Hueter der Daemmerung
Thermo-Shirt. Und er sah so … umwerfend aus. »Jep … ich habe gedacht, ich nehme sie noch mal mit raus. Dieses Mal vielleicht in einen anderen Park, sodass unser Verhalten für die Engel unberechenbar bleibt.«
Ich lehnte mich an die Wand und war mir vage bewusst, dass Seb gleich dort unten saß. »Sei vorsichtig«, sagte ich mit gedämpfter Stimme. »Bitte.«
Er lächelte und streichelte mein Gesicht. »Ich pass schon auf mich auf, keine Angst. Schließlich mache ich das schon jahrelang. Sie brauchen einfach noch etwas mehr Übung, das ist alles.« Dann verdüsterte sich seine Miene und ich merkte, dass er an das Konzil dachte und hoffte, dass Kara herausfinden würde, was vor sich ging – sonst wäre es nämlich unerheblich, wie viel Übung die AKs bekämen. »Na egal, wie läuft’s?«, fragte er und deutete mit dem Kopf zum Fuß der Treppe.
»Richtig gut«, sagte ich. »Wir haben zwar mit dem Auratraining noch nicht angefangen, aber … Alex, er hilft mir total viel weiter.« Ich brach ab, da mir klar wurde, dass ich nicht viel sagen konnte, ohne mich in lange Erklärungen zu verstricken. Schließlich hatte ich Alex ja gar nichts von meinen Befürchtungen erzählt.
»Gut«, antwortete Alex. »Das freut mich.« Und ich wusste, dass das stimmte, selbst wenn klar war, dass er für Seb immer noch nicht viel übrig hatte. Er lächelte und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich muss doch dafür sorgen, dass der Kerl sich wenigstens seinen Lebensunterhalt verdient.«
Seinen Lebensunterhalt verdient. Verdiente ich denn meinen? Ich versuchte, zurückzulächeln, was auf einmal gar nicht mehr so einfach war.
»Was ist?«, erkundigte sich Alex.
»Nichts. Nur … ich hänge hier zu Hause rum, zusammen mit Seb, während ihr anderen wieder auf die Jagd geht und vielleicht euer Leben riskiert …«
»Stopp«, sagte er entschieden. Er nahm meine Hand und drückte sie beruhigend. »Willow, was du hier machst, ist genauso wichtig – das ist mein voller Ernst.« Er zögerte und schaute auf unsere verflochtenen Finger hinunter. »Und … ich wollte eigentlich mit dir darüber reden. Jetzt, wo das Konzil in der Stadt ist, halte ich es für besser, wenn du vielleicht …«
»Ich weiß«, fiel ich ihm ins Wort. »Keine Angst, ich habe bereits beschlossen, mich an keiner Jagd mehr zu beteiligen, bis ich gelernt habe, meine Aura zu verändern.« Denn obwohl der Gedanke, zu Hause zu hocken, während die anderen sich in Gefahr brachten, an mir nagte, war die Bedrohung, die meine Halbengel-Energie darstellte, nicht zu rechtfertigen. Nicht, wenn ich wusste, dass es möglich war, sie zu verändern.
Alex nickte, offensichtlich hin- und hergerissen. Ich konnte seine Erleichterung darüber spüren, dass ich auf absehbare Zeit nicht mehr mit ihnen losziehen würde – doch zugleich beschäftigte es ihn, dass mich das Team noch nicht wirklich akzeptiert hatte. Wir wussten beide, dass meine Entscheidung in dieser Hinsicht nicht hilfreich war. Genau in diesem Moment hörten wir, wie sich die anderen in der Küche versammelten.
»Ich gehe dann mal besser«, sagte er. Er beugte sich vor und küsste mich. Ich schlang die Arme um seinen Hals und genoss die Wärme seiner Lippen, die auf meinen lagen. Es kam mir vor, als wäre es Jahre her und nicht Tage, dass ich ihn so unbeschwert hatte küssen können. Die freudige Erleichterung, die in mir aufwallte, war beinahe schwindelerregend. Jetzt, wo ich wusste, dass alles in Ordnung war, wollte ich nur noch mit Alex allein sein – wirklich allein, und das so lange wie möglich.
»Bis später«, sagte er, als wir uns voneinander lösten. Der Ausdruck in seinen blaugrauen Augen ließ mich dahinschmelzen. Er küsste mich auf die Nase. »Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.« Ich stand an der Wand und sah zu, wie er durch die Schießanlage zurückging und in der Küche verschwand. Stimmengewirr, das öffnen und Schließen der Tür. Meine Freude verflüchtigte sich. Ich seufzte und hoffte, dass sie wohlbehalten zurückkommen würden. Es fühlte sich so merkwürdig an, dass Alex ohne mich irgendwohin ging – und bis heute war das ja auch so gut wie nie vorgekommen, seit wir uns begegnet waren.
Ihm wird nichts passieren, sagte ich mir. Wenn irgendjemand weiß, was er tut, dann Alex.
Hinter mir hörte ich, wie Seb aufstand und zum Fuß der Treppe kam. »Sind sie weg?«
»Ja, sie gehen auf die Jagd.« Ich lief die Stufen hinunter, streifte Seb, der dort stand, und fing an, die
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