Hueter der Daemmerung
dem entweder Willow oder Seb mehrere Minuten lang hochkonzentriert seine Hand halten könnten, würde zu leicht Verdacht erregen. Sämtliche hochrangige Kirchenmitglieder würden sich momentan in höchster Alarmbereitschaft befinden und jeden ungewöhnlichen Vorfall umgehend registrieren.
»Nein, wir können nicht riskieren, dass sie uns auf die Schliche kommen«, sagte er. Er warf Seb einen Blick zu und noch während er die Frage stellte, war ihm bewusst, dass die Idee ziemlich weit hergeholt war. »Könntest du etwas spüren, wenn du in die Kathedrale gingest? Willow kann es nicht machen, wegen der ganzen Engel, die dort herumschwirren. Aber du kämst doch klar, wenn du deine Aura verändern würdest.«
Seb sah ihn überrascht an. »Du meinst, ob ich Einzelheiten zu den Sicherheitsvorkehrungen rauskriege, indem ich einfach nur da bin?« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann’s versuchen, aber ich glaube nicht, dass es klappt. Ich denke, alles, was ich erkennen werde, ist, dass die Kathedrale ein gefährlicher Ort ist.«
Und das wäre keine weltbewegende Neuigkeit. Alex seufzte. »Okay, das fällt also flach. Kara, wie leicht wäre es, in die Büros einzubrechen?«
»Überhaupt nicht leicht, ist aber anscheinend unsere einzige Hoffnung.« Kara machte ein saures Gesicht, als wäre sie nicht überrascht, dass sich die Halbengel nicht als nützlicher erwiesen. Sie nahm einen Stift und fing an, auf einem leeren Stückchen Papier eine Skizze anzufertigen.
»Okay, hier ist die Kathedrale. Im Sakramentshaus gibt es immer noch eine kleine Kapelle, die Besuchern offensteht – die neuen Büroräume befinden sich dahinter. Man betritt sie von der Kathedrale aus, durch diese Tür.« Sie schwärzte eine Linie mit dem Stift. »Die Informationen finden sich bestimmt im Computer des Predigers, oder in seinen Akten. Leider scheinen elektronische Türschlösser mit Zahlencode gerade voll im Trend zu liegen. Sie haben gerade eins an der neuen Tür installiert. Wenn wir da reinwollen, müssen wir also irgendwie den Zugangscode herausbekommen.«
»Vielleicht mit einer Videokamera?«, schlug Wesley vor. Als alle sich umdrehten, um ihn anzuschauen, liefen seine Wangen dunkel an. Entschlossen fuhr er fort: »Na ja – mehrere Hundert Touristen sind jeden Tag mit ihren Videokameras da drin unterwegs. Wir könnten ein Teleobjektiv benutzen und immer dann die Tür filmen, wenn jemand die Nummer eintippt.«
Alex nickte. »Ja, gute Idee. Prima, Wes!« Kara war damit beschäftigt, der Skizze von der Kathedrale und den Büroräumen weitere Einzelheiten hinzuzufügen: Flure und ein paar Ausgänge. Er stützte sich auf dem Tisch ab, während er den Grundriss Marke Eigenbau studierte. »Wie genau ist das hier? Können wir einen richtigen Plan von den Büroräumen bekommen? Oder ist der jetzt auch geheim?«
»Total geheim, jetzt wo die Kathedrale das mexikanische Church of Angels -Hauptquartier ist«, sagte Kara düster und legte den Stift weg. »Das hier ist ganz brauchbar, glaube ich. Luis hat mich mal durch die Büros geführt.«
»Stimmt, das ist sie.« Seb stand da und nahm den Plan unter die Lupe. »Ein paar Sachen hast du allerdings ausgelassen.«
Kara maß ihn mit einem kühlen Blick. »Wie zum Beispiel?«
Er nahm den Stift. »Hier sind Türen, und hier.« Er zog die Linien mit sicherer Hand, präzise und ohne zu zögern. »Diese hier ist sehr klein, die entgeht einem leicht. Und ich weiß nicht, ob es den noch gibt, aber früher hatte das Sakramentshaus einen Notausgang, und zwar hier. Man kam raus, aber nicht wieder rein.«
Alex hatte sich aufgerichtet und sah ihm aufmerksam zu. »Bist du sicher? Woher weißt du das alles?«
Seb zuckte mit den Schultern und warf den Stift hin. »Die catedral war ein guter Ort für Taschendiebe. Jedes von uns Straßenkindern kannte sie in- und auswendig.«
Alex war nicht überrascht. Auf seine Nachfrage hin hatte Willow ihm ein wenig von Sebs Vergangenheit erzählt. Den anderen hatte er es aber nicht weitererzählt. Jetzt starrten Trish und Liz Seb sprachlos an. Und die Jungs warfen sich Blicke zu, die besagten: Hast du gehört, was ich gehört habe?
Kara bedachte Alex mit einem Blick, in dem zu lesen war, dass sie ihn persönlich dafür verantwortlich machte. »Du erzählst uns also, dass du ein Taschendieb warst.«
»Oh ja«, sagte Seb mild und strich sich seine Locken aus dem Gesicht. »Viele Jahre lang. Wenn ich nicht gerade irgendwo eingebrochen bin.«
Alex überkam plötzlich das
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