Huete dich vor deinem Naechsten
mindestens ein paar tausend Dollar im Monat.«
»Vielleicht hat der falsche Marcus Raine sie bezahlt«, sagte Grady.
Jez nickte. »Möglich. Aber was hat sie hier gesucht?«
»Vielleicht wollte sie jemanden treffen.«
»Klar, einen Freier.«
»Könnte sein«, räumte Grady ein.
»Tja, dann sollten wir reingehen und uns ein bisschen umhören.«
Grady spürte das Handy in seiner Hosentasche vibrieren. Er zog es heraus und sah, dass Isabel Connelly ihm eine E-Mail geschickt hatte. Da er so auf den Namen Isabel Raine fixiert war, konnte er sie kaum zuordnen. In der Betreffzeile stand: »Ein paar Dinge, die Sie wissen sollten.«
»Au weia«, sagte er.
»Was ist?«
Er hielt das Handy so, dass Jez mitlesen konnte.
Besonders interessant fand Grady, dass fast alle Gesuchten sich so unprofessionell versteckten. Leute wie Kristof Ragan gehörten natürlich nicht dazu; sie streiften ihre Haut ab, verschwanden in einem Kokon und schlüpften als völlig anderes Wesen wieder heraus. Die meisten Leute hatten große Probleme damit, vertrauten Orten und Menschen fernzubleiben. Vielleicht waren sie schlau genug, nicht mehr ihre alten Apartments aufzusuchen, aber sie trafen sich heimlich mit Freunden oder übernachteten auf dem Sofa einer Tante. Irgendwann besuchten sie ihre alte Lieblingsbar in der festen Überzeugung, niemand würde sie dort suchen.
So war er kaum überrascht, als er sah, wie Charlie Shane, der untergetauchte Portier der Raines, einer Blondine, die ihre geschmückten, schwerkraftresistenten Brüste auf Augenhöhe senkte, einen Dollarschein in den Stringtanga steckte. Er und Jez wollten den Laden gerade verlassen, nachdem sie Fotos von Camilla Novak und Marcus Raine herumgezeigt und nichts als Verständnislosigkeit, verkniffene Mienen, flüchtiges Kopfschütteln und ausweichende Blicke geerntet hatten. Nun wichen ihnen zwei übertrieben muskelbepackte, stiernackige Schlägertypen nicht mehr von der Seite. Wie unauffällig.
Jez wirkte nervös, als ahnte sie eine Gefahr, von der Grady nichts merkte. Sie zupfte ihn am Ärmel, so dass er sich hinunterbeugte und sie ihm bei dieser lauten Musik etwas ins Ohr brüllen konnte.
»Wir sollten verschwinden, Verstärkung anfordern und den Laden für ein paar Stunden dichtmachen. Vielleicht zeigen sich die Leute dann hilfsbereiter.«
Auf einem T-förmigen Laufsteg stellten sich die unterschiedlichsten Frauen nackt zur Schau, während ein hypnotisierender Trance-Beat wummerte. Die Frauen lächelten, aber ihr Blick ging ins Leere; sie waren high oder ganz woanders. Einige von ihnen wirkten noch ziemlich jung, zu jung, um hier zu arbeiten. Ihre Haut sah frisch aus, und sie hatten einen kindlichen Zug um den Mund.
Grady hasste solche Lokale. Er genoss den Anblick einer tanzenden nackten Frau nicht weniger als andere Männer, aber hier wäre er am liebsten mit Bademänteln herumgelaufen, um die Mädchen zu bedecken und zu ihren Müttern zurückzubringen. Aber vermutlich befanden sich die Mütter in einer ähnlichen Lage. Wenn Frauen an einer Stange landeten, war die Familie nicht ganz unschuldig daran.
Während er beobachtete, wie sich eine Rothaarige energisch von einer grapschenden Hand befreite, dachte Grady an Clara. Wann hatte er zum letzten Mal mit ihr geschlafen? Der Abschiedsfick zählte nicht, jener traurige, sich hinziehende, endgültige Abschied nach dem Termin beim Scheidungsrichter. Er hatte sie zu einem Kaffee überredet, und dann waren sie in dem Apartment gelandet, das sie mit Sean teilte, eine geräumige Dreizimmerwohnung in Höhe der 50. Straße. Es gab eine Terrasse mit schöner Aussicht, und Grady fragte sich, wie die zwei sich so etwas leisten konnten. Es bereitete ihm große Genugtuung, sie zum letzten Mal in dem Bett zu nehmen, in dem sie mit ihrem neuen Freund schlief. Am liebsten hätte er danach auf die Laken gepinkelt. Nach dem Sex hatte sich die sentimentale, leidenschaftliche Clara in eine wütende Furie verwandelt und ihn hinausgeworfen.
»Ich kann nicht glauben, dass ich mich immer noch von dir manipulieren lasse, selbst jetzt, wo wir geschieden sind!«
»Vor Gott gibt es keine Scheidung. Du bist immer noch meine Frau.« Er meinte es nicht nur im Scherz.
»Raus, Grady.«
»Ach komm, Clara. Du weißt doch, da ist immer noch was zwischen uns. Tu es nicht.«
Sie ging nackt zu ihrer Tasche, wobei ihr herzförmiger Po bei jedem Schritt fröhlich wackelte, zog die Papiere heraus, drehte sich um und hielt sie ihm unter die Nase. Ganz
Weitere Kostenlose Bücher