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Huete dich vor deinem Naechsten

Titel: Huete dich vor deinem Naechsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Sie hinterließ ihre Telefonnummer.
    »Seit ich hier arbeite, hatte ich kein einziges Mal seinen Anrufbeantworter dran. Er geht immer ans Telefon«, sagte Teaford stirnrunzelnd. »Meinen Sie, dass ihm was zugestoßen ist?«
    Crowe machte sich weniger Sorgen um Shanes Wohlergehen als um seinen eigenen Riecher. Warum war nicht einer von ihnen hier unten geblieben, während der andere sich das Apartment ansah? Nicht dass es besonders klug gewesen wäre oder den Vorschriften entsprochen hätte, allein eine fremde Wohnung zu betreten, besonders nicht in diesem Fall.
    »Ich habe eine Streife bestellt, die Shane vor seiner Wohnung abfangen wird in dem unwahrscheinlichen Fall, dass er nach Hause fährt«, sagte Jez. Sie war ganz bei der Sache und hielt sich nicht mit eventuell begangenen Fehlern und Fehleinschätzungen auf. Sie arbeitete stets in der Gegenwart. Crowe hatte irgendwo gelesen, die Fähigkeit, im Rahmen der gegebenen Umstände zu agieren, anstatt sich andere zu wünschen oder zu erhoffen, trenne die Überlebenden einer Katastrophe von den Opfern. Er hätte gut und gerne noch zehn Minuten weitergrübeln können, um dann zu tun, was Jez längst in die Wege geleitet hatte.
    Sie stand am Aufzug und klickte ungeduldig mit ihrem Kugelschreiber. Diese Angewohnheit fand Crowe ziemlich nervtötend. Er notierte sich Name, Adresse und Telefonnummer von Teafords Freundin und wies diesen an, sich nicht von der Stelle zu rühren. Teaford wirkte eingeschüchtert, als Crowe einen Blick zurück zur Portiersloge warf, aber er wirkte keinesfalls schuldbewusst. Nicht in Crowes Augen. Was wusste er? Crowe hatte sich heute schon einmal getäuscht, und möglicherweise war er gerade dabei, den Fehler zu wiederholen.
    »Komm runter, Crowe«, sagte Jez. »Das konnten wir nicht ahnen.« Sie stand im Aufzug und hielt ihm die Tür auf.
    »Es ist unser Job , so was zu ahnen.«
    »Nein, da irrst du dich. Es ist unser Job, es herauszufinden .«
    Crowe warf einen zweiten Blick zurück zum Portier, der in sein Handy sprach. »Ich bleibe hier unten, bis die Kollegen da sind.«
    »Bitte sehr.« Jez ließ den Türöffner los.
    »Nichts anfassen, bis die Spurensicherung kommt«, rief er noch. Jez verdrehte die Augen, während sich die Türen des Aufzugs schlossen.
    Minuten später hörte er die Streifenwagen. Es handelte sich nicht um einen Notfall, aber die Kollegen benutzten Sirene und Scheinwerfer, um schneller voranzukommen und etwas Schwung in diesen normalerweise eher ruhigen Bezirk zu bringen. Er erinnerte sich an den Adrenalinstoß, den man bei einer Fahrt mit Sirenengeheul spürte, ganz besonders nachts. Es war das coolste Gefühl der Welt, alles wich beiseite, während man selbst wie ein Kampfjet dahinschoss. Manchmal hatten sie ihre Funkgeräte absichtlich leiser gestellt, um nicht zu hören, wenn eine Verfolgungsjagd abgebrochen wurde und sie Anweisungen erhielten, den Täter - den Autodieb, den bewaffneten Räuber - laufen zu lassen, damit keine Zivilisten zu Schaden kamen. Sie wollten den Gauner schnappen, auf den man sie angesetzt hatte; ihr Blut war voller Adrenalin und Testosteron, das sie aufpeitschte und nach einer Lösung, nach einem Erfolg verlangte. Nur aus diesem Grund endeten so viele Verfolgungsjagden mit der körperlichen Misshandlung des Täters. Nur aus diesem Grund wurden so viele Polizisten zurückgepfiffen.
    Sein Vater hatte für ein solches Verhalten kein Verständnis gehabt. »Die wahren Helden sind die, die am Abend heil zu ihren Familien zurückkehren«, pflegte er zu sagen, »die sich und ihre Kollegen niemals gefährden. Sie wissen, dass ihre Frauen und Kinder sie brauchen.«
    Crowe verstand den weisen Kern der Aussage, aber wenn irgendwo in einem Schnapsladen ein Mensch verblutete und er selbst mit hundertdreißig Sachen auf dem Broadway unterwegs war, um das Schwein, das geschossen hatte, zu schnappen, kam ihm dieses Wissen regelmäßig abhanden.
     

SECHS
    A m nächsten Morgen wachte ich im Gästezimmer meiner Schwester auf. Ich war nicht allein. Emily und Brown, der Familienhund, waren zu mir in das große Doppelbett geklettert und hatten es sich bequem gemacht. Brown lag auf meinen Füßen, die schmale Emily hatte sich an meinen Rücken geschmiegt. Ich war glücklich über die Gesellschaft. Andernfalls hätte mich die Verzweiflung, die mich überkam, als ich die Augen öffnete, völlig überwältigt.
    Manchmal ertappte ich mich bei dem düsteren Wunsch, der Schlag gegen meine Schläfe hätte mein Leben

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