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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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genug gekommen, um praktische Anwendungen daraus zu ziehen.
    Sie hatte gerade das Kuvert in ihre Tasche geschoben, als sich Florian zur Endabnahme vorstellte. Wie er tagsüber herumlief, war ihr ziemlich gleichgültig, er konnte sich ohnehin nur zwischen drei Badehosen entscheiden, doch abends wünschte sie ihn feingemacht. Lässig-sportlich, aber korrekt. Eine Forderung, die Frau Antonie unterstützte. Erschien sie doch selber stets in einem Nachmittagskleid und sogar mit Strümpfen, die allerdings nur bis zum Knie reichten und sie gleich am zweiten Abend zu dem einsichtsvollen Geständnis veranlaßt hatten, daß Tinchen ausnahmsweise einmal recht gehabt habe. »Niemals hätte ich geglaubt, so etwas anziehen zu müssen, aber Strumpfhosen sind bei diesen Temperaturen in der Tat äußerst lästig.«
    Ohne anzuklopfen polterte Tobias durch die Tür. »Mutti, hast du vielleicht ein bißchen …« Er sah seinen Vater, stockte und drückte sich mit auf dem Rücken versteckten Händen an die Wand.
    »Was soll ich haben?«
    »Äh, gar nichts. Ich wollte bloß gucken, ob Vati noch hier ist. Er soll nämlich mal zu Karsten kommen.«
    »Warum? Hat er schon wieder kein sauberes Hemd mehr?« Kaum war Florian gegangen, zog Tobias ein sandfarbenes Badelaken hervor. Als Dekor räkelte sich in einem Liegestuhl ein sonnenbebrilltes Nilpferd.
    »Ein bißchen dünner in der Taille ist er ja, aber sonst kann man Vati doch eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Vieh nicht absprechen, oder? Sag mal, du hast nicht zufällig etwas Geschenkpapier?«
    Hatte sie nicht, und die Wahrscheinlichkeit, hier im Hotel auch nur simples Packpapier aufzutreiben, war mehr als gering. Als sie vorgestern den schon längst fälligen Brief an ihren Vater schreiben wollte und an der Rezeption um einen Bogen Papier gebeten hatte, wurde ihr ein Blatt mit verschiedenfarbigen Längsstreifen ausgehändigt, das der Bankmensch erst ganz hinten aus dem Journal für doppelte Buchführung herauslösen mußte. »Entweder nimmst du Klopapier oder ein Palmenblatt«, empfahl sie ihrem Sohn, »und jetzt beeil dich ein bißchen, wir sollten wenigstens alle vor dem Geburtstagskind im Restaurant sein.«
    Frau Antonie wartete schon. Sie trug wieder grüne Seide und sah sehr feierlich aus. Neben ihr stand Julia mit ergebener Miene in einem Outfit, das Tinchen an ihre eigene Backfischzeit erinnerte: Dreiviertellanger Glockenrock und eine weiße Bluse mit Stehkrägelchen. Halbhohe Pumps vervollständigten den ungewohnten Aufzug.
    »Nanu, heute mal nicht in der aufregenden Wurstpelle?« staunte Tobias.
    »Das Kind wollte doch tatsächlich wieder in diesem hautengen Minirock bei Tisch erscheinen. Ich verstehe nicht, Ernestine, wie du ein derartiges Kleidungsstück überhaupt dulden kannst. Es sieht einfach ordinär aus. Zum Glück habe ich in der Boutique etwas Passenderes gefunden, auch wenn es nicht dem Geschmack deiner Tochter zu entsprechen scheint. Und dann ihre Schuhe!!! Mit derartig heruntergelatschten Tretern bin ich vor der Währungsreform herumgelaufen, und das nun wirklich nicht freiwillig.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe Julia für heute ein Paar von meinen geliehen.«
    Tobias feixte sich eins. »Ist schon blöd, wenn man dieselbe Schuhgröße hat, nicht wahr, Jule? Aber die hier machen wenigstens Beine aus deinen Gurken.«
    »Du hast es gerade nötig! Guck dich doch mal selber an! Auf dem Kopf siehst du aus wie eine Ananas.« Offenbar hatte Tobias den nassen Kamm nur einmal durchs Haar gezogen. Seine Frisur glich einer in den Dschungel geschlagenen Schneise. An den Schläfen und am Hinterkopf regierte die Wildnis.
    »Hört auf zu streiten! Euer Vater kommt.«
    Das traf nur bedingt zu. Zwar hatte Florian gesenkten Hauptes den Speisesaal durchschritten, sich aber sofort an den üblichen Tisch gesetzt und nicht einmal die fehlenden Gedecke bemerkt. »Gott sei Dank, mein jämmerlicher Reinfall scheint sich doch noch nicht herumgesprochen zu haben.«
    »Und wenn jemand fragt, dann sagst du einfach, du hättest Gemüsefische geangelt. Soviel ich gehört habe, habt ihr jede Menge Seetang mitgebracht.« Karsten zog seinen Schwager wieder hoch. »Komm, wir speisen heute abseits vom niederen Volk.«
    Widerstandslos ließ sich Florian mitschleppen. Als er jedoch die festlich gedeckte Tafel und seine dahinter aufgereihte Sippe bemerkte, machte er auf dem Absatz kehrt. »Verarschen kann ich mich alleine.«
    »Hiergeblieben, du Idiot!« brüllte Karsten. »Da spendiert man nun

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