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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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habe, aber irgendwo auf dem Gelände gibt es violette Büsche.«
    »Bei meinem Glück wahrscheinlich vorne an der Schranke«, murrte Florian, ließ sich aber widerspruchslos aus der Tür schieben. Als er nach zehn Minuten zurückkam, hielt er einen ganzen Strauß in der Hand. »Ich habe von allem etwas abgerupft.« Lila war nicht dabei.
    »Na schön, nehme ich eben die Brosche.« Tinchen war Fatalist. »Weißt du, wo die sein könnte?« Natürlich wußte er es nicht, und so begann wieder einmal die ihm schon hinlänglich bekannte Wühlerei.
    »Warum findet man immer das, was man gerade nicht sucht?« Aus dem untersten Regalfach zog Tinchen eine zerdrückte Schachtel hervor. »Hier sind die Magentabletten.«
    »Die hätte ich vorige Woche gebraucht.«
    »Dann nimmst du jetzt einfach eine prophylaktisch, es gibt nämlich wieder Gegrilltes.«
    Die Brosche fand sich auch noch, und nachdem Tinchen sie befestigt und den zusammengedrehten Schal so um die Taille geschlungen hatte, daß er an der fraglichen Stelle fächerförmig auseinanderfiel, fand sie ihr Aussehen ganz passabel. »Wir können gehen.«
    Frau Antonie wartete bereits auf der Terrasse. Sie trug wieder grüne Seide. Tobias erschien etwas zerknittert. »Es wird Zeit, daß wir nach Hause kommen«, sagte Tinchen, »deine Hosen schreien förmlich nach einem Bügeleisen.«
    »Es kommt nicht auf die Hose an, Mami, sondern auf das Herz, das in ihr schlägt.«
    Die Freßorgie hatte schon begonnen. In großen bauchigen Steintöpfen, die ein bißchen wie Wasserkannen ohne Henkel aussahen, wurden die verschiedenen Gerichte warmgehalten. Aus jedem Topf ragte eine handgeschnitzte hölzerne Suppenkelle. Was man damit herausschaufelte, war beim besten Willen nicht zu erkennen, und die in suaheli beschrifteten Schilder davor wenig hilfreich. »Ist das nun Kohl oder Mango?« Mißtrauisch beroch Florian den Klecks Eintopf auf seinem Teller, erst dann kostete er davon. »Was es ist, weiß ich nicht, schmeckt aber gut.« Er nahm sich eine größere Portion.
    Tinchen rührte in einer dicklichen Flüssigkeit herum. »Wahrscheinlich muß man das irgendwo drüberkippen, aber was gehört drunter?«
    »Probier’s doch mal.«
    Sie tat es. »Scheint eine Art Kräutersoße zu sein«, meinte sie, »die würde gut zu Salat passen.«
    »Den gibt’s weiter vorne, Kartoffeln auch«, sagte Tobias. »Ihr müßt mal von dem Weißen aus dem Topf mit dem Mäandermuster nehmen. Das Zeug schmeckt sagenhaft.«
    »Was ist es denn?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Nacheinander probierten sie alle Töpfe durch. Aus jedem ein bißchen. Gegen manche Gerichte sträubte sich ihr Gaumen, andere wiederum ließen Tinchen bedauern, sich nicht mehr davon genommen zu haben. Wenn sie bloß wüßte, in welchem der vielen Töpfe dieses hervorragende Paprikagemüse gewesen war. Sehen konnte man ja nichts.
    Frau Antonie fand die offerierte Auswahl afrikanischer Spezialitäten zwar recht interessant, hielt sich jedoch vorzugsweise an gegrilltes Huhn und Fruchtsalat. »Da weiß man doch wenigstens, was man ißt.«
    Kaum hatten die letzten Nachzügler das Dessertbuffet dezimiert, als auch schon in einem für die Kellner höchst ungewöhnlichen Tempo die Überreste abgeräumt wurden. In Windeseile verschwanden Töpfe und Tische, und ebenso schnell bauten die Beach-Boys ihre Instrumente auf. Zur Feier des Tages hatten sie einen Solisten mitgebracht. Nein, keinen Sänger, den hatten sie schon. Er erfreute seine Zuhörer regelmäßig mit Darbietungen, die einst Louis Armstrong berühmt gemacht hatten, nur hatte er leider außer der Hautfarbe nichts mit Satchmo gemein. Wenn er die »Blueberry Hills« krächzte, klang es eher nach Luftröhrenkatarrh.
    Der neue Mann bei den Beach-Boys spielte Trompete. Im Gegensatz zu den anderen Instrumenten, die samt und sonders schon bessere Tage gesehen hatten, glänzte seins noch wie ein frischpolierter Spiegel, was Karsten sofort vermuten ließ, daß es sich um eine Neuerwerbung handeln müsse. »Wenn er so spielt, wie das Rohr funkelt, soll’s mir recht sein.«
    Diese Hoffnung mußte er aufgeben. Schon nach den ersten Tönen hielt sich Tinchen die Ohren zu. »Das ist ja grauenvoll!« Ausgerechnet an den »Spanish Eyes« versuchte sich der Künstler, blies die hohen Töne voll daneben und kam auch mit den unteren nicht so ganz klar. Karsten rief Moses an den Tisch. Der kam auch sofort, nahm grinsend die Bestellung entgegen und trabte ab. »Ich habe dem Trötenheini ein Bier spendiert.

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