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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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dass dir das klar ist«, sagte er sanft. »Mein Gott, wenn überhaupt irgendjemand begreift, was auf dem Spiel steht, dann du.« Er strich ihr eine kurze Haarsträhne hinters Ohr und feixte. »Was ist jetzt? Habe ich mir denn jetzt das Anrecht erworben, zu erfahren, wie es mit dem Auratraining vorangeht?«
    Willow seufzte. »Immer noch nicht so besonders«, bekannte sie. »Es ist viel schwerer, als ich dachte.«
    Die Entmutigung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Alex drückte ihre Hand und schüttelte zum Spaß ungläubig den Kopf. »Das ist alles? Und das, nachdem du mir – Sekunde mal …«, er nahm die Finger zu Hilfe, »… eins, zwei, drei, vier, ßinf Küsse abgeluchst hast? Bloß dafür, dass es mit dem Auratraining nicht so besonders läuft?«
    Sie grinste und schmiegte sich wieder an ihn. »Verklag mich doch«, murmelte sie an seinen Lippen.
    Meine übersinnlichen Fähigkeiten waren mir immer so mühelos zugeflogen, dass ich geglaubt hatte, meine Aura zu tarnen wäre ebenso einfach, wenn Seb es mir erst einmal erklärt hätte. Aber das war es nicht – anfangs erforderte es schon Übung, meine Aura überhaupt zu sehen. Es kam mir so unnatürlich vor, sie wahrzunehmen. Als würde man von seinem eigenen Schnarchen geweckt. Nach drei Tagen konnte ich meine Aura endlich problemlos sichtbar werden lassen. Dafür kam ich mir bei dem Versuch, sie zu verändern, vor wie eine Zweitklässlerin, die sich an höhere Mathematik heranwagt. Und für Seb war es so einfach: Nicht nur, dass er seine Aura sehen konnte, nein, er konnte sie mental auch irgendwie festhalten und allein durch seine Vorstellungskraft ihre Farbe verändern.
    »Du musst dich mit ihr anfreunden.« Das hatte er mir wohl schon ein Dutzend Mal gesagt. »Sei simpático.«
    Wir waren wieder unten im Fitnessraum, wo Seb rittlings auf dem Multitrainer hockte. Bartstoppeln bedeckten sein kantiges Kinn, offensichtlich hatte er mich beim Wort genommen, was das Rasieren betraf. Fehlten nur noch eine Lederjacke und ein paar kreischende Groupies, was allerdings vollkommen Seb-untypisch und damit völlig unrealistisch gewesen wäre.
    Ich nickte und war fest entschlossen, es dieses Mal zu schaffen. »Na gut, ich versuch’s noch mal.«
    Ich saß im Schneidersitz auf einem Sofapolster. Ich schloss die Augen und holte tief Luft. Vor meinem inneren Auge erschien meine Aura. Ich saß ganz still und registrierte, wie sie von meinem Körper ausstrahlte: lebhaft und unbekümmert, wenn ich glücklich war; zaghaft und eng an mich geschmiegt, wenn ich aufgeregt oder durcheinander war. Gerade lag sie größenmäßig irgendwo dazwischen und wirkte so konzentriert wie ich selbst. Ich sah zu, wie ihre lavendelfarbenen Lichtflecken durch das Silber drifteten … und dann streckte ich im Geist die Hände nach ihr aus und versuchte, sie zu fassen zu bekommen.
    Blau, sagte ich zu ihr. Du musst jetzt himmelblau werden.
    Die Aura vor meinem inneren Auge blieb ruhig, aufmerksam und … silbern. Wie gehabt. Ich machte die Augen auf und starrte sie missmutig an.
    Der Multitrainer quietschte, als Seb aufstand. »Vielleicht sollten wir mal etwas anderes ausprobieren«, sagte er. Das Sofapolster senkte sich, als er sich neben mir niederließ. Wie immer, wenn unsere Auren sich vermischten, durchfuhr mich ein angenehmes Kribbeln. »Erfühle einfach, was ich mache, ja?«
    Seite an Seite saßen wir da und ich konnte Sebs heitere Konzentration spüren, die so anders war als meine verbissene Anspannung. Sie war luftig und unbeschwert wie ein flüchtiger Nebengedanke, oder ein schöner Tagtraum. Sanft versetzte er seiner Aura einen Schubs. Ich fühlte, wie sie zitterte, als die Farben, die Seb sich vorstellte durch sie hindurchfuhren. Grün. Dann ein trübes Grau. Wieder Grün. Silber.
    Keiner von uns bewegte sich, während Seb wieder und wieder seine Aura veränderte. Fast unmerklich begann ich, seinen Zustand entspannter Unbeschwertheit zu übernehmen, sodass ich mich nach einer Weile praktisch in meiner eigenen Aura verlor; hauchzarte Silber- und Lavendelschwaden voller funkelnder Emotionen strichen über meine Haut.
    »Ich glaube, ich habe es begriffen«, sagte ich leise. »Ich habe mich viel zu sehr angestrengt, oder?«
    Seb nickte und lehnte sich, auf eine Hand gestützt, zurück. In seinen haselnussbraunen Augen blitzte liebevoller Spott auf. »Ein kleines bisschen vielleicht, querida.«
    »Nenn mich nicht querida«, sagte ich automatisch. »Okay, mal schauen, ob ich es jetzt

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