Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
müssen, vor der Mandhry-Moschee sogar dreimal, jetzt sollte er sie noch am Tisch knipsen, aber bitte so, daß man die Messingtafel dort neben dem Eingang lesen konnte. »Terrasse des Castle-Hotel« stand drauf, damit man auch wußte, wo man sich befand. »Drei Bilder habe ich noch, die werden hoffentlich reichen.«
Von weitem sahen die riesigen gekreuzten Stoßzähne recht imponierend aus, doch mit jedem Schritt, den sie näher kamen, verflüchtigte sich dieser Eindruck. Nicht nur, weil der äußere rechte Zahn gerade einen neuen Anstrich bekam und deshalb von einem Gerüst umgeben war, sondern weil –
»Aber die sind ja aus Blech!!!« Ungläubig betastete Frau Antonie die Nieten, mit denen die einzelnen Platten zusammengehalten wurden. Mit dem Fingerknöchel klopfte sie dagegen. »Innen sind sie sogar hohl.«
»Was hattest du denn geglaubt, Mutti? Daß die hier echtes Elfenbein auf die Straße stellen?«
Genau das hatte Frau Antonie erwartet. Es gab ja genug Elefanten in Kenia, immer wieder wurden Wilderer erwischt, denen man die Zähne abnahm, bevor sie sie verkaufen konnten, da mußte doch im Laufe der Zeit eine ganze Menge Elfenbein zusammengekommen sein. Zugeben konnte sie ihren Irrtum natürlich nicht. »Selbstverständlich habe ich nicht damit gerechnet, Elfenbein vorzufinden. Ich hatte an Marmor gedacht oder an diesen Speckstein, aus dem man hier so viele Gegenstände fertigt. Dieses Material wäre auch viel repräsentativer gewesen.«
Trotzdem mußte Tobias die obligatorischen Fotos machen, einmal als Panorama, vor dem Frau Antonie nur als winziges Pünktchen im Sucher erschien, und einmal en détail, lässig gegen den mittleren Stoßzahn gelehnt. Dann war auch dieser Programmpunkt abgehakt.
Schon vor Beginn der Knipserei hatte sich Karsten auf die andere Straßenseite abgesetzt und war in Geschäftsbeziehungen zu einem der zahlreichen Souvenirverkäufer getreten. Als die Sippe zu ihm stieß, hatten die Verhandlungen gerade einen toten Punkt erreicht. »So, jetzt hast du deinen Preis genannt und ich meinen, dann haben wir beide herzlich gelacht, und nun fangen wir noch mal von vorne an.« Er zog eins der originalverpackten Sommerschlußverkaufshemden heraus. »Hundert Shilling und das hier!«
Der Schwarze begutachtete das Tauschobjekt und gab es verächtlich zurück. »Keine gute Stoff. Billig in Kaufhaus.« Dann unterzog er seinen Verhandlungspartner einer gründlichen Musterung. »Gib mir dein Hemd.« Mit den Fingerspitzen befühlte er den Ärmel. »Das gute Stoff.«
»Dich haben sie ja zu heiß gebadet, Junge. Ich gebe dir doch nicht mein teures Hemd für diese mickrige Giraffe.«
»Dann deine Schuhe.«
»Die kriegste auch nicht, die sind neu. Entweder eins von den Hemden hier in der Tüte und hundert Shilling, oder ich gehe woanders hin.«
Entgegen seinen Erwartungen, wonach der Händler jetzt hätte nachgeben müssen, winkte der nur ab. »Geh doch.«
»Seit vergangenem Jahr sind die Preise gestiegen«, vermutete Karsten, »damals hätte ich die Figur bestimmt gekriegt.« Plötzlich grinste er. »Versuchen wir eben eine andere Methode.« Er steuerte den kleinen Park hinter den Buden an, wechselte sein eigenes Hemd gegen eins der neuen aus, schmierte ein bißchen Dreck neben die Knopfleiste und knautschte sie leicht zusammen. »Jetzt sieht es doch getragen aus, nicht wahr?«
Sein erstes Opfer fand er in einem jungen Kerl, dessen Qualitätsbewußtsein noch nicht sehr ausgeprägt war. Dem gefiel das Hemd, und wenn der Mister es selber trug, mußte es in Ordnung sein. Nur hatte er leider keine Giraffen, also zog Karsten mit einem Löwen ab. Der Elefant zehn Buden weiter kostete ein Hemd und eine Uhr, dafür war er aber auch sehr groß. Ein letztes Mal verschwand Karsten in den Büschen und kam heraus in einer fliederfarbenen Scheußlichkeit mit grünen Palmen drauf. »Mein Prunkstück. Dafür will ich mindestens ein Rhinozeros haben.«
Er bekam es. Allerdings mußte er noch seinen Kugelschreiber dazugeben und sein Marlboro-Feuerzeug, aber »das war sowieso schon fast leer«, wie er später triumphierend sagte. Die Packung mit den letzten Zigaretten wurde er auch noch los. »Das ist eine Art Sport bei denen«, versicherte er seiner Mutter, die diese rüden Verhandlungsmethoden ihres Sohnes mit zunehmender Empörung verfolgt hatte.
»Ich finde das nicht richtig, Karsten. Diese Leute verdienen sich mit dem Handel ihren Lebensunterhalt, und sie haben eine gerechte Bezahlung für ihre Waren
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