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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Speisesaal eine merkwürdige Prozession vorbei. Vorneweg die Mamba, ihr auf den Fersen der heftig gestikulierende Hotelmanager, dann der Herr Psychiater, von den Schuhen bis zur Schirmmütze in weißes Leinen gehüllt, und in gebührendem Abstand zwei Boys. Nach zehn Minuten bewegte sich die Kavalkade in entgegengesetzte Richtung, nur führten sie diesmal die beiden Eingeborenen an, beladen mit zwei Koffern und einem Sortiment Tennisschlägern.
    Kasulke war es, der als erster diesem rätselhaften Tun auf den Grund ging. Bereitwillig gab er seine Informationen weiter. »Scheint ’n komischer Heilijer zu sein, dieser Seelenklempner. Nischt paßt ihm, und schon jar nicht sein Bettnachbar. Na ja, kann man ja ’n bißken vastehn, ich möchte ooch nich mit eenem zusammenhausen, der schon morjens anne Ginpulle nuckelt und eenem den juten Whisky vom Duty-free-Shop klaut. Hat der Doktor jesagt. Nu isser umjezogen in eenen von die Bungalows nach vorne raus, die sind ja noch komfortabler so mit ’n zusätzlichen Miefquirl anne Decke und mit richtije Schränke. Lieba zahlt er wat zu, hat er jesagt, und überhaupt isser ja bloß wejen die Kiste da.«
    Bei der Kiste handelte es sich um eine offenbar größere Truhe, die der Herr Doktor bei seinem vorjährigen Besuch in dem staatlich kontrollierten Schnitzerdorf nahe Mombasa in Auftrag gegeben, bezahlt und niemals bekommen hatte. Nachdem sich weder die Kenianische Botschaft in Deutschland noch die mit endlosen Briefen bombardierte Polizeibehörde in Mombasa für zuständig gehalten hatten, beschloß Herr Dr. Schneider, die Sache nunmehr selbst in die Hand zu nehmen.
    »Wenn der schon mal hier unten war, denn hätte er doch wissen müssen, det sowat niemals klappt. Nich mal ’ne Quittung hat der Mensch. So viel Dußlichkeit uff eenmal jibt’s doch jar nich! Wenn man mal zusammenrechnet, wat den die Kiste schon jekostat hat, denn hätter sich so ’n Ding ooch in Deutschland koofen können. Aba er will ja wat mit jeschnitzte Fruchtbarkeitsjötter druff, und sowat wird nicht exportiert. Det is zu unanständig.«
    Jedenfalls hielt sich Herr Dr. Schneider in allen Fragen der afrikanischen Souvenirindustrie für kompetent und bezeichnete die Andenkenhändler im Dorf als Halsabschneider, wofür ihm Florian sehr dankbar war. »Die Mitbringsel kaufen wir in Mombasa, da ist die Konkurrenz größer und die Preise sind niedriger«, hatte er, in Unkenntnis der Kartellbildung einheimischer Souvenirverkäufer gesagt, ohne sich allerdings festzulegen, wann denn diese Tagestour stattfinden sollte. »Dazu haben wir noch Zeit genug, wir müssen uns erst mal akklimatisieren.«
    Tinchen fühlte sich genug akklimatisiert, seitdem das Zebramuster auf ihrem Bauch einer gleichmäßigen Röte gewichen war. Natürlich hatte sie sich am ersten Tag nur im Schatten aufgehalten und ihre Liege unter einer Palme aufgestellt, aber dann war sie eingeschlafen und erst nach zwei Stunden wieder aufgewacht. Da stand die Sonne ganz woanders, und statt sanfter Bräune zierte Tinchens Vorderseite ein scharf konturierter weißer Palmenwedel, der sich von der roten Haut besonders gut abhob.
    »Wer kommt heute mit ins Dorf?« fragte sie beim Mittagessen, der einzigen Gelegenheit, ihre Lieben beinahe vollzählig anzutreffen. Außer beim abendlichen Dinner natürlich, aber das fand bei Dunkelheit statt und schränkte daran anschließende Unternehmungen weitgehend ein.
    »Ich nicht«, erklärte Julia sofort, »Daniel will mit mir zum Minisegeln. Nachmittags ist der Wind am günstigsten.«
    »Ich auch nicht«, echote Tobias, »ich hab für drei Uhr die Squashhalle gemietet. Muß bloß noch jemanden finden, der mitmacht.«
    »Hast du schon«, sagte Karsten.
    »Gebongt. Aber nur, wenn du die Hälfte zahlst.«
    »Was kostet das überhaupt?«
    »Weiß ich nicht genau, ich glaube, achtzig Shilling pro Stunde, können aber auch hundert sein.«
    »Sind es«, bestätigte Julia, »Wasserski kostet bloß achtzig.«
    »Womit wir endlich beim Thema wären!« Aus der Hosentasche zog Florian einen Stapel zusammengeknüllter Zettel, strich sie einzeln glatt und legte sie vor sich auf den Tisch. »Vorhin habe ich mir mal eine Zwischenrechnung aller Ausgaben geholt, die so ganz nebenher angefallen sind, und wißt ihr, wieviel da zusammengekommen ist? Dreihundertsiebenunddreißig Mark. In fünf Tagen! Habt ihr sie denn noch alle?«
    »Da sind aber die beiden Hüte mit drin und das T-Shirt für Tobias, vergiß das nicht. Du warst ja dabei,

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