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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Tobias’ Ansicht das Ehepaar Kurz bereits dem Greisenalter näherte, also mindestens die Sechzig überschritten hatte, mußte ihre Tochter zwangsläufig über dreißig sein und somit uninteressant. Die Bezeichnung Mädchen hatte man wohl in Verbindung mit dem Adjektiv »spät« zu verstehen.
    Am rechten Nebentisch saßen zwei Paare; ein gemischtes, er etwa Mitte Vierzig, sie zwanzig Jahre jünger, und zwei Jünglinge, die händchenhaltend ihren Salat gabelten. Einer war tief gebräunt und trug weiße Shorts nebst gleichfarbigem Shirt, der andere sah aus wie ein rosa Schweinchen und hatte wohl deshalb Trauer angelegt: Schwarzes Polohemd und schwarze Hosen. Ihre hüftlangen Haare hatten beide mit schwarzen und weißen Chiffontüchern zu Pferdeschwänzen gebändigt.
    »Black and White«, sagte Julia kichernd, »die sehen richtig niedlich aus.«
    »Na, ich weiß nicht, ob diese Bezeichnung angebracht ist«, tadelte Frau Antonie. »Die beiden« – sie machte eine bedeutungsvolle Pause – » Herren sind vor mir hergelaufen, aber ich habe sie natürlich nicht als solche erkannt. Beinahe hätte ich sie angesprochen und um eine Auskunft gebeten, das wäre mir dann aber sehr peinlich gewesen. Zum Glück habe ich die Toilette doch noch allein gefunden. Übrigens ist der Waschraum bemerkenswert sauber.«
    »Ja, bis auf das Handtuch«, brummte Florian. »Wenn es nicht auf einer Rolle hinge, würde es von alleine stehen.«
    »Du mußt dir die Hände eben mit Klopapier abtrocknen«, empfahl seine Tochter.
    »Haltet ihr dieses Thema für ein geeignetes Tischgespräch?«
    »Wir sind ja sowieso fertig, Oma. Oder soll ich dir nicht doch eine Kleinigkeit vom Dessertbuffet holen?«
    Bis jetzt hatte sich Frau Antonie beharrlich geweigert, die aufgebauten Köstlichkeiten auch nur zu besichtigen, aber als Tobias mit einem Riesenberg Obstsalat erschien, wurde sie schwach. »Nun ja, Früchte enthalten nicht allzu viele Kalorien, aber ich werde sie selber auswählen.«
    Als sie zurückkam, lagen auf ihrem Teller zwei kleine Törtchen, eine Portion Creme Caramel, eine überbackene Banane und drei Scheiben Ananas. Mehr ging nicht drauf. »Dafür werde ich das Abendessen ausfallen lassen«, beschloß sie mannhaft, was von der ganzen Sippe zwar angezweifelt, jedoch nicht laut geäußert wurde.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Auf keinen Fall Clan-Bildung«, sagte Tobias sofort, »ich für meinen Teil bin verabredet.«
    »Etwa mit dem Raffzahn? Ich hab vorhin beobachtet, wie du dich an die rangesoftet hast. So was gehört doch in den Kaninchenstall!« Julia war ganz einfach neidisch. Sie hatte noch keinen Anschluß gefunden, obwohl sie den neuen Bikini trug und darüber eine in der Taille zusammengeknotete Bluse, damit ihre blasse Haut nicht so auffiel. Die Beine hatte sie schon zu Hause regelmäßig mit einer angeblich selbstbräunenden Emulsion eingerieben, nur war die erhoffte Wirkung ausgeblieben. Statt in dem versprochenen Karibikbraun glänzten sie senffarben, was in Frau Antonie bereits den Verdacht erregt hatte, ihre Enkelin leide an chronischer Gelbsucht.
    Tobias verschwand Richtung Strand, Frau Antonie zog sich in die klimaregulierte Kühle ihres Zimmers zurück, nur Julia wußte nichts mit sich anzufangen. Unschlüssig hockte sie am Pool und plätscherte mit den Beinen im Wasser herum. Lauwarm war es, mindestens dreißig Grad, beinahe Babybad- Temperatur.
    »Wasserscheu oder Nichtschwimmer?« Neben ihren Füßen war ein blonder Haarschopf aufgetaucht, zu dem ein krebsrotes Gesicht gehörte. »Mach, daß du aus der Sonne kommst, sonst siehst du heute abend genauso aus wie ich«, sagte der Krebs, während er sich mit einem Satz aus dem Wasser stemmte. Sein Körper leuchtete in vier verschiedenen Rottönen von Schweinchenfarben bis zu dunklem Pink. »Ich hab’s auch mit Gewalt versucht, und was ist dabei herausgekommen? Spätestens übermorgen pelle ich mich wie eine Zwiebel.«
    Abgesehen von der Feuermelderfärbung fand Julia den Knaben gar nicht so übel. Anfang Zwanzig, schätzte sie, und mindestens einsfünfundachtzig groß. Bis sich etwas Besseres fand, also durchaus zu gebrauchen.
    »Ich heiße übrigens Daniel«, sagte Daniel, »und überhaupt bin ich bloß Abgesandter. Da hat sich nämlich eine ganz muntere Clique zusammengefunden, aber leider herrscht immer noch Frauenmangel. Nun haben wir geknobelt, wer dich anspricht.«
    »So so, und du hast gewonnen?«
    »Nee, verloren.« Er grinste. »Was ist, kommst du mit? Wir haben

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