Hueter der Daemmerung
Dafür brauchen Sie einen speziellen Ausweis.«
Alex gab sich verwirrt und zog ein Stück Papier aus der Tasche, auf das er die Angaben zu seinem Termin gekritzelt hatte. »Entschuldigung, ich meine natürlich die vierundfünfzigste«, sagte er und steckte es wieder ein. Während der Fahrstuhl aufwärtssummte, betrachtete er das Schlüsselloch neben dem Knopf für das oberste Stockwerk. Okay, was würde passieren, wenn das Team den Fahrstuhlführer überwältigte und den Schlüssel an sich brachte? Er dachte daran, was sie bislang herausgefunden hatten, und wusste: Alles hier war computergesteuert. Das Sicherheitspersonal würde den Fahrstuhl ganz einfach stoppen.
Der Aufzug erreichte sein Ziel und Alex stieg aus. Um keinen weiteren Verdacht zu erregen, hielt er den Termin tatsächlich ein und sprach eine halbe Stunde lang mit einem Versicherungsagenten über seinen Versicherungsbedarf (der anscheinend gewaltig war), während er die darüberliegende Etage scannte.
Engel, eindeutig. Mehr als er zählen konnte. Und manche ihrer Energiefelder waren stärker als alle, mit denen er je zuvor in Berührung gekommen war, sie trafen ihn mit einer Wucht, die er körperlich spüren konnte.
Auf dem Weg nach draußen hatte Alex nach der Toilette gefragt und war dann mit leicht verwirrter Unschuldsmiene herumgewandert. In einer abgelegenen Ecke hatte er die Tür zum Treppenhaus entdeckt und angefangen, sie aufzudrücken. Eine Frau, die aus einem der anderen Büros kam, hatte ihn mit einem entschuldigenden Lächeln aufgehalten. »Nein, nein, Señor – gehen Sie nicht da raus. Ohne den Zugangscode kommen Sie in keine der Etagen wieder hinein.«
Zum dem Zeitpunkt hatte Alex die schwere Brandschutztür bereits halb aufgeschoben. Ein schneller Blick nach draußen zeigte ihm ein digitales Nummerntastenfeld, mit dem das Schloss geöffnet wurde. »Entschuldigung, falsche Tür«, sagte er, grinste wie ein trotteliger Gringo und ließ sie wieder zufallen. »Könnten Sie mir wohl sagen, wo die Toilette ist, Senora!«
Jetzt, als er inmitten des Teams am Tisch in der Schießanlage stand, erläuterte er, was passiert war, während er die zwei Blaupausen ausbreitete, die er hatte ergattern können. Die eine zeigte das oberste Stockwerk des Torre Mayor – unglücklicherweise war der dargestellte Bereich so gut wie leer. Anscheinend waren die VIP-Suiten und Konferenzräume erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt worden.
»Das Konzil ist eindeutig immer noch dort oben«, sagte Alex und tippte auf die Pläne für die oberste Etage.
»Das habe ich mir gedacht«, sagte Willow leise. Ihre rotgoldenen Stachelhaare umrahmten ihr Gesicht, während sie die Blaupausen betrachtete. Sie und Seb standen nebeneinander. Alex versuchte, einen leisen Anflug von Gereiztheit zu unterdrücken. Seb war erst seit zwei Tagen hier, und schon klebte er an Willow wie eine Klette.
Die anderen traten unruhig von einem Fuß auf den anderen, als Willow sprach, und warfen den beiden misstrauische Blicke zu. Alex wusste, dass das halbe Team der Meinung war, dass sich die zwei Halbengel schon vorher gekannt haben mussten. Das beunruhigte ihn, aber er hatte keine Ahnung, wie er dem entgegentreten konnte. Er konnte ihnen schließlich nicht befehlen, Willow und Seb zu vertrauen.
»Dieses obere Stockwerk fühlt sich einfach nur … gefährlich an«, setzte Willow hinzu. Sie sah zu Seb hoch, der nickte.
»Es wirkt so, als würde dort etwas passieren«, sagte er mit seiner ruhigen Stimme. Mit leicht gerunzelter Stirn berührte er das Symbol für den Lastenaufzug. Danach ließ er seinen Finger zu demselben Zeichen auf dem anderen Plan hinübergleiten, der das Erdgeschoss abbildete. »Und hier auch, glaube ich.« Er zog mit der Fingerspitze einen Kreis um den Fahrstuhl.
Trotz seiner Abneigung gegen Seb war Alex froh, eine Bestätigung zu erhalten. Den Lastenaufzug des Gebäudes erreichte man über die Ladezone, wo angelieferte Waren in Empfang genommen wurden. Er hatte diese Route bereits als die wahrscheinlichste Zugangsmöglichkeit für das Team herausgepickt: Falls es einen Schwachpunkt im Sicherheitssystem des Hauses gab, dann dort. Da war er sich ziemlich sicher.
Liz strich sich eine dunkle Haarsträhne aus ihrem blassen Gesicht. »Wie bist du überhaupt an die Grundrisse herangekommen? Unterliegen sie nicht der Geheimhaltung, jetzt wo das Konzil dort wohnt?«
Alex studierte die Lieferantenzufahrt, die zu der Ladezone führte. Vor lauter Ungeduld, sich selbst
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