Huete dich vor deinem Naechsten
einmal nachgesehen, weil meine Karte nicht akzeptiert worden war.
»Du hast eine abgelaufene Karte benutzt, Isabel«, erklärte Marcus, als ich ihn anrief. Seltsamerweise hatte ich nicht daran gedacht, Amex oder den Finanzberater anzurufen. »Die neue hatte ich dir schon vor drei Wochen auf den Küchentresen gelegt.«
Daraufhin hatte ich in einem Stapel alter Post gewühlt und die Karte prompt gefunden, zusammen mit einem Postit: »Nimm diese und zerschneid die alte. Küsse, M.«
Damals hatte ich mich genug geärgert, um mir vorzunehmen, mich mehr für unsere Finanzen zu interessieren. Aber nach ein paar Tagen gab ich gelangweilt auf.
Nun saß ich an Trevors Schreibtisch und sah mir Marcus’ Ausgaben an. Seine Firmenkarte und unsere privaten Kreditkarten waren vom selben Anbieter.
Ich ging einige Monate zurück, bis mir das Muster auffiel. Am fünfzehnten jedes Monats - oder um den fünfzehnten herum - waren fast zweitausend Dollar von Marcus’ Karte abgebucht worden. Der Empfänger war eine Firma namens Services Unlimited. Möglicherweise handelte es sich um einen ganz normalen Dienstleister, der Gebäude reinigte oder Dokumente schredderte oder mit irgendwelchen Software-Lizenzen handelte. Aber abgesehen davon warf keine der anderen Abbuchungen irgendwelche Fragen auf. Die Abbuchungen von Cornucopia (meinem Lieblingsfloristen), Mandarin Oriental und die unglaublich hohe Summe von La Perla fielen alle mit Geschenken oder Unternehmungen zusammen, an die ich mich gut erinnern konnte.
Ich suchte im Internet nach Services Unlimited und fand eine Webseite, auf der ein »Zeitarbeitsservice« angeboten wurde. Außergewöhnlich schöne Frauen in knappen Businesskostümen beugten sich provokant nach vorn, um Diktate aufzunehmen und Akten herauszusuchen, oder sie verfolgten, aufmerksam und mit einem Stift im Mund, eine Sitzung. Unter anderen Umständen hätte ich darüber gelacht, aber nun drehte sich mir der Magen um. Ich klickte mich durch die vielen Seiten mit langbeinigen jungen Frauen mit Schmollmund, die ihre Fähigkeiten als »Schreibkraft« anboten. Services Unlimited war ein ganz legaler Begleitservice, der ausdrücklich keinen Sex, sondern reizende Begleiterinnen im Angebot hatte. Und wie jede legale Firma akzeptierte das Unternehmen Kreditkarten. Ich versuchte vergeblich, mir Marcus mit einer jener Frauen vorzustellen, mir vorzustellen, wie er für Sex bezahlte. Dafür war er zu arrogant, es schien schlicht unmöglich. Aber was wusste ich schon über Marcus? Über Männer? Vor wenigen Stunden erst hatte ich seinen richtigen Namen erfahren.
Ich nahm gerade einen abgegriffenen Transformers-Notizblock und einen lila Füller aus dem Regal über Trevors Schreibtisch, um mir die Nummer auf dem Bildschirm zu notieren, die mit »718« anfing und demnach zu einem Anschluss in einem Außenbezirk gehören musste, als ich die Blondine vom Überfall wiedererkannte. Sie wurde als »S« geführt, und ihre Beschreibung lautete: Ein Meter zweiundachtzig aus purer Effizienz und reinstem Durchhaltevermögen.
Gedankenverloren berührte ich meine Kopfwunde und zuckte vor Schmerz zusammen - vor körperlichem Schmerz, aber auch wegen der Erinnerung an die SMS. Ich kann dich immer noch in mir spüren.
Ich versuchte, die Einzelteile zusammenzufügen - die SMS, die Frau mit der Pistole, die sich als FBI-Agentin ausgegeben hatte und nun auf dieser Webseite herumgeisterte, die monatlichen Abbuchungen auf Marcus’ Kreditkartenrechnung. Es überstieg meine Vorstellungskraft, ich war nicht in der Lage, die scheinbar unzusammenhängenden Fakten zu einer Geschichte zu verweben. Ich starrte ihr Bild an und hegte die finstersten Gedanken, als mein Handy zu klingeln begann. Ich warf einen Blick aufs Display. Jack rief an, mein Agent.
»Hey«, sagte er, als ich den Anruf entgegennahm. »Gute Neuigkeiten. Ein hübscher Scheck ist eingetroffen. Wegen der Rechte, die wir nach Großbritannien verkauft haben.«
Die Frau mit den gespreizten Beinen, dem Telefonhörer in der Hand, den geöffneten Lippen schien mich provozieren zu wollen. Ich hätte sie am liebsten erwürgt. Meine ganze Wut richtete sich auf sie. Wer bist du? Was bedeutest du meinem Mann?
»Iz?«
»Ja, ich bin hier.«
»Was ist los?«
»Nichts. Alles in Ordnung.« Wann würde ich in den Nachrichten auftauchen? Wahrscheinlich schon bald. Die wenigsten Autoren sind Stars, aber diese Geschichte könnte mich zu einem machen. Ein gefundenes Fressen für die Presse. Gatte von
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