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Huete dich vor deinem Naechsten

Titel: Huete dich vor deinem Naechsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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sorgen können. Ich wusste genau, warum das für ihr Wohlergehen so wichtig war - und Erik wusste es auch.
    »Linda hätte dem niemals zugestimmt«, sagte ich.
    Plötzlich war er kreidebleich, und er kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Da begriff ich.
    »Sie weiß es nicht?«, fragte ich.
    »Du kennst doch Linda«, sagte Erik und ließ den Kopf hängen. »Sie redet nicht gern über Geld.«
    »Du hast es getan, ohne mit ihr zu reden?«
    Er hob die Hand. »Es sollte nur kurzzeitig sein«, erklärte er. Er stand auf und stellte sich an eines der hohen Fenster. Ich sah verstohlen zur Schlafzimmertür hinüber und stellte mir Linda vor, verschlafen und mit wirrem Haar. Worüber redet ihr da? Aber die Tür war zu. Erik sprach weiter, so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
    »Marc hat gesagt, das Geschäft, das größte in der Geschichte von Razor Tech, würde in zwei Monaten über die Bühne gehen. Zwei der größten Spielehersteller der Welt hatten Interesse an dem Projekt bekundet, und er hatte sich auf einen Bieterkrieg eingestellt. Er versprach mir mein Geld plus fünfhunderttausend Gewinn, mindestens. Ich hätte das Loft bezahlt und den Rest angelegt. Dann hätten wir es geschafft. Linda hätte endlich die Sicherheit bekommen, die sie braucht, und sich niemals wieder Sorgen machen müssen. So hatte ich mir das vorgestellt.«
    »Aber Erik, ohne ihre Unterschrift konntest du keine Hypothek aufnehmen, oder?«
    Nach Trevors Geburt hatte Erik seine vielversprechende Karriere als IT-Berater an den Nagel gehängt, damit Linda arbeiten konnte und die Kinder nicht von Fremden versorgt wurden. Er hatte sie gemanagt und sich um alles gekümmert, um Verkäufe, Publicity, um die Programmierung und Pflege ihrer Website; er hatte die Finanzen geregelt und die Kinder betreut. Die Übereinkunft fand ich immer perfekt, und beide schienen sehr glücklich damit. Sie hatten alles zusammengeschmissen; es gab keine getrennten Konten und kein getrenntes Einkommen.
    »Sie hat unterschrieben«, sagte er und stützte sich mit den Handkanten am Fensterbrett ab. Das Fenster ging auf ein weiteres Gebäude mit Künstlerlofts hinaus, deren Bewohner die Antipathie meiner Schwester gegen Vorhänge teilten. »Sie hat es bloß nicht durchgelesen.«
    »Oh, Erik.« Ich war erschüttert. Ich kannte meine Schwester und wusste, dass sie daran zerbrechen würde.
    »Wäre das Angebot von irgendeinem anderen Menschen gekommen, hätte ich nicht einmal drüber nachgedacht«, sagte Erik in flehentlichem Ton und drehte sich wieder zu mir um. Mein Gesichtsausdruck muss Bände gesprochen haben, und nun warb er um mein Verständnis. »Aber Marc ist ein Genie, verstehst du? Außerdem gehört er zur Familie .«
    Sein respektvoller Tonfall rief mir die seltsame Spannung in Erinnerung, die ich immer schon zwischen meinem Mann und meinem Schwager wahrgenommen hatte. Linda hatte einmal lachend festgestellt, Erik schwärme für Marcus, als wäre Marcus der coolste Junge von der Schule, mit dem Erik liebend gern abhängen würde. Auch mir war das nicht entgangen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass Marcus sich der Tatsache bewusst war und sie sogar genoss. Ich hielt das Ganze für harmlos und fand es gut, dass sie sich gut verstanden. Sie waren befreundet, trafen sich nach der Arbeit auf einen Drink oder unternahmen mit den Kindern Ausflüge aufs Land, damit Linda und ich einen Tag im Bliss verbringen konnten, unserem Lieblingsspa.
    »Izzy, ich habe nicht versucht, sie zu täuschen. Bitte versteh das doch. Ich wollte sie überraschen!«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also schwieg ich und starrte bloß aus dem Fenster.
    »Izzy, er wollte mir das Geld gestern zurückerstatten. Wir waren zum Mittagessen verabredet, und bei der Gelegenheit wollte er mir den Scheck geben. Aber er ist nicht gekommen.«
    Ich beobachtete eine Frau im Loft gegenüber, die verschiedene Yogastellungen einnahm. Ihr unglaublich dünner Körper wirkte stark und biegsam. Eine Etage darüber jagte eine junge Frau ein nacktes Kleinkind durchs Wohnzimmer. Beide lachten. Es war nicht so, dass ich Erik nicht zugehört hatte. Ich brauchte nur etwas Zeit, um seine Worte zu begreifen. Sie passten zu allem, was Detective Crowe mir am Tag zuvor erzählt, und zu allem, was er mir verschwiegen hatte.
    »Erik, er würde dich niemals betrügen«, sagte ich mit schwacher Stimme. »Nie im Leben. Irgendwas muss ihm zugestoßen sein.«
    Erik nickte. Sein Gesichtsausdruck gefiel mir gar

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