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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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auf dem Hals hatte beziehungsweise eben nicht auf dem Hals hatte, weil sie garantiert mit dem Taucherteil herumziehen würde und er sie folglich im Auge behalten mußte, aber Babysitter spielen mit Anja als Gesellschaft war immer noch besser als ohne Anja durch den Busch zu latschen. Er zog das Klopapierpäckchen heraus.
    »Hier, Oma, die Uhr gibst du William mit einem schönen Gruß von mir.«
    »Das ist meine!« protestierte Karsten.
    »Das war deine, bis du sie mir geschenkt hast.«
    »Ich habe sie dir geliehen, weil du deine ja verscherbeln mußtest.«
    »Jetzt stell dich bloß nicht so an! Was willst du denn mit diesem antiquierten Gerät? Das bist du ja nicht mal bei den Andenkenheinis losgeworden.«
    »Als Spende für die Tombola vom Tennisklub hätte es allemal noch gereicht.«
    »Nun mach dich nicht lächerlich, Karsten«, mischte sich Florian ein. »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, jemand aus deinem versnobten Rolex-Verein würde das Ding da tragen? Irgendwann würde es ja doch im Mülleimer landen.«
    »Ich gebe mich geschlagen«, sagte Karsten lachend, »führen wir die Uhr also einem guten Zweck zu.« Er wickelte sie aus und prüfte sie von allen Seiten. »Sie sieht wirklich noch ganz neu aus, nicht mal ’ne Schramme auf ’m Glas.«
    »Woher auch? Ich hab sie ja bloß drei Tage lang benutzt.«
    Frau Antonie erhob sich. »Ich werde jetzt schnell die Sachen aus meinem Zimmer holen, dann können wir aufbrechen.«
    Mit drei vollen Plastiktüten kam sie zurück. »Gestern habe ich zusammen mit Herrn Dr. Meierling noch einige nützliche Dinge gekauft. Nachdem ich ihm von unserer Begegnung mit William und dem heutigen Besuch erzählt habe, hatte er darauf bestanden, auch etwas für diese Familie zu tun. Wir sind dann nach Kilifi in den Supermarkt gefahren.«
    »Finde ich nobel von ihm.« Neugierig öffnete Tinchen die Tüten. »Zucker, Reis, Nudeln, Fleischkonserven, Seife, sogar Zahnpasta – ob die das überhaupt benutzen? –, Kakao, Mehl … was ist denn das??? Irgendwie kommt mir das bekannt vor.« Aus einer kleineren Tüte zog sie eine lindgrüne Bluse heraus. »Das ist doch deine, Mutti?«
    »Ach, weißt du, Kind, ich habe sie nie gerne getragen, weil sich dieser Kunstfaserstoff so unbehaglich auf der Haut anfühlt. Vielleicht ist Williams Mutter weniger empfindlich.«
    »Bestimmt«, sagte Tobias. Dann erklärte er sich bereit, die Familie zum Bus zu begleiten. »Das ganze Zeug da« – er zeigte auf die Tüten – »dürfte ein ziemliches Gewicht haben.«
    Richtig interpretiert, bedeutete seine Bereitwilligkeit nichts anderes als: Ich will mich bloß überzeugen, daß ihr auch wirklich abgefahren seid.
    Ohne Widerspruch hatte sich Frau Antonie der Notwendigkeit gefügt, noch einmal den Hühnerbus zu benutzen. »Es wird ja nicht jeder unterwegs zusammenbrechen«, hatte sie gesagt, »dazu gibt es zu viele.« Ihre Großzügigkeit, mit der sie in der ersten Zeit sogar die Getränke zu den Mahlzeiten bezahlt oder auch mal kleinere Nebenkosten wie Ansichtskarten samt Briefmarken übernommen hatte, hatte merklich nachgelassen. Frau Antonie war schlichtweg pleite. Sie hatte sogar schon auf ihre Kreditkarte zurückgreifen müssen, die sie nur auf Ernst Pabsts Drängen »für alle Fälle« eingesteckt hatte.
    Diesmal dauerte die Fahrt nach Mombasa nur eine knappe Stunde. Lediglich in der letzten Kurve vor der Mautstation gab es einen kurzen Halt. Der Schaffner warf alle Fahrgäste, die das amtlich vorgeschriebene Limit an Stehplätzen überschritten, auf die Straße und sammelte sie nach bewährter Methode später wieder ein. Daß es zwei mehr geworden waren, hatte er gar nicht bemerkt.
    Ein glückliches Lächeln zog über Williams Gesicht, als er Frau Antonie beim Aussteigen behilflich war. So ganz richtig habe er nicht geglaubt, daß the dear old Lady wirklich kommen würde. Mary habe gesagt, die Weißen würden oft etwas versprechen, nur um freundlich zu sein, doch halten würden sie ihre Zusagen selten.
    »Not me.« Zufrieden musterte Frau Antonie ihren Schützling. Seine lange Hose mußte zwar aus den siebziger Jahren stammen, als man sie unten herum ganz weit trug, doch sie war sauber und frisch gebügelt. Das Hemd von Karsten hatte er angezogen und natürlich die grünen Schuhe, auf Hochglanz gewienert. Vermutlich unter Zuhilfenahme von Öl.
    Ob his friends noch shopping machen möchten oder ob man jetzt gleich in sein Dorf fahren solle, wollte er wissen. Sie entschieden sich für letzteres.

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