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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Getränkekarte. Auf die Rückseite hatte Daniel noch schnell seine Adresse gekritzelt: Bremen, Deichallee 237. Plötzlich stutzte sie, dann heulte sie los. »Ich w-weiß ja ga-gar nicht, w-wie er m-mit Nachna-namen heißt.«
    »Auch wenn du bloß Daniel schreibst, wird der Brief ankommen«, prophezeite Tinchen.
    »A-aber nicht in einem Ho-hochhaus mit acht-achtzehn S-stockwerken.«

    Gähnend zog sich Florian aus. »Eigentlich wollte ich ja noch duschen, aber nun bin ich einfach zu müde. In meinem gesetzten Alter merkt man so eine durchbummelte Nacht doch mehr als früher. Da hat mir das nie etwas ausgemacht.«
    »Man ist immer so alt, wie man sich fühlt.«
    »Dann bin ich heute neunzig geworden.« Er schlurfte ins Bad, und während er sich die Zähne putzte, musterte er sich im Spiegel. »Großer Gott, hoffentlich werde ich wirklich mal so alt, wie ich momentan aussehe.«
    »Das kenne ich«, sagte Tinchen trocken, »jung fühlen kann man sich zu jeder Zeit, nur strengt es von Jahr zu Jahr ein bißchen mehr an.«

Kapitel 9
    N ach Mombasa gibt es einen regelmäßigen Bustransfer. Den organisiert das Hotel, deshalb ist er problemlos, bequem und teuer. Die Alternative ist wesentlich billiger, abenteuerlich und absolut unzuverlässig. Sie heißt Hühnerbus, wird gelegentlich auch Bimboschaukel genannt und trägt die offizielle Bezeichnung »Linienbus«. Er ist blau und meistens verbeult, hat kleine Schiebefenster, die grundsätzlich alle offenstehen, und manchmal sogar eine Tür. Hat er keine, ist das auch nicht schlimm, sie wird sowieso selten geschlossen.
    Der Chauffeur sitzt vorne rechts. Es ist ein Eingeborener, der sich von seinen überwiegend farbigen Fahrgästen nur dadurch unterscheidet, daß er eine Sonnenbrille und eine Schirmmütze trägt. Daß er die Schirmmütze, das einzige sichtbare Zeichen seines Berufsstandes, selten oder nie ablegt, läßt sich unschwer erkennen: Immer ist sie schmierig und häufig an den Rändern ausgefranst.
    Dann gibt es noch den Schaffner. Man erkennt ihn an der ledernen Umhängetasche fürs Kleingeld, vor allem aber an den längs zusammengefalteten und zwischen die einzelnen Finger gesteckten Banknoten. Diese Methode beschleunigt das Geldwechseln.
    Fahrpläne für Linienbusse gibt es nicht. Sollte es doch welche geben, wären sie überflüssig, weil sich niemand daran halten würde. Das gleiche gilt für Haltestellen. Es gibt keine. Wer mitfahren will, winkt am Straßenrand, manchmal winkt er aber auch nur, weil er den Fahrer kennt, dann quietschen die Bremsen eben mal umsonst, wen kümmert’s. Und sollte der Bus trotz Handzeichen nicht stoppen, wird es schon seinen Grund haben. Vielleicht ist er überfüllt, aber das sieht man ja, weil dann der Schaffner draußen hängt und nicht kassieren kann. Das macht er hinterher beim Aussteigen. Vielleicht ist aber auch nur ein bißchen was am Motor kaputt und der Chauffeur froh, wenn er seine Passagiere noch bis zur Endstation bringen kann, ohne daß der Bus vorher zusammenbricht. Wer unterwegs aussteigen will, hat Pech gehabt, mehrmaliges Anhalten würde die Wahrscheinlichkeit des endgültigen Liegenbleibens vergrößern. Trainierte Fahrgäste springen einfach ab. In solchen Fällen wird die Geschwindigkeit auf das dem Motor noch zumutbare Minimum zurückgenommen. Ausgeschlachtete, am Straßenrand verrottende Busskelette beweisen ja, daß nicht jeder Fahrer das nötige Feingefühl für altersschwache Technik hat.
    Wer also nicht mitkommt, wartet auf den nächsten Bus. Vielleicht ist er schon in fünf Minuten da, vielleicht erst in einer halben Stunde, vielleicht auch gar nicht, wenn nämlich mal wieder die Fähre über den Creek kaputtgegangen ist und den Gesamtverkehr zwischen Malindi und Mombasa lahmgelegt hat. Das ist dann die Stunde der Privatinitiativen. Doch niemand hat ergründen können, auf welch geheimnisvollen Wegen sich die Nachricht von der liegengebliebenen Fähre so schnell verbreiten kann, kommt doch ein normales Telefongespräch zwischen zwei Orten oft erst nach endloser Wartezeit zustande. Es können eigentlich nur Buschtrommeln sein! Denn plötzlich sind sie da, die Urahnen der heutigen Kleintransporter, bestückt mit Sitzbänken ohne Federung und bereit, Fahrgäste aufzunehmen. Der Preis ist dreimal so hoch und der Fahrer entweder schon im Rentenalter oder kurz davor. Wenn überhaupt, dann hat er seine Fahrerlaubnis für einen Trecker bekommen, und genauso fährt er auch. Unvorhersehbare Stopps muß man

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