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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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könnte. Herr Prander oder Pracker war relativ uninteressant. Abgesehen von seiner Vorliebe für die Strandbar hatte er nichts Bemerkenswertes zu bieten. Höchstens sein Alter. Florian schätzte ihn auf Mitte Vierzig, seine Frau dagegen, die er irrtümlich für seine Mutter gehalten hatte, auf mindestens Sechzig. Nur – wie sollte er die beiden Damen zusammenbringen?
    Der Zufall half ihm, denn plötzlich griff sich Frau Antonie an den Hals, dann an die Brust, ihre Hand verkrampfte sich im Kleid … »Um Himmels willen, Mutti, was ist denn?« Tinchen sprang erschrocken hoch, Tobias rief nach einem Glas Wasser, Florian nach Kognak, Julia nach Dr. Meierling.
    »Kannst du aufstehen, Mutti?«
    »Nein.«
    »Willst du dich hinlegen? Wir schieben schnell die Stühle zusammen.«
    »Nein.«
    »Geht’s dir nicht gut?«
    »Nein. Ja.«
    Kellner Moses kam mit dem Kognak. Den Ruf nach Wasser hatte er absichtlich überhört, nach seiner Erfahrung kurierten die Gäste ihre körperlichen Beschwerden lieber mit Hochprozentigem. »Hier, Mama«, er reichte ihr das Glas, »ist gut, ist Hennessy.«
    »Sehr liebenswürdig«, sagte Frau Antonie, »aber Sie werden mir das Glas halten müssen – meine Perlenkette ist eben gerissen.«
    »Ich glaub’s nicht!« kreischte Frau Prander oder Pracker am Nebentisch. »Ich habe gedacht, es wäre was Ernstes.«
    »Es ist etwas Ernstes«, sagte Frau Antonie leicht pikiert, »die Perlen sind echt.«
    Ungefähr die Hälfte davon hatte sie auffangen können, um den Rest bemühten sich nicht nur Julia und Tobias, sondern alle, die das Mißgeschick bemerkt hatten. Die Umgebung des Tisches wurde weiträumig für den Durchgangsverkehr gesperrt, Kerzen wurden auf dem Fußboden verteilt, und dann begann eine wenig systematische, jedoch um so eifrigere Suchaktion. Florian beteiligte sich nicht daran, er genoß vielmehr den Anblick hochgereckter Hinterteile in Pink, Gelb, verschiedenen Blautönen und zweimal Silberlamé. Jeder Fund wurde mit einem Aufschrei begrüßt und sofort bei Frau Antonie abgeliefert. Langsam nahmen die auf dem Tisch ausgelegten Perlen wieder die Form einer Kette an. Schließlich fehlte nur noch eine einzige, allerdings größere Kugel, die beim besten Willen nicht zu finden war. Erst am nächsten Morgen entdeckte sie Backgammon; er konnte gerade noch verhindern, daß die kleine Tochter vom Barkeeper das so wunderschön schimmernde Bonbon in den Mund steckte.
    »Ich glaub’s nicht«, sagte Frau Prander oder Pracker, die mit am emsigsten gesucht hatte, »nie hätte ich geglaubt, daß wir alle Perlen wiederfinden. Wir fahren morgen nach Mombasa, soll ich die Kette mitnehmen und bei einem Juwelier aufziehen lassen? Ich mache das gerne.«
    Frau Antonie bedankte sich höflich, sie zöge es jedoch vor, mit der Reparatur bis zu ihrer Heimkehr zu warten. »Mein Sohn ist Goldschmied, da weiß ich die Kette in den besten Händen.«
    »Ich glaub’s nicht, so ein Zufall!« Frau Prander oder Prakker mußte sich setzen. »Mein Schwager, also ein ganz richtiger ist er ja nicht, weil er ist der Bruder meines Schwagers, aber der ist auch Goldschmied. Er hat sogar ein eigenes Geschäft. In Kamen.«
    »Mein Sohn ebenfalls. In Düsseldorf«, sagte Frau Antonie gemessen.
    »Nein! Ich glaub’s nicht! Dann wohnen wir ja gar nicht weit auseinander. Wir leben nämlich auch in Kamen. Ich heiße übrigens Pahlke, Doris Pahlke. Angenehm«, sagte Frau Pahlke. »Sind Sie zum erstenmal in Afrika?«
    Frau Antonie sah sich hilfesuchend um, mußte jedoch feststellen, daß ihre Familie sie schnöde verlassen hatte. Es war überhaupt niemand mehr im Speisesaal, alle hatten sich rund um die Tanzfläche versammelt. »Kommen Sie, wir gukken mal, was da los ist.« Frau Pahlke erhob sich, und notgedrungen mußte Frau Antonie ihr folgen.
    Für einen Hotelmanager gibt es nichts Schlimmeres als Gäste, die sich langweilen. Dann haben sie nämlich Zeit, über die quietschende Tür in ihrem Zimmer nachzudenken, über den lauwarmen Kaffee vorgestern beim Frühstück und über den Poolboy, der wieder mal viel zu spät die Matratzen für die Sonnenliegen gebracht hatte. Der Tischnachbar wiederum stört sich an den herumlungernden Katzen, das Zahnputzglas heute morgen ist auch nicht ganz sauber gewesen – man tut sich also zusammen und formuliert eine schriftliche Beschwerde. Eine solche Tätigkeit fördert zwar den Bierumsatz, wird aber trotzdem vom Manager nicht gern gesehen.
    Herr Brunsli war Schweizer und als solcher nicht

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