Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
schon sagen.
    William begriff das alles nicht. Erst als Frau Antonie ihm eine Tüte Zucker in die Hand drückte und eine Dose Milchpulver – »für Jimmy« –, fingen seine Augen an zu strahlen. Anfangs zögernd, dann zunehmend mutiger schritt er die Regale ab, und jedesmal, wenn er nach einem Artikel griff, sah er Frau Antonie fragend an. Nickte sie zustimmend, legte er ihn in den Korb. Und sie nickte immer. Sie fand es erstaunlich, wie gezielt dieser Sechzehnjährige einkaufte.
    Diesen großen Plastikeimer zum Beispiel, wozu brauche er den?
    Dann müsse Mary nicht mehr so oft zur Wasserstelle laufen. Sie habe nur einen Topf sowie einen kleinen Kanister. Ein Freund habe ihnen den geschenkt, er sei Mechaniker bei einer Autowerkstatt.
    Frau Antonie nahm einen zweiten Eimer vom Stapel.
    Kurz vor der Kasse kamen sie an einem Wühltisch vorbei, auf dem billige Geldbeutel aus Plastik, Brieftaschen, Gürtel und ähnlicher Krimskrams lagen. Nur einen Moment blieb William stehen, wandte sich jedoch gleich wieder ab. Trotzdem hatte Tobias das kurze Zögern bemerkt. Das sei doch alles bullshit, sagte er verächtlich abwinkend, oder ob William etwas davon haben wolle?
    Das sei nicht nötig, so dringend brauche er das ja gar nicht, er habe sowieso schon zuviel eingekauft, versicherte William schnell.
    »Show me what you want. I will give you something zur Erinnerung. Memories of me, you know?«
    Aus seiner Hosentasche zog William ein kleines Päckchen und wickelte vorsichtig die zurechtgeschnittene Plastiktüte ab. Zum Vorschein kam ein Ausweis. »It’s my identity card.«
    William Kauunda, geb. am 2. 9.1972, las Tobias. Und dafür wollte der Junge nun ein Etui, folgerte er ganz richtig. »Take one!«
    Lange wühlte William, bis er sich für eine dunkelblaue Hülle mit Sichtfenster entschied. Direkt liebevoll schob er die Karte hinein und legte beides in seinen Korb. Tobias nahm sie wieder heraus. Die werde er selbst bezahlen, sagte er, und packte noch zwei Tafeln Schokolade dazu.
    »Was soll er denn mit der Schokolade?« Über so viel Kurzsichtigkeit konnte Julia nur den Kopf schütteln. »Wenn er in seinem Kuhkaff angekommen ist, hat er Kakao in der Tüte. Meinste, die haben in ihrer Hütte ’ne Klimaanlage?«
    Daran hatte Tobias nicht gedacht. »Dann nehme ich eben Bonbons.«
    »Die werden zwar fürchterlich zusammenkleben in der Hitze, aber man bringt sie wenigstens wieder auseinander. Was meinst du, ob ich seiner Schwester was schenken soll? Irgendwas zum Umhängen oder Anstecken?«
    »Übernimm dich nicht, Jule, das kostet dich mindestens fünf Mark.« Er zeigte auf eine rote Lackschleife mit Nadel hintendran. »Die sieht doch ganz hübsch aus.«
    »Woher soll ich wissen, ob die zu Marys Garderobe paßt?«
    »Na, so groß wird ihre Auswahl bestimmt nicht sein. Am besten fragst du William.«
    Der druckste ein bißchen herum, fand die Schleife sehr schön, meinte dann aber, seine Schwester würde sich über etwas anderes viel mehr freuen, und das sei genauso teuer.
    Was das denn sei?
    »She has no shoes.« Dort drüben habe er welche gesehen, genau das richtige für Mary.
    »Schuhe? Hier im Supermarkt? I can’t believe it.« Nun verstand Julia darunter etwas anderes als William. Niemals hätte sie diese Plastiklatschen als Schuhe bezeichnet; solche Dinger benutzte man am Strand wegen der scharfkantigen Korallen, die manchmal angespült wurden, oder wenn man bei Ebbe auf dem kleinen Innenriff spazierenging, aber damit konnte man doch nicht auf der Straße laufen! Doch wenn er meine … Ob er denn Marys Größe wisse?
    »Du stellst vielleicht dämliche Fragen! Woher soll er die denn kennen, wenn seine Schwester überhaupt keine Schuhe hat? ln welcher Größenordnung bewegst du dich eigentlich?«
    »Vierzig.«
    »Nächste Nummer also bereits Kindersarg.« Unentschlossen kramte Tobias in dem Karton, doch William hatte schon ein Paar herausgefischt. »Are you crazy?« Die würden ja sogar ihm zu groß sein.
    Mary habe sehr breite Füße, sagte William mit einem um Entschuldigung bittenden Lächeln.
    Er müsse es ja am besten wissen, bestätigte Tobias, empfahl ihm jedoch, den Kassenzettel aufzuheben, damit er die Treter eventuell umtauschen könne.
    Inzwischen hatte Frau Antonie bezahlt. Kaum achtzig Mark waren zusammengekommen, doch für William schien es ein Vermögen zu sein. Immer wieder sah er die beiden bis zum Rand gefüllten Eimer und die große Plastiktüte an. Er ließ sich noch zwei Bogen Einwickelpapier geben,

Weitere Kostenlose Bücher