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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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bekommen?«
    »Toni, du bist hier nicht auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof!«
    Das mußte sie zugeben. Weit und breit war nicht ein einziges Auto zu sehen, die waren anscheinend genauso verboten wie Fotoapparate. Wer nicht ohnehin zu Fuß herkam, benutzte ein Fahrrad. Ein paar dieser Vehikel ohne Licht und Bremsen standen an eine Mauer gelehnt, mit rostigen Ketten zusammengebunden. Schutzbleche hatten sie auch nicht.
    »Vielleicht eine Fahrrad-Rikscha?« fragte sie hoffnungsvoll.
    »Wir sind in Afrika, Oma, nicht in Asien!« Großmütter sind ja meistens nett und oftmals ausgesprochen nützlich, dachte Tobias im stillen, doch manchmal können sie einem ganz schön auf den Senkel gehen. Erst mußte sie in jeden Winkel von diesem dämlichen Fort kriechen, und jetzt, wo es endlich interessant wird, kann sie nicht mehr laufen. Die Araberstadt wollte er sehen, wo es Silberschmiede und Teppichhändler geben sollte und noch manches andere, was nicht im Reiseführer stand.
    »Paß jut uff, Junge«, hatte Kasulke gesagt, »det du nich in eens von diese Löcher vaschwindest. Uff so ’ne blonden boys sind die Meechen besonders scharf, und jede Schwarze, die dir in det Viertel übern Weg läuft, is ’ne Nutte. Jenaujenommen is janz Mombasa een eenzijet Bordell. Loof nich abseits von die Touristenpfade. Mit andere zusammen passiert dir nischt, aba eener alleen kann schon mal vorüberjehend abhanden kommen.«
    Von William erhoffte sich Tobias Einzelheiten, doch der schwieg dazu. In seiner Gegenwart würde ihnen allen bestimmt nichts geschehen, und Tobias solle doch mal dieses wunderschöne Haus mit dem Holzgitterbalkon und der prächtigen geschnitzten Tür fotografieren.
    Warum? Ob das ein Puff sei? Ihm fiel auf, daß William sie nur durch die etwas breiteren Straßen führte, und immer dann, wenn Tobias in eins der schmalen Gäßchen abbiegen wollte, ihn daran zu hindern suchte. »That’s the wrong way.« Einmal gelang es ihm aber doch, etwas tiefer in eine dieser Gassen einzudringen, und nun wußte er auch, weshalb William das vermeiden wollte. Nur einen kurzen Blick hatte Tobias durch die halbgeöffnete Tür in ein Haus geworfen, dann hatte er sich schnell wieder umgedreht und war zurückgerannt. Nicht mal ein Fenster hatte dieser winzige Raum gehabt, deshalb hatte er auch nur undeutlich das aufgedunsene, von Pockennarben entstellte Gesicht der Frau gesehen. Auf einem Küchenhocker ohne Lehne hatte sie gesessen, mit einem Blechteller auf den Knien. Kein Bett hatte es in diesem Raum gegeben, lediglich einen Haufen Lumpen auf der Erde. Konnte man denn so überhaupt leben?
    Zum Glück war sein kurzes Verschwinden unbemerkt geblieben, er hätte jetzt auch keine Fragen beantworten können. Er war sogar froh über Frau Antonies ebenso langen wie langweiligen Vortrag, mit dem sie den Unterschied zwischen europäischer und arabischer Baukunst zu erklären versuchte. »Diese einem Klöppelspitzenmuster nicht unähnlichen Steinschnitzereien sind ein typisches Merkmal …«
    »Ich hab mir ’ne Blase gelaufen.«
    »Das kommt davon, wenn das Ei mal wieder klüger sein wollte als die Henne. Ich habe dir ja gesagt, du sollst Söckchen anziehen.« Tinchen zeigte auf ihre rosabestrumpften Beine, die in ebenso rosa Turnschuhen steckten und inzwischen gar nicht mehr rosa aussahen, sondern nur noch grau von Staub.
    »Hat jemand ein Pflaster dabei?« Ihren Schuh hatte Julia bereits ausgezogen, jetzt betrachtete sie zweifelnd die große Blase hinten am Hacken.
    »Ja, mindestens drei Meter«, sagte Florian.
    »Mir genügen schon drei Zentimeter. Kannst du mir die mal geben, Vati?«
    »Ich wollte sagen, wir haben drei Meter Hansaplast im Hotel. Mitgenommen habe ich sie nicht.«
    Auch Frau Antonie, die zwar wieder Nagelfeile, Migränetabletten und etwas gegen Darmbeschwerden eingepackt hatte, mußte passen. »Es wird hier doch wohl eine Drogerie geben.«
    Was man unter einer Drogerie zu verstehen hatte, wußte William nicht, ob das etwas Ähnliches sei wie eine Pharmacie? Ja? Sehr gut, gleich um die Ecke in der Nkrumah Road gäbe es eine.
    Mit den Schuhen in der Hand humpelte Julia neben den anderen her, nachdem ihr Tobias versichert hatte, sie würde eher in eine Glasscherbe treten als auf eine Schlange, und überhaupt solle sie sich nicht so anstellen, die halbe Einwohnerschaft von Mombasa laufe barfuß. Die erste Apotheke hatte geschlossen. Mittagspause. Die nächste, nur hundert Meter weiter, war noch offen.
    »Danke, ich brauche keine

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