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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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verbringen wollte.
    Ich rückte von Seb ab, schnappte mir die Kekstüte vom Tisch und öffnete sie. Das Plastik gab ein tröstliches Geknister von sich, das die Stille füllte. »Du weißt, dass mein Traum nichts … ich glaube, er hat nichts zu bedeuten«, platzte ich heraus. »Oder doch, aber dann nur, dass du und ich ganz eng und gut befreundet sind. Denn mehr kann er nicht bedeuten.«
    »Willow, es ist okay«, sagte Seb ruhig.
    Peinlicher als peinlich. Ich konnte ihm kaum in die Augen schauen. Ich räusperte mich. »Hör mal … vielleicht sollten wir mit dem Aura-Training anfangen. Bislang haben wir bloß geredet.«
    Seb verstand den Wink. Wie gestern. Er nickte. »Ja, du hast recht«, sagte er. »Aber ich glaube, erst mal sollte ich einen von diesen Keksen probieren. Mal gucken, ob sie nicht doch irgendwie orange sind.« Er streckte sich, griff nach der Tüte und bediente sich.
    Er biss hinein. Eine Pause entstand.
    »Und?«, erkundigte ich mich schließlich.
    »Einigermaßen essbar«, sagte er übertrieben gleichmütig. »Ich muss noch mal probieren, um ganz sicherzugehen.« Er nahm noch einen Bissen, den er bedächtig kaute. »Hm, schwer zu sagen.«
    Meine Verlegenheit legte sich ein wenig. »Du elender Schwindler«, sagte ich. »Du willst nur nicht zugeben, dass sie dir schmecken.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Pass bloß auf«, sagte er mild. Er bedachte mich mit einem warnenden Blick, während er sich einen Krümel vom Finger leckte. »Ich habe in deiner Hand gelesen, dass du wahnsinnig kitzelig bist.«
    »Oh, das ist jetzt aber total unfair. Ich habe von deinen Schwächen überhaupt nichts mitgekriegt.«
    Seb machte ein selbstzufriedenes Gesicht. »Vielleicht findest du es ja eines Tages heraus.«
    Und als er sich den restlichen Keks in den Mund steckte, verflüchtigte sich meine Anspannung unter seinem spöttischen Blick. Mir ging auf, dass er genau das hatte erreichen wollen. Er wollte mir zu verstehen geben, dass alles in Ordnung war. Dass er mich nicht unter Druck setzen würde, niemals. Ganz gleich, was er sich darüber hinaus noch erhoffte, Seb war mein Freund. Das hatte er mir zuvor schon gesagt, und er meinte es wirklich ernst.
    »Danke«, sagte ich, bevor ich mich zurückhalten konnte.
    Er fragte nicht, wofür ich mich bedankte, trotzdem war mir klar, dass er es wusste – er schnalzte nur mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Das mit dem Danke wirst du dir noch anders überlegen, wenn du erst mal merkst, was für ein knallharter Lehrer ich bin.«
    »Bist du das?«, fragte ich mit einem Lächeln.
    »Oh ja, sehr streng.« Seb setzte sich auf und wischte sich die Hände ab. »Okay, dann mal los.«
    In jener Nacht lag ich im Dunkeln in meinem Bett und lauschte auf die leisen Geräusche rund um mich herum, während die anderen schliefen. Trotz der Sorgen wegen des Konzils war ich lange nicht mehr so glücklich gewesen. Ich konnte meinem Engel wieder vertrauen. Sie war also doch nur mein zweites Ich. Und, was noch viel besser war: Etwas früher am Abend hatten Alex und ich uns für eine halbe Stunde in sein Zimmer geschlichen und die Welt um uns herum war in Bedeutungslosigkeit versunken. Bebend atmete ich aus, schlang unter der Bettdecke die Arme um meinen Körper und wünschte mir, jetzt bei ihm zu sein, wünschte mir, geborgen in seinen Armen zu schlafen, die ganze Nacht lang. Immerhin, ihm für ein Weilchen nahe zu sein, ohne die kalte Angst, die mir den Magen umgedreht und mich innerlich aufgefressen hatte, war … na ja, nicht genug, aber immer noch ziemlich fantastisch gewesen.
    Als ich mich auf die Seite rollte, fiel mein Blick auf das kleine Kinderfoto von mir, auf dem ich durch die fedrigen Weidenblätter blinzelte. Sanft berührte ich den Bilderrahmen. Nachdem ich am Nachmittag ein paar unergiebige Stunden lang an meiner Aura gearbeitet hatte, war Seb irgendwann vom Sofa aufgestanden und hatte sich gereckt.
    »Komm mit, du brauchst eine Pause«, sagte er.
    »Komm mit, wohin?«, fragte ich und stand auf. Die kleine Unterbrechung war eine Erleichterung. Ich hatte nicht erwartet, dass es so schwierig werden würde.
    »Ich muss dir etwas geben.«
    Überrascht sah ich ihn an – und dann verstand ich. »Ist es das, was ich glaube«, fragte ich, als wir aus dem Zimmer gingen.
    Er setzte eine verdutzte Unschuldsmiene auf. »Woher soll ich wissen, was du glaubst? Meinst du, ich kann hellsehen, oder was?«
    »Haha, sehr witzig.«
    Sebs Lagerschlafraum war bis zur Decke mit Kartons

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