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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Besonderes sein, aber mit den Rheinterrassen in Düsseldorf konnte sie natürlich nicht mithalten. Ein paar Blumenkübel zur Straße hin, ein bißchen Grünzeug an den Seiten, dazu das Plastikmobiliar mit den sehr bayrisch anmutenden karierten Tischdecken – da hatte sie doch etwas anderes erwartet. Eistee gab es auch nicht, nur warmen. Er würde aber gern ein extra Glas mit Eiswürfeln bringen, beteuerte der Kellner. Julia wollte einen Eisbecher, den hatten sie auch nicht, lediglich gemischtes Eis. »Na schön, dann eben das. Aber bitte nur Vanille. Saftladen!« schimpfte sie leise.
    »Und ein Saft«, wiederholte der Kellner.
    »Keinen Saft. Drei Bier und drei Ginger Ale«, verbesserte Florian.
    »Zwei Bier und ein Wodka-Lemon«, sagte Wolfgang mit einem um Entschuldigung bittenden Lächeln. »Mir schmeckt das Bier hier unten nicht.«
    »Ein Tee, drei Bier, ein Wodka-Lemon.« Der Kellner stand noch immer neben dem Tisch. Allmählich bildeten sich Schweißtropfen auf seiner Stirn.
    »Ihr bringt den armen Kerl ja völlig durcheinander.« Langsam wiederholte Karsten die Bestellung, der Ober hörte aufmerksam zu, dann trabte er ab und brachte wenige Minuten später zwei Gläser Wodka sowie ein Bier. Das Sodawasser käme gleich und der Tee auch.
    Tinchen nahm die Sache von der humoristischen Seite. »Dann trinkt ihr eben den Schnaps und wir den Sprudel.«
    »Was ist Wodka überhaupt?« Julia hatte in Wolfgangs Glas geschnuppert und angewidert das Gesicht verzogen.
    »Dasselbe wie Whisky, bloß kommunistisch«, sagte Tobias.
    Sechs jugendliche Wandervögel erstürmten die Terrasse, luden in einer Ecke ihre Rucksäcke ab, ließen sich daneben nieder und bestellten vier Flaschen Mineralwasser. »Und sechs Strohhalme bitte.« Amis mit Kreditkarten glichen das touristische Umsatzdefizit wieder aus. Sie orderten bereits die dritte Runde Kenia-Gold, einen Likör, den auch Frau Antonie gelegentlich trank. An zwei zusammengeschobenen Tischen gabelte eine Stadtrundfahrtbusladung älterer Herrschaften Erdbeertorte mit Sahne. Und ganz hinten saß ein Fußballfan, der offensichtlich unter Bundesligaentzug litt. Seinen Ausflug in die Metropole mußte er zum Kauf aller deutschsprachigen Zeitungen benutzt haben; er hatte sie säuberlich übereinandergetürmt und las sich durch die Sportseiten. Niemand hatte einen Blick für das schon beinahe orientalisch anmutende Treiben auf der Straße.
    Frau Antonie auch nicht. Sie interviewte Wolfgang. Häusermakler sei er bei einer Immobilienfirma in Hannover, erzählte er, nein, er könne nicht klagen, die Geschäfte liefen gut. In Uelzen habe er ein Haus und einen BMW, in Hannover ein kleines Appartement. Und eine Frau! ergänzte Tinchen im stillen. Sie fand ihn keineswegs unsympathisch, aber er war ein kleiner Angeber. Zwar trug er weder eine Rolex am Arm, noch war seine Garderobe maßgeschneidert, doch er ließ unterschwellig immer wieder durchblicken, daß er sich beides durchaus leisten könne.
    Frau Antonie dagegen war beeindruckt. Endlich mal ein Mann, der schon etwas war und nicht erst etwas werden mußte. Kein Vergleich mit den Jüngelchen, die ihre Enkelin sonst immer bevorzugte. Manieren hat er auch. Er hatte ihr einen Hausprospekt besorgt, nach dem sie beim Kellner vergebens gefragt hatte, und bei dieser Gelegenheit gleich ohne Aufhebens die Rechnung bezahlt. An das Trinkgeld für den Ober hatte er ebenfalls gedacht. Es war weder zu protzig ausgefallen noch zu gering. Frau Antonie beschloß, diesen Herrn Niehaus aus Uelzen etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
    Der Goldreif an seinem Ringfinger war ihr allerdings entgangen. Oder sie hatte ihn nicht beachtet, weil ja heutzutage viele Männer Ringe trugen. Genau wie diese Halskettchen. Welcher Mann hätte sich früher so etwas umgehängt? Doch nur solche, die … nun ja, dieser Paragraph ist ja inzwischen abgeschafft worden.
    »Müssen wir nicht allmählich an den Heimweg denken?« mahnte sie.
    Karsten protestierte. »Erst muß ich noch meine Klamotten verscherbeln, und dann hast du ja noch gar nicht die Zähne gesehen.«
    Richtig, die berühmten Elfenbeinzähne, der Triumphbogen über der Moi-Avenue. Den hätte sie doch glatt vergessen! »Dann wollen wir das aber gleich in Angriff nehmen, solange die Sonne noch scheint.«
    »Das tut sie noch zwei Stunden. Ich weiß nur nicht, ob der Film reicht.« Vor jedem Bauwerk, das auch nur annähernd »typisch afrikanisch« ausgesehen hatte, hatte Tobias seine Großmutter fotografieren

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