war auf dem Weg zum Suaheliunterricht. Als einzige der Familie hatte sie daran teilgenommen und war schon in der Lage, ihre Getränke in der Landessprache zu ordern oder Einheimische nach dem Weg zu fragen, sofern es sich um Ziele wie Bahnhof, Flugplatz oder Fähre handelte. Was Busstation hieß, hatte sie noch nicht gelernt, deshalb waren ihre Sprachkenntnisse in Mombasa auch so wenig hilfreich gewesen.
    »Wat denn, machen Se imma noch mit bei det Kauderwelsch?« Kasulke hatte die hektographierten Zettel in Tinchens Hand bemerkt. »Ick hab det ja ooch mal vasucht, aba ick mußte dauernd husten. Bei die Sprache kriege ick imma Knoten in meine Zunge. Jetzt weeß ick ooch, warum die Schwarzen alle so wulstije Lippen haben. Det kommt, weil se die Wörter imma so rauspusten müssen. Na, denn lernen Se mal schön.«
    Er wollte schon weitergehen, doch Tinchen hielt ihn zurück. »Was soll eigentlich dieser Auftrieb hier draußen? Gibt’s wieder Barbecue?«
    »Ach wat, viel schlimmer! African Food is anjesacht. Det janze Essen steht in jroße Steintöppe hier draußen, wat drin is, könn’ Se bei die schummerije Beleuchtung nich sehen, und wenn Se sich wat uff ’n Teller jeschaufelt hab’n, wissen Se nich, wat et is.«
    »Also Surpriseparty?«
    »Wat für ’ne Party?«
    »Überraschungsparty.«
    »Richtich, so kann man det ooch nennen.«
    Jim wartete schon, und mit ihm die vier Unentwegten, die noch übriggeblieben waren. Begonnen hatte der Kurs mit vierzehn Teilnehmern, nur waren die meisten wieder abgesprungen.
    »Jambo«, sagte Tinchen, und »Samahani«, was soviel wie Entschuldigung bedeutete.
    »Jambo«, antwortete Jim erfreut. Endlich mal eine Schülerin, die ihre Vokabeln auch wirklich gelernt hatte. »Dann fangen wir gleich einmal mit Ihnen an.« Er sprach ein fast einwandfreies Deutsch, ein ebenso gutes Englisch, und mit den Franzosen und Italienern konnte er sich auch recht ordentlich verständigen. »Sie sitzen im Castle-Hotel und bestellen Ihr Frühstück. Sie möchten Kaffee mit Milch und Zucker, Brot, Butter und zwei Eiern.«
    »Uff«, machte Tinchen. Sie überlegte aber nur kurz.
    »Nataka kahawa na maziwa na sukari, mkate, siagi e mbili mayai. Richtig?«
    »Richtig«, bestätigte Jim. »Aber der Kellner hat das Salz für die Eier vergessen.«
    »Nipatie chumvi, tafadhali«, sagte Tinchen prompt. Sogar an das »Bitte« hatte sie gedacht.
    »Sehr gut. Und jetzt wollen Sie bezahlen.«
    »Bei gani?«
    »Mia moja na kumi shillingi«, antwortete Jim.
    »Hundertzehn Shilling? Das ist zu mingi! Was heißt Wucherpreis auf Suaheli?«
    Dieses Wort gab es nicht. Nun sollte sie dem neugierigen Kellner

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