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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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feilboten, was ein Touristenherz begehrt. Bei ihrer Ankunft waren ihr die Hütten gar nicht aufgefallen, vermutlich, weil alle noch geschlossen gewesen waren. Die Geschäftszeit der Souvenirhändler begann offenbar erst am späten Vormittag, wenn die Hotelgäste gefrühstückt und ihr anschließendes Sonnenbad hinter sich gebracht hatten, und endete pünktlich um sieben, sobald es auch die letzten Spaziergänger zu Dusche und Futtertrog trieb. Den Tagesablauf ihrer potentiellen Kunden kannten die fliegenden Händler also genau.
    Nur um endlich Ruhe zu haben, betrat Tinchen den nächstgelegenen »Shop«, einen besseren Holzverschlag, der nach Feierabend mit zwei durch Teerpappe verstärkte Brettertüren verschlossen wurde. Das einzig Solide an der ganzen Hütte war das zehn Zentimeter große Vorhängeschloß, das an einem rostigen Riegel baumelte.
    Der Besitzer war ein wirklich rabenschwarzer Schwarzer. Er drehte die mit Petroleum gespeiste Stallaterne hoch und zeigte stolz seine Schätze. In dem flackernden Licht erkannte Tinchen eine Batterie Elefanten, aufgereiht wie die Orgelpfeifen und alle »echt Ebenholz«, wie ihr im Brustton der Überzeugung versichert wurde. Schwarz waren sie alle, nur bei manchen schimmerte ein rötlicher Farbton durch.
    »Wenn Se nick jenau wissen, ob det nu echt is oder nick, denn kratzen se mal mit ’n Messer oder ooch bloß mit ’n Fingernagel ’n bißken am Holz rum. Is det darunter nich schwarz, denn isset ooch keen Ebenholz«, hatte Kasulke empfohlen, als er von Tinchens geplanter Exkursion in die Höhlen der Händler Wind bekommen hatte. »Die Brüder vakoofen fast nur janz jewöhnlichen Holznippes, den se vorher mit Schuhcreme oder irjendeener anderen Paste so lange polieren, bis ’ne schöne schwarze Farbe da is, und denn woll’n se eenem den Dreck als Ebenholz untajubeln. Dabei is echtet Ebenholz stumpf und außerdem vadammt teuer.«
    Umsonst versicherte Tinchen, daß sie gar nichts kaufen wolle, weil sie überhaupt kein Geld bei sich habe, es nutzte nichts, sie mußte auch noch die Kollektion von Specksteinfiguren bewundern, die es von Setzkastengröße bis zu kiloschweren Nashörnern mit blutunterlaufenen Augen gab. Und natürlich die Schmucksammlung, bestehend aus Kettchen und Ringen »echt Elefantenhaar«, das sich genau wie Plastik anfühlte. Nein, Massai-Figuren habe er nicht, bedauerte der Händler, er sei auf Tiere spezialisiert, aber sein Bruder, gleich zwei Geschäfte weiter vorn, könne das Gewünschte bieten. Ein Pfiff, und schon stand ein anderer rabenschwarzer Schwarzer neben Tinchen. Verfolgt von den mürrischen Blicken der übrigen Geier, denen die Entführung ihres Opfers gar nicht paßte, wurde sie in eine andere Hütte gezogen, die sich von der ersten nur dadurch unterschied, daß statt einer Petroleumfunzel drei unterschiedlich große Kerzen das Interieur beleuchteten. Es bestand aus einem Holztisch, einem Schemel, auf dem Tinchen Platz zu nehmen hatte, und drei Wänden voller Regale, gefüllt mit martialisch aussehenden Holzfiguren. Stehende, sitzende, kniende Krieger, mal als Aschenbecher, mal als Kerzenhalter oder Buchstützen, manchmal auch nur speerschwingend als Dekoration für den heimischen Kaminaufsatz. Einfach scheußlich, fand Tinchen. Die würde sogar Herr Knopp ablehnen, obwohl er eine für sie unbegreifliche Vorliebe für Kitsch in Form bemalter Wandteller hatte, die in großer Zahl den Knoppschen Treppenaufgang schmückten und nach jedem Urlaub Zuwachs bekamen. Den letzten Teller zierte ein handgemaltes Kamel, sichtbares Zeichen der Pauschalreise nach Tunesien.
    Vielleicht würde ihm das kleine Massai-Pärchen gefallen, das keine besondere Funktion zu erfüllen hatte und nur irgendwo hingestellt werden mußte. Am besten aufs Fensterbrett neben die vermickerte Yuccapalme, die Frau Knopps Altbierdusche nicht vertragen hatte und seitdem alle Blätter hängen ließ.
    »Wieviel kostet das?« Entgegen ihrer Behauptung hatte Tinchen natürlich doch Geld dabei, eng zusammengefaltet in der Hosentasche und immer eine Hand drauf.
    Der Schwarze nahm die beiden Figuren aus dem Regal und stellte sie auf den Tisch. »Sehr schöne Arbeit«, beteuerte er, »alles mit Hand gemacht. Wieviel geben?«
    Irgendwie lief die Verhandlung nicht so, wie sie laufen sollte. Kasulke hatte das Ritual ganz anders beschrieben. »Wenn die Brüder mit ihr’n Preis rüberkommen, denn müssen Se ’n Drittel davon jejenbieten, aba höchstens ’n Drittel. Denn singt der Kerl

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