Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
belassen.« Und nach kurzem Zögern: »Müssen wir jetzt wirklich nach Mombasa? Ich habe überhaupt keine Lust.«
»Die hab ich auch nicht, aber wir können William nicht so enttäuschen. Der Junge steht bestimmt ab neun vor dem Gemüsemarkt und wartet auf uns. Außerdem würde Toni gar nicht zulassen, daß wir uns drücken. Die ist sowieso schon geladen.« Und dann erzählte er. Nicht in allen Einzelheiten natürlich, die waren ja auch gar nicht so wichtig, aber was er mit entsprechenden Randbemerkungen von sich gab, genügte schon, Tinchens Lachmuskeln zu strapazieren. »Du bist wirklich in meinem rosa T-Shirt mit den Blümchen vorne drauf durch das ganze Hotelgelände spaziert? Toni hat dich nicht zurückgepfiffen?«
»Die war viel zu sehr damit beschäftigt, sich auszumalen, in welchem Bett Julia wohl gelandet sein könnte.«
»Dann wird sie hoffentlich zufrieden gewesen sein, als du die Wasserratte bei ihr abgeliefert hast.«
Dazu äußerte sich Florian nicht. Soeben war ihm eingefallen, daß er über Julias Verbleib ja gar nichts wußte. Natürlich war das Taucherteil auch unter den Badenden gewesen, und ebenso natürlich hatte sich Julia meistens in seiner Nähe aufgehalten, aber war sie später auch wirklich nach Hause gekommen? Tobias! Er mußte sofort Tobias fragen! »Laß dir ruhig Zeit, Tine, ich gehe schon nach vorne. Was möchtest du zum Frühstück?«
»Zwanzig Tropfen Baldrian auf Würfelzucker.«
Frau Antonie saß bereits vor ihrer zweiten Tasse Kaffee. »Guten Morgen, Florian. Deine Tochter hat mir soeben erklärt, daß sie an unserem heutigen Ausflug nicht teilnehmen wird.«
»Und warum nicht?« Es war ihm völlig egal, ob Julia mitkam oder nicht, konnte er Frau Antonies mißbilligender Äußerung doch entnehmen, daß Julia den Rest der Nacht in Gesellschaft ihrer Großmutter verbracht hatte.
»Das Kind hustet«, kam es vorwurfsvoll. »Ich habe ja Verständnis für jugendlichen Übermut, und gegen eine kurze Erfrischung im Schwimmbecken wäre auch gar nichts einzuwenden gewesen, doch stundenlanges Baden ist selbst in diesen Breitengraden gefährlich. Ganz besonders nachts. Wenigstens Tobias hätte ich für vernünftiger gehalten.«
Florian mußte ihr beipflichten. Selbstverständlich habe er die Kinder ermahnt, mit der Planscherei nun endlich Schluß zu machen und ins Bett zu gehen, aber so lange habe er nicht warten wollen, er sei sich zwischen dem ganzen Jungvolk ohnehin schon wie ein Großvater vorgekommen. Frau Antonie verstand das sehr gut. »Ich habe Julia empfohlen, erst einmal im Bett zu bleiben.«
Die dachte aber gar nicht daran. Den vorgetäuschten Husten hatte sie als Vorwand genommen, sich um die Fahrt drücken zu können, und das war ihr auch großartig gelungen. Sobald die Sippe abgefahren sein würde, hatte sie einen ganzen Tag vor sich, an dem sie tun konnte, was sie wollte. Ohne Aufsicht!
Allerdings hatte sie nicht mit Tobias gerechnet. Der wollte nämlich auch nicht. Drei Tage nur noch bis zur Heimreise, und davon sollte er einen für diesen dämlichen Marsch durch den Busch opfern? Kam ja überhaupt nicht in Frage! Ohnehin sah ein Eingeborenendorf wie das andere aus, und ob William so großen Wert auf seine Anwesenheit legte, war fraglich. Der wollte Toni sehen und die Eltern, vielleicht auch noch Karsten, dem er die Schuhe verdankte, und die vier müßten als Familienabordnung eigentlich reichen. Jetzt mußte ihm nur noch eine plausible Ausrede einfallen.
Bevor er den Bungalow verließ, sah er sich noch kurz um. Meistens vergaß er etwas. Richtig, die Schulbücher. Na ja, die hatte er umsonst mitgeschleppt, Zeit zum Reingucken hatte er noch nicht erübrigen können. Die Uhr lag auch noch auf dem Tisch. Er wollte sie gerade überstreifen, als ihm etwas einfiel. Er lief noch mal ins Bad, zog zwei Meter Toilettenpapier von der Rolle und wickelte die Uhr sorgfältig darin ein. Dann steckte er sie in die Hosentasche.
Niemand wunderte sich, daß auch Tobias ein leichtes Frösteln verspürte, über Kopfschmerzen klagte und schließlich bedauernd meinte, es sei wohl besser, wenn er hierbleibe. Sollte es schlimmer werden, könne er sich wenigstens hinlegen.
»Sehr vernünftig, mein Junge«, sagte Frau Antonie, »dann ist auch Julia nicht ganz allein.«
»Wieso? Fährt die auch nicht mit?«
»Sie fühlt sich nicht wohl. Ihr habt euch sicher bei eurem nächtlichen Bad erkältet.«
Tobias ließ sie in dem Glauben. Es paßte ihm zwar gar nicht, daß er jetzt seine Schwester
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