Huete dich vor deinem Naechsten
da rein, Detective.«
Dann geschah etwas, ein wortloses Verständnis stellte sich ein, und Crowe trat beiseite und lud mich mit einer Handbewegung ein, die Trümmer meines Lebens zu besichtigen.
ACHT
E r wachte mit einem Schrecken auf und schnappte nach Luft. Im Zimmer war es dunkel, aber an dem schmalen Lichtstreifen zwischen Jalousie und Fensterrahmen konnte er sehen, dass draußen Tag war. Wie lange hatte er geschlafen? Zu lange.
Sie bewegte sich neben ihm.
»Entspann dich«, sagte sie. »Es ist vorbei. Heute Abend bist du weg.«
Er antwortete nicht. Es war nicht vorbei. Das Geld war überwiesen, die Beweise vernichtet, seine Flüge gebucht, aber es war noch lange nicht vorbei. Während des bequemen Lebens, das er sich eingerichtet hatte, war ihm ganz entfallen, was es bedeutete, Angst zu haben.
Er schaute auf Saras lange, schlanke Gestalt und fühlte eine starke Erregung, die ihn immer überkam, wenn er ihren Körper sah. Trotzdem rückte er von ihr ab, zog das Handy aus seiner Hose, die neben dem Bett auf dem Fußboden lag, und schlich ins Badezimmer.
Ihr Apartment war eine Bruchbude, vollkommen verdreckt. Sie lebte wie ein Mann, sie verschwendete keine Gedanken an Einrichtung und Sauberkeit. Ihre Wohnung war einfach ein Ort zum Schlafen, der lediglich aus einem Schlafzimmer, einer Küche und einem Bad bestand.
Er klappte sein Telefon auf und fing an, mit beiden Daumen zu tippen:
Glaub nicht, ich hätte dich nicht geliebt, denn ich habe es getan. Erinnere dich daran, dass ich dich eine Zeit lang glücklich gemacht habe, dass wir gute Freunde und ein überdurchschnittliches Liebespaar waren. Und dann vergiss mich. Trauere um mich, als wäre ich tot. Versuch nicht, mich zu finden oder die Fragen zu beantworten, die du dir jetzt sicher stellst. Falls doch, kann ich dich und deine Familie nicht beschützen. Das war eine dumme Idee, sie grenzte an Selbstmord, und er war überrascht, sie überhaupt in Erwägung gezogen zu haben. Besser, sie hielt ihn für tot. Aber er kannte sie und wusste, wie weit sie gehen würde, um Recht zu bekommen oder ihm Fehler nachzuweisen. Was sie aufs Spiel setzen würde, um die lächerlichsten Fragen beantworten zu können. Sie streifte durch die gefährlichsten Gegenden der Stadt, nur um ihre Geschichten realistischer wirken zu lassen. Allein um die Angst zu spüren, die richtigen Worte zu finden. Er begriff, dass sie nach seinem Verschwinden mit dem Nichtwissen niemals würde leben wollen. Und wenn es so war, konnte er ihr nicht mehr helfen, sie nicht vor sich selbst beschützen.
»Verlierst du jemals die Beherrschung, Marcus? Ist dir je eine Sicherung durchgebrannt?«, hatte Isabel neulich bei einem Streit gefragt. »Möchtest du nicht wissen, wie es sich anfühlt, mal so richtig Dampf abzulassen?«
»Nein«, antwortete er lächelnd, »das wäre Energieverschwendung. Ein Motor läuft am besten, wenn er warm ist, nicht heiß.«
»Und wenn er zu kalt wird, bleibt er stehen. Oder fängt an zu stottern.«
Aber er war nicht so kalt, wie sie dachte. Es war nur so, dass ihr Motor so heiß lief, dass sich alles andere im Vergleich kalt anfühlte. Ihre Launen, ihre Leidenschaft, ihre brennenden Wünsche, ihre Ansichten und Motive waren genau der Grund, warum er sich so zu ihr hingezogen fühlte. Sie taute ihn auf. Die Zeit mit ihr hatte ihn auf eine Weise verändert, die er sich früher nicht einmal hätte träumen lassen. Er war schon viel zu lange bei ihr geblieben.
Wenn er sich an seinen ursprünglichen Plan gehalten und schon früher das Weite gesucht hätte, wäre er jetzt in einer besseren Lage. Jetzt hatte er Blut an den Händen, musste überstürzte Entscheidungen treffen und sich von Leuten helfen lassen, zu denen er eigentlich keinen Kontakt mehr wollte. Er spürte Wut und Reue in sich brodeln und versuchte, das Gefühl zu ersticken; es war an der Zeit, wieder zu gefrieren, so wie ein stiller See im Winter. Der Sommer, seine Zeit mit Isabel, würde zu einer Erinnerung verblassen.
Einen Moment lang schwebte sein Finger über der Senden -Taste, dann drückte er darauf. Im selben Augenblick überkam ihn ein seltsames Gefühl, eine Mischung aus Traurigkeit und Angst. Dann entfernte er Akku und SIM-Karte aus dem Handy, spülte sie die Toilette hinunter und warf das Gehäuse in den Mülleimer.
»Was tust du da?«, rief sie. »Komm zurück ins Bett.« Er betrachtete sich im Spiegel über dem Waschbecken. Seine Gesichtsbehaarung war zwei Tage nach der letzten Rasur so
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