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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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veranlaßte: »Oma, du staubst!«
    »Ist Julia noch nicht fertig?« fragte Tinchen, als sie im Schein der endlich wiedergefundenen Taschenlampe zum Speisesaal gingen.
    »Die rennt doch noch mit ihrem Bunsenbrenner auf der Suche nach Strom durch die Gegend«, antwortete Tobias, »oder ist euch etwa noch nicht aufgefallen, daß in manchen Bungalows Licht brennt? Möchte zu gern wissen, nach welchem System die hier ihre Leitungen gezogen haben.« Er zeigte nach links. »Da, seht doch selber! Nummer fünfzehn bis neunzehn haben Strom, und die beiden Bungalows ganz am Ende sind auch hell, das sind aber auch die einzigen.«
    Fast wären sie mit Julia zusammengestoßen. Heulend kam sie ihnen entgegen, in der einen Hand den Fön, in der anderen zwei Haarbürsten. »So kann ich mich doch nirgends sehen lassen, guckt euch bloß mal meine Fransen an!«
    »Erstens siehst du nicht scheußlicher aus als sonst auch, und zweitens würde ein möglicher Unterschied nur demjenigen auffallen, der zufällig ein Nachtglas bei sich hat. Die Wahrscheinlichkeit dürfte sehr gering sein. Dabei solltest du froh sein, Jule, dir bieten sich heute ungeahnte Chancen. Bei Nacht sind alle Katzen grau!«
    Unter normalen Umständen wäre sie jetzt wie eine Furie auf ihren Bruder losgegangen, doch heute war eben alles anders. Da hatte sie nun extra den Glockenrock angezogen, weil Wolfgang mal erwähnt hatte, er fände Hosen so unweiblich, die Seidenbluse von Mutti hatte sie geklaut, die hatte das noch nicht mal bemerkt, und nun dieser Mop auf dem Kopf! Was hatte Corinna vorhin etwas hinterhältig gefragt? Ob sie, Julia, in der Badewanne mit ’nem Fön gespielt hätte! Heimlich war sie nach vorne zum Haupthaus gelaufen, nachsehen, ob da vielleicht die Lichter brannten, taten sie aber nicht, und dann hatte sie sich sogar ein Herz gefaßt und war scheinbar zufällig am Bungalow Nummer achtzehn vorbeigeschlendert. Backgammon wohnte da mit seiner Torte. Er hatte draußen auf der erleuchteten Terrasse gestanden, Julias Haare und dann den Fön in ihrer Hand gesehen und grinsend gesagt: »Ja, ja, die Welt ist schon ungerecht.« Hätte er sie nicht hereinholen und ihr für fünf Minuten Strom anbieten können?
    »Warum hast du ihn nicht einfach gefragt?«
    » Den doch nicht!«
    »Dann hättste auch gar nicht erst hinzugehen brauchen. Jule, du bist ein selten dämliches Rindvieh!«
    Das Rindvieh zog unter Mitnahme der Taschenlampe ab. »Die brauche ich. Ich probiere es mal mit Gel, vielleicht kann ich noch was hinbiegen.«
    »Versuch’s mal mit ’ner Drahtschere«, empfahl Tobias, und als seine Großmutter begütigend meinte, er solle doch seine Schwester nicht ständig hänseln, sie sei jetzt in einem schwierigen Alter, sagte er nur lakonisch: »Das ist sie seit sechs Jahren!«
    Der Speisesaal erstrahlte im Lichterglanz. Zumindest kam es Tinchen so vor. Die Wandlampen brannten, allerdings nur die an der Stirnseite, auf jedem Tisch stand ein Windlicht, und vorne die Bar sah aus wie ein Familiengrab zu Allerheiligen: Rundherum Kerzen und in der Mitte eine Stallaterne, direkt neben den Flaschen, damit man, wenn schon nicht am Etikett, so doch wenigstens an der Farbe die edlen Tropfen unterscheiden konnte.
    Zusammen mit der Vorspeise kam die Mamba. Sie entschuldigte sich im Namen der Reiseleitung für die Unannehmlichkeiten, die der Stromausfall für jeden einzelnen mit sich bringen würde, sie hoffe jedoch, daß der Schaden noch im Laufe des Abends behoben werden könne. Kerzen seien an der Rezeption zu erhalten.
    Nach dem Jägerschnitzel erschien der Hotelmanager. Er entschuldigte sich vorsichtshalber gleich im Namen der Stadt Mombasa. Ein technisches Problem sei im Umschaltwerk aufgetreten, man glaube jedoch, wie ihm telefonisch zugesichert worden sei, die Angelegenheit bis zum Morgen in den Griff zu bekommen. Neue Kerzen sowie Zündhölzer seien inzwischen in jedes Zimmer gebracht worden.
    Zum Dessert rückte der Fumbini-Kirchenchor an. Vielleicht war es auch der andere, der von den Methodisten, sie unterschieden sich eigentlich nur in der Farbe ihrer langen Gewänder, und die war bei der diffusen Beleuchtung nicht zu erkennen. Im Gänsemarsch zogen sie ein, zwei Dutzend Jugendliche im Alter von zehn bis zwanzig Jahren, vorneweg etwas Älteres mit Bart, am Schluß zwei Spätteenager mit Tamburin. Auf der Tanzfläche reihten sie sich auf, und dann erklang ein Mittelding zwischen Choral und Gospelsong. In Frau Antonies Ohren klang es »recht eigenartig«,

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